Direkt aus dem Ally Pally: Der Tag, an dem bei der Darts WM drei Kulthelden geboren wurden

PDC
Freitag, 19 Dezember 2025 um 13:00
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Am frühen Nachmittag im Alexandra Palace war schnell klar, dass dieser Donnerstag nicht nach dem üblichen Muster der Darts WM verlaufen würde. Etwas lag in der Luft – ein Ton, eine Spannung, eine Energie, die selbst erfahrene Besucher sofort spürten. Das Publikum sprang schneller an als sonst, reagierte lauter, offener, leidenschaftlicher. Der Ally Pally hatte Lust, Geschichte zu schreiben.
Im Verlauf des Tages wurde daraus kein einzelner Moment, sondern eine Welle. Die Atmosphäre steigerte sich von Spiel zu Spiel, als würde jedes Match das nächste befeuern. Niemand musste die Crowd animieren – sie war bereit, sich hineinzuwerfen, bereit, zu glauben und kurze Augenblicke in bleibende Erinnerungen zu verwandeln.

Neue Gesichter, neue Geschichten

Drei Spieler, drei Debütanten, drei außergewöhnliche Interaktionen zum Publikum – und alle außerhalb der gewohnten Darts-Hochburgen. Als der letzte von ihnen sein Match beendete, hatte sich Überraschung längst in Unglauben verwandelt.
Motomu Sakai, David Munyua und Mitsuhiko Tatsunami kamen ohne großen Namen in den Norden Londons. Niemand zählte sie zu den gefährlichen Erstrundengegnern für die Stars der PDC. Doch über den Tag verteilt entwickelten sie eine Dynamik, die zeigte, welches Potenzial in der erweiterten WM steckt. Nicht durch Mitleid oder Folklore, sondern durch spielerische Qualität, Mut und pure Authentizität.

Motomu Sakai entfacht die Bühne

Wenn dieser Tag einen Funken brauchte, zündete ihn Motomu Sakai. Schon beim Walk-on machte der Japaner deutlich, dass hier etwas Besonderes bevorstand: tanzend, ausgelassen, hemmungslos – ein Auftritt, der sofort ansteckte. Die Fans im Alexandra Palace spürten, dass sie jemanden gefunden hatten, den sie lautstark unterstützen wollten.
Sogar am Oche blieb Sakai in Bewegung, brachte die Halle förmlich zum Beben. Doch trotz der Energie blieb seine Leistung kontrolliert und präzise. Gegen den Franzosen Thibault Tricole dominierte er das Match, nutzte seine Chancen zu den entscheidenden Zeitpunkten und sicherte sich den Sieg glatt in drei Sätzen. Was auffiel, war die Beständigkeit der Unterstützung. Auch als ein Doppel knapp vorbeiging, blieb die Stimmung hoch. Sakai spielte sich mit seinem Entusiasmus und seinem Dauerlächeln direkt in die Herzen der Fans – und sie trugen ihn über jede Aufnahme hinweg.

David Munyua und das WM-Märchen

Was Sakai entzündete, verwandelte David Munyua später in ein Feuer. Auf dem Papier war das Duell mit Mike De Decker eine einseitige Angelegenheit: ein erfahrener Belgier mit Majorsieg gegen einen WM-Neuling aus Kenia. Doch Sport lebt von der Weigerung, Drehbücher zu befolgen.
Je länger das Match ging, desto stärker begann sich das Bild zu drehen. De Decker verlor Rhythmus und Sicherheit, während Munyua aufblühte. Jeder Treffer stärkte sein Selbstvertrauen – und mit ihm die Stimmung im Saal. Der Kenianer spielte frei, ohne Furcht, und das Publikum folgte sofort. Aus Neugier wurde Begeisterung, aus Unterstützung Leidenschaft.
Die Aufholjagd entwickelte sich wie eine Welle. Immer wieder hallte ein kollektives Aufstöhnen durch die Arena, wenn De Decker eine Gelegenheit vergab, gefolgt von ohrenbetäubendem Jubel bei jedem Finish Munyuas. Als er den fünften Satz erzwang, war die Stimmung elektrisiert.
Als dann der Matchdart saß, brach der Damm. Der Jubel war nicht nur laut, sondern emotional – eine Entladung purer Freude. Munyua, der erste Kenianer mit einem Sieg auf dieser Bühne, hatte ein Stück Dartsgeschichte geschrieben. Sein 3:2 nach 0:2-Rückstand wurde zum Symbol eines Tages, an dem Außenseiter zu Helden wurden.

Mitsuhiko Tatsunami krönt den Tag

Und dann kam der Abend – der dritte Akt eines Tages, der längst unvergesslich war. Mitsuhiko Tatsunami betrat die Bühne mit einer Energie, die sofort übergriff: mehr Tanz, mehr Theater, mehr ungebremste Freude. Die Crowd war längst in Hochform und ließ sich keine Sekunde bitten, mitzuziehen.
Tatsunami war kein Statist. Gegen Michael van Gerwen, eine Ikone des Sports, spielte der Japaner ohne Scheu. Er scorte druckvoll, traf seine Doppel mit Präzision und blieb emotional präsent. Als er den ersten Satz gewann, bebte der Alexandra Palace. Sein Name hallte durch die Ränge, als hätte sich ein Liebling der letzten Jahre zurückgemeldet.
Dass van Gerwen später gewann, tat dem Eindruck keinen Abbruch. Tatsunami verließ die Bühne als Held, obwohl das Ergebnis dagegen sprach. Er hatte den Abend in einen Hexenkessel verwandelt.
Besonders bemerkenswert: Sein Auftritt zeigte, dass Sakai und Munyua keine Ausreißer waren, sondern Vorboten eines neuen Verständnisses dieses Turniers. Drei Debütanten aus drei Ecken der Welt, die zeigten, dass Leidenschaft, Mut und Persönlichkeit im Ally Pally nie geografische Grenzen kannten.

Ein Tag, der die Debatte verschiebt

Als die Darts WM auf 128 Spieler erweitert wurde, begleiteten Skepsis und Kritik den Schritt. Zu viele Unbekannte, hieß es, zu viele Matches von zweifelhaftem Niveau. Doch dieser Donnerstag im Alexandra Palace zerstörte diese Zweifel eindrucksvoll.
Sakai, Munyua und Tatsunami kamen ohne medialen Hype, ohne Erwartungsdruck. Und doch lieferten sie – jeder auf eigene Weise – einen Tag ab, der das Publikum restlos in seinen Bann zog. Drei Matches, drei Geschichten, drei klare Beweise, dass Expansion nicht Qualität kostet, sondern Vielfalt bringt.
Diese drei Auftritte erinnerten daran, was Darts im Kern ausmacht: Wettkampf, Charakter, Verbindung. Es geht nicht nur um Averages, Checkout-Quoten oder Ranglistenplätze. Es geht um Momente, die Spieler und Zuschauer gemeinsam erschaffen.
So endete ein Donnerstag, der zeigte, wie weit der Dartsport gekommen ist – und wie weit er noch gehen kann. Kein Hype, keine Marketingfloskel, sondern echte Emotion. Und für alle, die an diesem Tag im Ally Pally waren, bleibt vor allem ein Gedanke: Das war einer der magischsten und unterhaltungsreichsten Tage, die diese Bühne je gesehen hat..
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