Nordirland hat Dart-Geschichte geschrieben. Beim World Cup of Darts in Frankfurt sicherte sich das Duo Josh Rock und Daryl Gurney am Sonntagabend sensationell den Titel – der erste überhaupt für das Land. In einem hochklassigen und intensiven Finale setzten sie sich gegen Favorit Wales durch und krönten ein Turnier voller Überraschungen mit einem historischen Erfolg, den kaum jemand vorhergesagt hatte.
Am Morgen danach sprach Russ Bray, Kult-Schiedsrichter mit der unverwechselbaren Reibeisenstimme, in der Frühstückssendung von talkSPORT über das Spektakel. Gemeinsam mit Moderator Jeff Stelling, Ex-Fußballprofi Dean Saunders und Golflegende Lee Westwood analysierte er das Geschehen in der Frankfurter Eissporthalle – und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
"Das war ohne Zweifel der beste World Cup of Darts, den wir je gesehen haben"
Bray war selbst vor Ort – auch wenn er, wie er selbst sagt, „ganz hinten im Stadion mit anderen Dingen beschäftigt“ war. Doch der Lärm, die Begeisterung der Fans und die Dramaturgie des Turniers beeindruckten ihn nachhaltig: „Das Finale war sensationell. Die Atmosphäre war überwältigend.“
War in Frankfurt hauptsächlich mit Fan-Events beschäftigt: Die Schiedsrichter-Legende Russ Bray
Besonders das überraschende Aus des englischen Top-Duos Luke Littler und Luke Humphries in der ersten Runde gegen Gastgeber Deutschland sorgte für Gesprächsstoff. England war als großer Favorit ins Turnier gestartet – und scheiterte kläglich mit 4-8. Bray fand klare Worte: „Die beiden Lukes waren komplett überfordert. Jeder erwartete von ihnen den Titel – diese Erwartung wurde zur Falle.“
Im Gegensatz dazu lobte Bray die Teamchemie der späteren Sieger aus Nordirland: „Wenn man sich Josh Rock und Daryl Gurney ansieht, sieht man ein echtes Team. Rock kümmerte sich ums Power Scoring, Gurney machte die Legs zu. Bei den Engländern dagegen war keine Harmonie zu spüren. Sie sind Einzelspieler – und das hat man gemerkt.“
Josh Rock und Daryl Gurney bescherten Nordirland den Titel
Bray kritisierte auch die fehlende Anpassung an das andere Tempo im Doppel-Format: „Die Lukes sind Rhythmusspieler – aber in diesem Format musst du warten, dich anpassen. Das haben sie nicht hinbekommen.“
Überrascht zeigte sich Bray nicht nur vom Triumph Nordirlands, sondern auch vom Scheitern anderer Favoriten: „Ich hatte auf Wales oder Schottland getippt. Dass Schottland von den Niederlanden rausgeworfen wurde, war für mich fast genauso überraschend wie der Sieg von Rock und Gurney.“
Im weiteren Gespräch thematisierte Bray den globalen Aufschwung des Dartsports: „Früher war alles überschaubar. Heute hast du auf der Asian Tour Spieler aus Hongkong, Malaysia und den Philippinen unter den letzten 16. Jeder kann gewinnen – es gibt keine garantierten Sieger mehr.“
Wo früher Namen wie Taylor oder Bristow für Dominanz standen, herrscht heute offene Konkurrenz: „Das Feld ist unglaublich tief – das macht unseren Sport so spannend.“
„Der wahre Test für Littler kommt erst noch“
Zum Abschluss warf Bray einen Blick auf die Zukunft von Shootingstar Luke Littler – und warnte vor zu frühen Erwartungen: „Aktuell profitiert er davon, dass er noch keine Preisgelder verteidigen muss. Alles, was er einnimmt, geht direkt ins Ranking. Aber das ändert sich bald.“
Schon in zwei Jahren muss Littler eine halbe Million Preisgeld verteidigen – eine echte Herausforderung, so Bray: „Dann sieht man, wie gut ein Spieler wirklich ist. Michael Smith war mal ganz oben – und ist inzwischen fast aus den Top 20 verschwunden. Darts verzeiht nichts auf diesem Niveau.“