Der
German Darts Grand Prix 2025 in München hat am vergangenen Wochenende ein neues Kapitel in der Geschichte der
European Tour geschrieben. Über 20.000 Fans strömten in das ausverkaufte Zenith – ein Rekordbesuch, der einmal mehr zeigt, wie groß die Begeisterung für Darts in Deutschland ist.
Auch sportlich weht ein frischer Wind durch den deutschen Dartsport: Mit inzwischen zwölf Tour Card-Inhabern ist Deutschland auf der PDC-Tour so stark vertreten wie nie zuvor. Martin Schindlers Triumph beim achten Players Championship-Turnier der Saison markierte außerdem den ersten deutschen Floor-Titel nach fast sieben Jahren.
Grund genug für Dartsnews.de, beim Grand Prix vor Ort nachzufragen: Wie sehen die Fans die Entwicklung des deutschen Darts? Was hat sich verändert – und wohin soll es in Zukunft gehen? Wir haben mit zahlreichen Zuschauern gesprochen, Meinungen eingeholt und ein aktuelles Stimmungsbild eingefangen.
„Ich glaube nicht, dass wir schon so weit sind“
Michael, 38 Jahre aus Nürnberg: Wir haben vor zwei Jahren eine Dartsparte in unserem Fußballverein gegründet, und seitdem ist da eine richtig coole Truppe zusammengekommen. Man merkt bei uns im Verband total, wie sehr die Beliebtheit von Darts gerade wächst – das ist echt krass. Für nächstes Jahr sind wieder etliche neue Gruppen angekündigt, also da tut sich einiges. Dieser Hype schlägt definitiv auch auf den Amateursport durch. Was uns aktuell noch ein bisschen fehlt, ist so ein richtig großer Erfolg – dass einer wie
Martin Schindler mal einen ganz dicken Titel holt. Ich glaube, das würde dem Ganzen nochmal einen richtigen Schub geben.
Schindler ist für mich auch der größte Hoffnungsträger. Seitdem er damals seine Tour Card verloren hat, hat man richtig gesehen, wie viel Arbeit er reingesteckt hat. Der hat sich da echt nochmal reingebissen, man merkt, wie viel der trainiert und wie ernst er das nimmt. Ich traue ihm definitiv zu, dass er noch einen Schritt weitergeht und Darts-Deutschland weiter nach vorne bringt.
Der nächste große Schritt wäre für mich entweder ein deutscher Weltmeister – oder vielleicht ein Titel beim
World Cup of Darts. Wenn Deutschland da mal den Pokal holt, könnte das einiges lostreten. Bei so Turnieren wie dem
World Matchplay, da weiß ich gar nicht, ob das den gleichen Effekt hätte. Aber wenn ich ehrlich bin: Ich glaube nicht, dass wir schon so weit sind. Also ich würde mich mega freuen, aber ich glaube nicht, dass wir in den nächsten zwei, drei Jahren schon einen deutschen Major-Sieger oder Weltmeister feiern werden.
Was bewegt die Dartsfans in Deutschland? Beim German Darts Grand Prix in München haben wir nachgehakt
Emil Bauer, 25 Jahre aus Oberösterreich: Auch wenn wir als Österreicher natürlich ein bisschen von außen auf den deutschen Dartsport schauen, kriegen wir trotzdem ziemlich gut mit, was da passiert. Und ich finde, da tut sich schon einiges. Es kommen viele neue Spieler nach, gerade in der Breite wird Deutschland definitiv besser – das sieht man auf der European Tour, aber auch auf der Challenge Tour. Gleichzeitig werden aber auch die Ergebnisse in der Spitze stärker, also das geht schon beides Hand in Hand.
Besonders viel Potenzial sehe ich nach wie vor bei
Ricardo Pietreczko. Was uns betrifft – in Österreich habe ich eher das Gefühl, dass aktuell zu wenig nachkommt. Die Rodriguez-Brüder sind natürlich nach wie vor unsere großen Hoffnungsträger. Bei
Mensur Suljovic fehlt mir ehrlich gesagt die Fantasie, dass er nochmal wirklich zur Weltspitze aufschließen kann.
Wenn es einem Deutschen mal gelingt, bei einem Major ins Halbfinale zu kommen, dann könnte das schon einen richtigen Effekt haben. Vielleicht etabliert sich dann auch nochmal jemand als Identifikationsfigur – das wäre gerade für die jungen Talente extrem wichtig. Generell glaube ich, dass sich der Sport weltweit im Moment rasant entwickelt. Es kommen so viele neue Spieler dazu wie noch nie, und ich bin mir sicher: Gerade deshalb kann auch in Deutschland und Österreich noch richtig viel passieren.
Nikolas Rückel, 24 Jahre aus Oberösterreich: Man sieht schon, dass es in Deutschland richtig viele Turniere gibt, und ich glaube, das tut dem deutschen Dartsport extrem gut. In Österreich passiert da leider deutlich weniger. Mit nur einem wirklich großen Turnier ist es einfach schwierig, da fehlt die Breite. Die Host Nation Qualifier auf der European Tour sind da aber eine super Chance, um mal in die Profi-Szene reinzuschnuppern. Und klar – die WM ist natürlich ein riesengroßer Punkt, da schaut einfach jeder hin.
Emil und Nikolas gaben ihre Expertise zur Entwicklung des Dartsports in Deutschland und Österreich ab
Markus, 38 Jahre aus Regensburg: Vor zehn Jahren, als der deutsche Dartsport langsam angefangen hat, größer zu werden, hätte ich nie gedacht, dass wir heute noch nicht weiter sind. Damals hatte ich das Gefühl, dass die nächsten Jahre echt vielversprechend werden – dass irgendwann mal ein deutscher Spieler regelmäßig in den Top 10 mitspielt oder vielleicht sogar einen Major-Titel holt. Aber wenn ich heute drauf schaue, dann muss ich leider sagen, dass wir in den wirklich großen Momenten oft einfach nicht abliefern. Es sind immer wieder diese Situationen, in denen man das Gefühl hat, dass der letzte Schritt nicht gemacht wird. Klar, wir haben jetzt 12 deutsche Tour Card Holder, was eine Rekordzahl ist und an sich ein tolles Zeichen für die Entwicklung. Aber wenn man dann schaut, wie unregelmäßig richtig gute Ergebnisse kommen, dann muss man sich schon fragen, warum es trotzdem nicht für mehr reicht. Die deutschen Spieler haben eigentlich das Potenzial, auf der großen Bühne mitzuhalten, aber es fehlt irgendwie an Konstanz, gerade wenn’s drauf ankommt.
Wenn ich mir die Jungs so ansehe, dann sehe ich, dass sie alle ihre Stärken haben – Schindler, Pietreczko, auch die anderen, die neu auf der Tour sind – aber irgendwie scheinen sie in den entscheidenden Momenten noch nicht wirklich da zu sein. Und das ist etwas, was mich wirklich stört. Es geht nicht darum, dass sie auf der Tour gar nichts reißen, aber wenn man sich die großen Turniere wie die WM oder das World Matchplay anschaut, dann merkt man einfach, dass sie immer wieder zu früh ausscheiden. Das ist eine Sache, die mich frustriert, weil man das Gefühl hat, dass das Potential da ist, aber die deutschen Spieler schaffen es nicht, dieses Potential konstant abzurufen.
Ich finde, es ist höchste Zeit, dass da mal einer wirklich durchbricht und zeigt, was er drauf hat. Sonst wird der deutsche Dartsport auf der internationalen Bühne immer noch als Außenseiter wahrgenommen, auch wenn wir mehr Spieler als je zuvor haben. In den letzten Jahren hat sich vieles positiv entwickelt, keine Frage. Aber es wird einfach zu wenig daraus gemacht. Die Tour Card Holder haben das Potenzial, mehr zu erreichen, aber es fehlt an Konstanz und das nötige Quäntchen Glück, um in den entscheidenden Momenten zu liefern. Ich habe immer noch die Hoffnung, dass irgendwann mal einer durchbricht, aber ehrlich gesagt, bin ich mir nicht sicher, ob wir in den nächsten Jahren wirklich einen deutschen Major-Sieger oder Weltmeister erleben werden.
Erich, 60 Jahre aus dem Ostallgäu: Ich würde sagen, im Moment sieht es noch ein bisschen schlecht aus, weil einfach die Topspieler fehlen. Du brauchst einfach diese ganz starken Spieler, die konstant abliefern. Hier und da spielen die Deutschen gut, aber dann brechen sie leider auch mal wieder ein. Aber! Wir sind definitiv im Aufwind. Es geht nach vorne, und auch wenn es im Nachwuchs noch ein bisschen hapert, wenn wir da den nächsten Schritt machen, dann sind wir definitiv dabei! Dann fahren wir auch in den Ally Pally! (lacht) Der nächste Schritt ist natürlich nicht einfach. Ein Major-Finale zu erreichen oder sogar zu gewinnen, dazu gehört schon auch eine ordentliche Portion Glück. Man braucht das richtige Losglück, einen guten Tag und die passende Tagesform.
Richard, 54 Jahre aus dem Ostallgäu: Unter dem Strich haben wir halt wirklich nur einen richtig guten Spieler, und das ist Martin Schindler. Klar, auch Pietreczko macht es gut, aber irgendwie ist es bei ihm dann doch zu inkonstant. Was wir brauchen, ist so ein Nachwuchsspieler wie
Luke Littler...
Auch die Königlichen aus dem Allgäu nahmen an unserer Umfrage teil
Auf dem richtigen Weg, aber noch nicht am Ziel
Korbinian, 27 Jahre aus Augsburg: Also, ich finde, der deutsche Dartsport hat sich in den letzten Jahren echt gut entwickelt – aber es gibt noch eine Menge Potenzial, das noch nicht ausgeschöpft ist. Was mir vor allem auffällt, ist, dass sich der Sport hierzulande nicht nur im Profibereich, sondern auch bei den Amateuren enorm steigert. In meiner Gegend gibt’s mittlerweile mehrere Dartsvereine. Es wird immer populärer, und die Leute sind echt begeistert. Früher hieß es bei uns immer: 'Darts ist doch nur was für die Kneipe', aber inzwischen haben die Leute kapiert, dass da viel mehr dahinter steckt.
Das Niveau bei uns im Verein ist mittlerweile richtig gut, und auch die Jugendlichen fangen immer mehr an, sich dafür zu interessieren. Ich glaube, das ist der Weg: Wenn die Basis größer wird, dann werden auch die Topspieler kommen. Aber auch da muss man realistisch bleiben – so ein Darts-Weltmeister aus Deutschland, das wird noch eine Weile dauern. Wir sind zwar auf dem richtigen Weg, aber der ganz große Durchbruch, den müssen wir uns noch erarbeiten.
Ich finde, es fehlt noch an der richtigen Mischung aus Erfahrung und frischem Wind. Nehmen wir Schindler als Beispiel – der hat so viel Potenzial, aber er muss da noch ein bisschen konstanter werden. Und auch die anderen, die jetzt langsam hochkommen, brauchen einfach mehr Chancen, um sich auf der großen Bühne zu beweisen. Ich glaube, wenn mehr deutsche Spieler auf der Tour erfolgreich sind und wirklich regelmäßig gute Ergebnisse zeigen, dann wird der Hype hierzulande noch viel größer. Man merkt jetzt schon, wie die Fans immer mehr mitfiebern. Aber es darf halt nicht nur bei Schindler bleiben.
Die deutschen Dart-Fans sind schon längst in der Weltspitze angekommen
Christian, 51 Jahre aus Oberbayern: Ich finde, man sieht hier vor Ort ganz deutlich, dass sich der Sport in Deutschland richtig gut entwickelt – und das in einem ziemlich schnellen Tempo. Auch medial ist da einiges passiert: Wenn ich zurückdenke, wie wenig Präsenz der Sport vor fünf Jahren noch hatte – das hat sich echt stark verändert.
Für mich ist es das erste Mal bei so einem Event. Ich hab’s vorher immer mal im Fernsehen verfolgt, aber jetzt war einfach der Moment, wo ich das Ganze mal live erleben wollte. Und ich muss sagen: Ich bin echt positiv überrascht – vor allem von den Leuten hier. Klar, das Ganze hat schon ein bisschen was von Fasching, aber es reißt die Leute total mit. Das merkt man einfach – zum Beispiel eben bei dem Match von Martin Schindler, da war die Stimmung in der Halle echt beeindruckend.
Christian teilte die Eindrücke seines ersten European-Tour-Besuchs mit unserer Redaktion
Fazit
Der deutsche Dartsport hat in den vergangenen Jahren spürbar an Dynamik gewonnen. Zwölf Tour Card-Holder, wachsende Turnierformate im Amateurbereich und ein deutliches Plus an medialer Aufmerksamkeit zeugen von einer Szene im Aufbruch. Und doch bleibt der große Durchbruch – der eine Moment, der alles verändert – bislang aus. Wo Leistungsträger und mehrfache Titelgewinner wie Martin Schindler und außergewöhnliche Talente wie
Niko Springer Hoffnungen wecken, fehlt es den Fans in der Breite oft an Konstanz und Nervenstärke, wenn es darauf ankommt.
Während Optimisten das wachsende Fundament im Nachwuchsbereich als vielversprechenden Anfang sehen, beklagen andere die ausbleibenden Erfolge auf internationaler Bühne – jene magischen Abende, die dem deutschen Dartsport seinen Platz unter den Großen sichern würden. Die Meinungen driften auseinander, doch im Kern eint alle die gleiche Frage: Wann kommt der nächste Schritt?
Dennoch steht Deutschland am Dart-Oche der großen Nationen – bereit, aber nicht final angekommen. Ob ein Spieler aus dem eigenen Land in naher Zukunft einen Major-Titel holt und sich unter die Weltelite spielt, ist ungewiss. Doch der Kurs stimmt. Der Pfeil ist geworfen – jetzt muss der große Volltreffer ins Schwarze folgen.