„Es laufen viele Dartspieler ohne Charakter herum“ – Stephen Bunting über seinen Weg in die Weltspitze

PDC
durch Nic Gayer
Sonntag, 14 Dezember 2025 um 16:00
Stephen Bunting (1)
Der Walk-on von Stephen Bunting gehört längst zu den festen Ritualen der Darts-Welt. Sobald die ersten Klänge von Titanium durch die Halle hallen, verwandeln sich Kult-Spielorte wie der Alexandra Palace in einen brodelnden Hexenkessel.
Die Nummer vier der Welt steht dann bereits auf der Bühne, dirigiert das Publikum und lässt sich von einem Moment tragen, der im modernen Darts beinahe religiöse Züge angenommen hat. Bunting genießt diese Aufmerksamkeit sichtbar, macht aber eines unmissverständlich klar: Ihm geht es nicht nur um die Show.

Persönlichkeit als Schlüssel zum Erfolg

„Es laufen viele Dartspieler herum ohne Charakter“, sagt Bunting nüchtern gegenüber The Guardian. „Sie sind langweilig anzuschauen. Und wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum sie nie in der Premier League landen. Man muss nicht nur gut sein, man braucht auch Persönlichkeit. Dieses Gleichgewicht ist wichtig.“
Gehört zu den beliebtesten Spielern des Sports: Stephen Bunting
Gehört zu den beliebtesten Spielern des Sports: Stephen Bunting
Dieses Gleichgewicht hat Bunting in den vergangenen Jahren gefunden. Galt er lange als solider Profi am Rande der erweiterten Spitze, ist er inzwischen zu einer festen Größe in der Weltelite gereift. The Bullet ist Turniersieger, Publikumsliebling und eines der Gesichter des modernen Darts. Auffällig dabei: Beide Entwicklungen sind untrennbar miteinander verbunden.

Vom Pubspieler zum Publikumsmagneten

Bunting wuchs in St Helens auf und wusste schon früh, wohin sein Weg führen sollte. Darts war für ihn keine zufällige Nebensache, sondern ein klarer Traum.
„Ich wollte immer Dartspieler werden“, erzählt er. „In der weiterführenden Schule schwänzten wir manchmal, um in den Pub zu gehen. Eine Runde Snooker, eine Runde Darts und ein paar Pints. Aber ich wollte auch als einer der netten Jungs in Erinnerung bleiben. Jemand, der nicht alles zu ernst nimmt und auch ein bisschen verrückt sein darf.“
Diese Haltung prägt ihn bis heute. Der massenhafte Gesang während seiner Walk-ons entstand nicht aus einem Marketingplan oder einer durchdachten Strategie. Selbst die Wahl von Titanium hatte einen ganz einfachen Ursprung.
„Mein Sohn fand es ein schönes Lied“, erklärt Bunting. „Das war eigentlich der einzige Grund.“
Dass genau dieser Song zur Stadionhymne wurde, überraschte ihn selbst mindestens genauso sehr wie viele andere.
„Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht“, sagt er. „Aber der Song ist einfach gut. Und dieser Text, ‚bulletproof, nothing to lose, fire away‘, der passt zu mir. Wenn das Publikum das zurücksingt, fühlt es sich an, als würde man gemeinsam etwas Besonderes schaffen. Und das gibt dir Kraft, Leistung zu bringen.“

Authentizität als Markenzeichen

In einem Sport, in dem Showeffekte und exzentrische Typen allgegenwärtig sind, betont Bunting, dass seine Ausstrahlung keine Rolle ist.
„Das bin ich zu hundert Prozent“, sagt er. „Ich verstecke mich nicht hinter etwas Falschem. Das habe ich von zu Hause mitbekommen. Mein Vater sagte immer: Egal wie viel Geld du hast, du bleibst derselbe Mensch.“
Dieses Selbstbild entwickelte sich jedoch nicht von selbst. Nach seinem Weltmeistertitel bei der BDO im Jahr 2014 schien der große Durchbruch logisch, doch in den folgenden Jahren verlor Bunting den Faden. Niederlagen hinterließen Spuren, Zweifel häuften sich.
„Wenn du zu verlieren beginnst, kommen die Zweifel“, erkennt er an. „Das hat bei mir ein paar Jahre gedauert. Ich musste mich neu aufbauen.“
Bunting suchte Hilfe und arbeitete mit dem Hypnotherapeuten Chris O’Connor zusammen, um mental stärker zu werden.
„Er brachte mir bei, meinen Kopf vom Darts zu lösen“, berichtet Bunting. „Nicht im Negativen hängen bleiben, sondern auf das schauen, was gut läuft. Das hat mir geholfen, diese Dämonen loszuwerden.“

Kleine Anpassungen, große Folgen

Neben der mentalen Arbeit feilte Bunting auch an seinem Material. Jahrelang warf er mit extrem leichten Pfeilen, die durch Abnutzung immer leichter wurden.
„Wenn ich so weitergemacht hätte, würde ich bald mit Kugelschreibern vom Buchmacher werfen“, scherzt er.
Der Umstieg auf schwerere Darts brachte ihm deutlich mehr Stabilität.
„Sechs Gramm schwerer gaben mir viel mehr Kontrolle“, sagt er. „Das hat sich wirklich ausgezahlt.“
Die Ergebnisse ließen nicht lange auf sich warten. 2024 gewann Bunting mit dem Masters sein erstes großes PDC-Major. Ein Jahr später folgte sein Comeback in der Premier League. Parallel dazu wuchs seine Popularität abseits der Bühne – über soziale Medien, Livestreams und Fan-Sessions.
„Bei Exhibitions sieht man, dass sich viele Spieler abschotten“, sagt Bunting. „Ich mache das anders. Diese Fans bezahlen am Ende unsere Gehälter. Dann muss man auch ansprechbar sein.“

Großer Traum noch nicht erfüllt

Trotz aller Fortschritte bleibt der wichtigste Titel bislang außer Reichweite. Bunting stand noch nie in einem Finale der PDC Darts WM, seine Premier-League-Saison verlief enttäuschend. Auch bei anderen Majors blieb der ganz große Durchbruch aus. Er selbst erkennt jedoch klare positive Signale.
„Ich fühle mich gut“, sagt er. „Kürzlich habe ich Luke Littler noch bei einer Exhibition geschlagen. Average von 100,3, viele 180er, und meine Finishes kommen wieder.“
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