Adrian Lewis hat einen seltenen Blick hinter die psychologische Fassade des Profidarts gewährt. Der zweifache Weltmeister erzählte offen, wie
Phil Taylor – der vielleicht größte Spieler, den der Sport je gesehen hat – gezielt mentale Tricks einsetzte, um Gegner aus dem Konzept zu bringen. Laut Lewis reichte Taylors Einfluss auf der Bühne weit über seine spielerische Qualität hinaus.
In einem Interview sprach „Jackpot“ über die intensiven Jahre auf der Tour und seine direkten Duelle mit „The Power“. Trotz Taylors Ruf als fokussierter Perfektionist und gnadenloser Siegerwilliger habe er keine Gelegenheit ausgelassen, um im Kopf seines Gegners mitzuspielen.
Mentale Kriegsführung auf der größten Bühne
„Er stand einfach am Oche und furzte, trieb allerlei Dinge“, berichtete Lewis offen. „Oh Gott, er war darin furchtbar. Und das war nicht alles. Manchmal war plötzlich dein Dartcase verschwunden. Dann denkst du: Moment mal, wie kann das sein?“
Adrian Lewis ist zweifacher Weltmeister (2011 und 2012)
Für Lewis waren das keine Einzelfälle, sondern Muster – Teil eines psychologischen Spiels, das Taylor meisterhaft beherrschte. Diese Szenen spielten sich oft live vor Tausenden Fans in der Halle und Millionen Zuschauern im TV ab. Doch Taylor blieb eiskalt. Von Unsicherheit keine Spur, stattdessen totale Kontrolle – über das Spiel, die Bühne und meist auch den Gegner.
Lewis, der wie Taylor aus Stoke-on-Trent stammt, gibt zu, dass ihn solche Provokationen oft trafen. „Ich schnappe manchmal zu, wenn ich es eigentlich nicht sollte“, sagte er selbstkritisch. „Ich glaube nicht, dass ich immer die Denkweise hatte, die ich gebraucht hätte.“ Trotzdem habe er gelernt, mit solchen Momenten umzugehen. „Manchmal lache ich es einfach weg.“
Was Lewis damals von vielen anderen Profis unterschied, war seine Direktheit. Während andere kleine Provokationen hinnahmen oder erst nach einem Spiel kommentierten, sprach Lewis Dinge sofort an. Egal ob auf der Bühne, vor laufenden Kameras oder vor Tausenden Fans – Zurückhaltung war nie seine Art.
„Warum hast du das nicht nach dem Spiel gesagt?“
„Ein paar Jungs auf der Tour sagten manchmal zu mir: ‚Warum hast du das nicht nach dem Spiel gesagt?‘“, erzählte Lewis. „Aber was soll das bringen? Wenn jemand etwas macht, das nicht in Ordnung ist, sage ich es lieber direkt, während wir dort stehen.“
Dabei ließ sich Lewis auch von der großen Bühne nicht einschüchtern. „Es ist mir egal, ob Millionen Menschen zuschauen. Dann sage ich einfach: ‚Hör zu, das gefällt mir nicht. Hör auf damit.‘ Wir können es genauso gut dort und dann klären, statt hinter der Bühne.“
Die Aussagen von Lewis beleuchten eindrucksvoll, wie sehr mentale Stärke und psychologisches Gespür die Weltspitze im Darts prägen. Wer auf der größten Bühne bestehen will, braucht nicht nur Präzision auf dem Board, sondern auch Nerven aus Stahl. Selbst minimale Störungen – ein Zwischenruf, ein falscher Blick, ein unerwarteter Move – können den Rhythmus zerstören.
Phil Taylor selbst äußerte sich nie ausführlich zu den Vorwürfen. Doch das Bild, das Lewis zeichnet, passt zu einem Spieler, der jedes Detail kontrollieren wollte – und dafür auch unkonventionelle Wege wählte. Die Duelle zwischen Taylor und Lewis waren deshalb weit mehr als sportliche Kräftemessen. Sie waren mentale Schlachten – voller Taktik, Spannung und dem unbedingten Willen, den anderen nicht nur zu besiegen, sondern zu brechen.