In seiner neuesten Kolumne analysiert der PDC-Statistiker Christopher Kempf, wie sich der Druck des Gegners auf einen Dartspieler auswirken kann, wenn er Finishs von 100 oder mehr Punkten wirft - so genannte Ton Plus-Finishes.
Diese Finishes, die mindestens ein Triple erfordern und in der Regel nur eine Chance auf ein Doppel lassen, kommen nur in etwa 10 % aller Legs vor. Damit sind sie drei- bis viermal seltener als ein 180er-Score. Das sind Situationen, die kein Spieler freiwillig herbeisehnt, aber einige schaffen es überraschenderweise oft, das Beste aus ihnen zu machen.
Mehr Druck, bessere Leistung?
Auffallend ist, dass der durchschnittliche Wurf bei diesen hohen Finishs leicht ansteigt, wenn der Gegner auf einem Score steht, der fast garantiert zwei oder drei Darts auf ein Doppel bringt. Wenn die Gegner auf einem Finish stehen, steigt die Erfolgsquote von 10,4 % auf 10,6 %.
Dieser Anstieg ist jedoch wahrscheinlich nicht ausschließlich auf den mentalen Druck zurückzuführen. Tatsächlich versuchen Spieler in solchen Situationen eher, niedrigere Ton plus-Finishes wie 100 oder 104 zu erreichen, die etwas leichter sind als beispielsweise 164. Ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen Druck und Leistung lässt sich also nur schwer nachweisen. Auf individueller Ebene lassen sich jedoch deutliche Unterschiede feststellen.
Alter und Erfahrung spielen eine Rolle
Eine auffällige Beobachtung ist die leichte Korrelation zwischen dem Alter eines Spielers und seiner Erfolgsquote bei Ton-plus-Finishes. Ältere Spieler scheinen in diesem Bereich etwas besser zu sein. So gehören beispielsweise Jonny Clayton (18,2 %) und Brendan Dolan (22 % bei Finishes unter Druck) - beide über 50 - zu den besten Finishern der Saison 2025.
Doch es sind nicht nur die Routinen, die hervorstechen. Die beiden jüngsten Jugendweltmeister, Luke Littler und Gian van Veen, gehören ebenfalls zur Spitze. Sie verbessern ihre Leistung gerade dann, wenn der Druck am größten ist - ein einzigartiges Kunststück. Van Veen ist neben Dolan der einzige Spieler, dem es in mindestens 20 % der Fälle gelingt, in einer Situation mit hohem Druck einen Ton-Plus-Abschluss zu erzielen.
Am anderen Ende des Spektrums stehen die Spieler, bei denen sich der Druck sogar negativ auswirkt. Richard Veenstra zum Beispiel ist in diesen Situationen bisher am schwächsten: Seine Gesamterfolgsquote bei Ton-plus-Finishes liegt bei 9 %, aber unter Druck sinkt sie dramatisch auf nur 2 %.
Junge Hunde profitieren, etablierte Namen gehen unter?
Die Zahlen deuten darauf hin, dass jüngere Spieler und Neulinge unter Druck offenbar besser gedeihen als etablierte Namen. Vielleicht spielt die Angst vor dem Verlieren bei erfahrenen Spielern eine größere Rolle, während Neulinge die Herausforderung annehmen.
Ein gutes Beispiel ist der 25-jährige Nordire Nathan Rafferty. Seine Erfolgsquote bei Ton-plus-Finishes verdoppelt sich, wenn sein Gegner ein echtes Doppelscore hat. Seinem Gegenüber Stephen Bunting, der genau zwischen jung und alt liegt, scheint der Druck nichts auszumachen: Sein Prozentsatz bleibt mit 13,6 % fast gleich, unabhängig vom Spielstand.
Die Premier League im Jahr 2025: Kontraste auf höchstem Niveau
Die Zahlen der 2025 Premier League sind ebenfalls aufschlussreich. Unter Druck gelingt es Michael van Gerwen nur selten, Ton-plus-Finishes zu erzielen. Nur 4 von 59 Versuchen waren erfolgreich, eine mäßige Ausbeute, die zu einer bescheidenen Gewinnquote von 51 % in seinen Spielen beigetragen hat.
Luke Littler hingegen ist in diesem Bereich geradezu beeindruckend. Kürzlich warf er 106 gegen Luke Humphries - während dieser bei 40 lag - und hat seitdem 12 Ton-plus-Finishes unter Druck erzielt. Seine Gewinnquote liegt bei fast 80 Prozent.
Obwohl Rob Cross mit seinem 170er-Finish gegen Gerwyn Price viel Aufmerksamkeit erregte, ist es Price, der in diesem Bereich statistisch gesehen besser abschneidet. Er führt die Premier League mit einer Ton-Plus-Wurfquote von 16,0 % an, knapp vor Cross (15,3 %).
Der ganzheitlichste Darter gewinnt
Bemerkenswerterweise gehören viele der besten Werfer auch zu den erfolgreichsten 180-Werfern. Spieler wie Price, Littler und Van Veen kombinieren ihre Torjägerqualitäten mit präzisen Abschlüssen - eine tödliche Kombination auf höchstem Niveau.
Zusammen sind diese drei Spieler bereits für 127 Platzierungen zwischen 99 und 170 Punkten im Jahr 2025 verantwortlich.
Die Botschaft ist klar: Wer heute um Titel mitspielen will, muss sowohl punkten als auch auf höchstem Niveau werfen können. Spieler, die dies nicht können, laufen Gefahr, ein für alle Mal der Vergangenheit anzugehören.
In his latest column, PDC Stats Analyst @ochepedia analyses how pressure from opponents can impact a player's ability to convert ton-plus checkouts.
— PDC Darts (@OfficialPDC) April 7, 2025
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