Arno Merk hat bei der größten
Darts WM aller Zeiten seine Visitenkarte abgegeben – und wie. Der 33-jährige Deutsche setzte sich in seinem WM-Debüt im Alexandra Palace mit 3:1 gegen den erfahrenen Belgier
Kim Huybrechts durch und ließ zu keinem Zeitpunkt Zweifel an seiner aktuellen Form aufkommen. Nach einem wackligen Start fand Merk schnell seinen Rhythmus, gewann die entscheidenden Momente auf die Doppel und feierte anschließend einen Sieg, der sportlich und symbolisch gleichermaßen Gewicht hat.
Denn dieser Auftritt steht für mehr als nur einen erfolgreichen Einzug in die zweite Runde.
Merk bestätigt, dass seine harte Arbeit der vergangenen Monate greift und ihn in die Spur in Richtung Vollprofi bringt. Gleichzeitig sendet sein Auftritt ein Signal in eine deutsche Darts-Szene, die so breit aufgestellt ist wie nie zuvor.
Ein Auftakt mit Störgeräuschen
Schon beim Walk-on erlebte Merk einen Start mit Nebengeräuschen. Einzelne Pfiffe aus dem Publikum begleiteten seine ersten Schritte auf die WM-Bühne und die ersten Darts, doch der Deutsche ließ sich davon nicht aus der Bahn werfen. Er fokussierte sich sofort auf sein Spiel und blendete die Unruhe im Saal aus. Im ersten Leg brauchte er trotzdem einen Moment, um in die Partie zu finden, verpasste seinen Rhythmus zunächst knapp und musste sich an Bühne, Licht und Atmosphäre gewöhnen.
Nach dieser kurzen Abtastphase steigerte sich Merk jedoch deutlich. Die Scores wurden stabiler, die Triple-Treffer häuften sich, und er kontrollierte den ersten Satz mit einem insgesamt soliden Scoring und sicheren Checks auf die Doppel. Huybrechts fand dagegen nur phasenweise in sein Spiel, sodass der Grundstein für Merks späteren 3:1-Erfolg früh gelegt war.
Arno Merk besiegte Kim Huybrechts in der Auftaktrunde der Darts WM 2026
Im dritten Satz sah es kurz so aus, als könnte die Partie noch einmal kippen. Merks Körpersprache wurde etwas flacher, wichtige Doppelfelder blieben liegen, und die Konzentration schien für ein paar Minuten zu schwimmen. Der Deutsche gab zu, dass in dieser Phase bereits der Gedanke an ein mögliches 3:0-Ergebnis mitschwang – mit der Folge, dass er einzelne Momente nicht konsequent zu Ende spielte und so einen Satz abgab.
Genau dort zeigte sich jedoch seine gewachsene mentale Stärke. Merk zog sich selbst aus dem Loch, erinnerte sich daran, dass er den vierten Satz mit eigenem Anwurf kontrollieren konnte, und erhöhte wieder den Druck auf den Belgier. Am Ende brachte er das Match mit klaren Darts auf die Doppel souverän über die Ziellinie und feierte einen Auftakt, der ihm sichtbar viel bedeutet.
Twitch als mentaler Härtetest
Die Entwicklung der vergangenen Monate kommt nicht zufällig. Merk hat sein Training grundlegend verändert und nutzt Twitch inzwischen als festen Bestandteil seiner Vorbereitung. Nahezu täglich streamt er seine Einheiten, beantwortet Fragen aus dem Chat und erklärt Situationen am Board – ein Setting, das ihn bewusst aus der Komfortzone holt. Er trainiert damit nicht nur Technik und Scoring, sondern auch die Fähigkeit, inmitten von Ablenkungen fokussiert zu bleiben.
Der Effekt zeigt sich nun auf der größten Bühne der Welt. In Drucksituationen reagiert Merk ruhiger, bleibt bei seinem Rhythmus und kann Fehler schneller abhaken. Parallel dazu hat er auch zu Hause das Pensum erhöht, setzt auf viele Stunden am Board und konsequente Wiederholungen. In Kombination mit den Streams ist so eine Trainingsroutine entstanden, die ihm im Ally Pally ganz offensichtlich Stabilität gibt.
Preisgeld als Karriere-Booster
Mit dem Sieg gegen Huybrechts hat sich Merk bereits ein Preisgeld von 25.000 Pfund gesichert, umgerechnet rund 29.000 Euro. Für einen Spieler, der sich Schritt für Schritt in Richtung Vollprofi arbeitet, ist das ein spürbarer finanzieller Schub – allerdings keiner, den er für kurzfristigen Luxus nutzen will. Merk betont, dass das Geld als Reserve und als Investition in seine sportliche Zukunft dient, nicht als Anlass für große Anschaffungen.
Der Deutsche sieht die jüngste Erhöhung des WM-Preisgeldes als Meilenstein für den gesamten Sport. Das Gesamtvolumen des Turniers liegt 2026 bei fünf Millionen Pfund, der Weltmeister erhält eine Million. Gleichzeitig steigt bereits ab der zweiten Runde die Prämie deutlich an, sodass inzwischen auch Spieler außerhalb der absoluten Weltspitze realistische Chancen haben, mit Darts ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Das erweiterte WM-Format mit zusätzlichen Spielern und Spieltagen passt aus seiner Sicht genau in dieses Bild. Mehr Startplätze bedeuten mehr Chancen für internationale Talente, mehr Geschichten und mehr Reichweite in neuen Märkten. Merk begrüßt diese Entwicklung ausdrücklich, weil sie Spielern aus aufstrebenden Darts-Nationen zusätzliche Plattformen verschafft und die sportliche Tiefe des Turniers erhöht.
Erste 180 und eigener Social-Media-Moment
Ein besonderes Highlight seines WM-Abends war ein symbolträchtiger Moment im zweiten Leg: Merk warf die erste 180 des gesamten Turniers. Der Maximum-Score passte in eine Phase, in der er immer mehr Kontrolle über das Match gewann, und setzte auch emotional ein Ausrufezeichen.
In den sozialen Netzwerken nahm sein Name anschließend Fahrt auf. Auf Plattformen wie X tauchte Merk rasch in den Trends auf, Clips seines Auftritts verbreiteten sich, und die Reaktionen aus der Szene und von Fans häuften sich. Der 33-Jährige kündigte an, diese Welle zunächst kurz sacken zu lassen, ehe er genauer darauf blickt, was der Abend für seine öffentliche Wahrnehmung bedeutet.
Rückhalt aus dem Umfeld
Auch abseits des Boards war Merks WM-Debüt von starken Bildern geprägt. Im Ally Pally begleitete ihn eine große Gruppe an Unterstützern, darunter ein langjähriger Freund, der eine besondere Rolle in seiner Darts-Geschichte spielt. Der Weggefährte motivierte Merk einst, überhaupt wieder mit dem Pfeilesport anzufangen – und machte selbst Karriere, bis in die Bundesliga. In London standen die beiden nun gemeinsam an einem neuen Wendepunkt, was Merk sichtbar berührte.
Der Deutsche blickt außerdem auf frühere Erfahrungen zurück, die ihn widerstandsfähiger gemacht haben. Bereits vor rund 15 Jahren stand er bei der damaligen Lakeside-WM auf der Bühne, erlebte nach einer Niederlage jedoch heftige Reaktionen und Anfeindungen. Diese Erlebnisse hätten Spuren hinterlassen, sagt er, heute gehe er mit Kritik deutlich gelassener um und konzentriere sich stärker auf das, was er selbst beeinflussen kann.
Italien, Fußball und ein besonderer Walk-on
Ein weiterer Baustein seiner Geschichte liegt abseits der Darts-Hochburgen: Merk lebte mehrere Jahre in Italien und arbeitete dort als Anwendungstechniker. Es war eine Zeit, in der der Sport in den Hintergrund rückte, Reisen und Sprache dafür umso mehr in den Vordergrund rückten. Darts spielte er in dieser Phase nur sporadisch, sammelte dafür umso mehr Erfahrungen, die ihn menschlich geprägt haben.
Sein Walk-on im Ally Pally ist eine direkte Hommage an diese Jahre. Merk wählte ein italienisches Fußball-Lied, das auch in Deutschland populär wurde und sofort für Stimmung sorgt. Der leidenschaftliche Fußballfan besuchte regelmäßig Spiele in Stadien wie dem San Siro oder in Turin und verbindet diese Atmosphäre bis heute mit seinem Auftreten auf der Darts-Bühne.
Vereinsmäßig ist Merk seit seiner Kindheit eng mit dem deutschen Fußball verknüpft. Er wuchs als Fan des FC Bayern München auf, entschied sich als Jugendlicher mit Wohnsitz in Peine dann zusätzlich für Hannover 96 – beeinflusst von seinem Umfeld und der regionalen Nähe. Diese Fußballprägung spiegelt sich auch in seinem Auftritt: Emotional, aber zielgerichtet.
Deutscher Block und nächste Schritte
Noch nie traten so viele Deutsche bei einer Darts-WM an wie in diesem Jahr, der deutsche Block im Teilnehmerfeld ist so groß wie nie. Einen gemeinsamen Gruppenchat gebe es zwar nicht, sagt Merk mit einem Augenzwinkern, doch der Austausch untereinander funktioniere dennoch: Man gratuliert sich, schickt motivierende Nachrichten und verfolgt aufmerksam die Spiele der anderen. Für Merk ist es „schön zu sehen“, wie Deutschland in der Dartswelt weiter an Profil gewinnt.
Sportlich richtet der 33-Jährige den Blick bereits auf die nächste Aufgabe. In den Tagen nach dem Auftakt will er noch kurz London genießen, dann geht es zurück nach Hause, wo Familie und Freunde auf ihn warten.