„In letzter Zeit habe ich meine Familie im Stich gelassen““ – Rob Cross zeigt emotionale Seite nach WM-Auftaktsieg

PDC
Samstag, 13 Dezember 2025 um 12:45
Rob Cross (2)
Nach seinem souveränen Auftaktsieg bei der Darts WM 2026 im Londoner Alexandra Palace stand Rob Cross mit einem ehrlichen Lächeln vor den Kameras. Der Weltmeister von 2018 hatte sich auf der größten Bühne des Jahres zurückgemeldet – nicht mit einem brillanten Average, sondern mit einer klaren Botschaft: Dieser Sieg war mehr als nur ein Weiterkommen. Es war der Beginn von etwas Neuem.
„Es war wirklich sehr schön“, sagte Cross nach dem Match. „Ehrlich gesagt hatte ich erwartet, heute besser zu spielen. Ich gehe hier mit einem Average von 91 runter. Das ist nicht überragend, aber es ist eine gewinnende 91.“ Der Engländer sprach offen über die Diskrepanz zwischen Anspruch und Leistung – und über den Moment, der ihn befreite. „Ich habe diese Woche eine Menge großer Finishes getroffen. Diese 170 am Ende – dieses kleine Nicken, das man sieht, ist für mich einfach die Bestätigung. Ich wusste, dass ich ihn treffen würde.“

„Ally Pally“ – Bühne der Erinnerungen

Der Alexandra Palace, unter Fans liebevoll „Ally Pally“ genannt, bleibt für Rob Cross ein ganz besonderer Ort. Hier feierte er 2018 seinen ersten und bislang einzigen WM-Titel, als er Phil Taylor im Finale besiegte. Der Triumph veränderte sein Leben – und seine Sicht auf den Sport. „Dieses Turnier hat mein Leben verändert“, sagte er. „Ich bin Darts unendlich dankbar. Aber ich weiß auch, dass zuletzt nicht alles gepasst hat.“
Rob Cross in Aktion bei der WM Darts 2026
Rob Cross jagt einem zweiten WM-Titel hinterher.
Die Rückkehr nach London holt für Cross viele Erinnerungen zurück – gute wie schwierige. „Ich habe hier so viel erlebt. Tolle Momente, harte Rückschläge. Selbst als ich 0:4 hinten lag und noch 5:4 gewann – das vergesse ich nie. Ich verbinde mit diesem Ort viele Glücksgefühle. Und ich will mehr davon schaffen. Das ist mein Anspruch.“

Neue Energie nach einem durchwachsenen Jahr

2025 war für Rob Cross kein Jahr der Leichtigkeit. Seine Leistungen schwankten, und in der Rangliste fiel er zurück. Experten bezeichneten ihn im Vorfeld der WM als „gesetzten Favoriten in Gefahr“. Doch Cross blieb ruhig. „Nein, das motiviert mich nicht extra“, sagte er. „Mein Kopf muss an der richtigen Stelle sein – und das war er lange Zeit nicht.“
Selbstkritik ist beim Engländer selten so deutlich zu hören. „Wenn ich etwas falsch mache oder nicht hart genug arbeite, ist das mein Fehler. Darüber muss man ehrlich sein.“ Nach den Players Championships nutzte Cross drei Wochen Vorbereitung, spielte einige Showevents und fand dort etwas Vertrauen zurück. „Ich bin Modus sehr dankbar für diese Gelegenheiten. Aber letztlich zählen Turniere wie die WM.“
Er habe inzwischen gelernt, seine Mentalität zu hinterfragen. „Hätte ich diese Einstellung schon vor sechs oder sieben Monaten gehabt, wäre das Jahr wohl ganz anders verlaufen. Aber so ist das Leben: Es kümmert sich niemand, also musst du dich selbst kümmern.“

Familie als Kompass

Besonders emotional wurde Cross, als er über seine Familie sprach. „Ich habe vier wunderbare Kinder und eine großartige Frau. Ich habe es gut getroffen, aber ich muss es besser machen – für sie. In letzter Zeit habe ich sie im Stich gelassen“, gab er offen zu.
Diese Offenheit erklärt auch, warum der Moment nach seinem Matchdart so intensiv war. „Das war keine Erleichterung“, betonte er. „Ich wusste, dass ich dieses Finish treffen würde. Das klingt arrogant, aber ich habe diese Woche viele große Finishes gespielt.“
Cross habe zuletzt gelernt, wieder Freude am Spiel zu finden – und das auf gesunde Weise. „Ich habe vielleicht zu viel Spaß gehabt, aber jetzt nehme ich diesen Moment an. Ich genieße ihn und schaue nach vorne. Ich glaube wirklich, dass in diesem Turnier etwas möglich ist.“

Zwischen Rückschlägen und neuen Zielen

In den vergangenen Jahren war Rob Cross ein fester Bestandteil der Top Ten, inzwischen liegt er jedoch am Rand der Top 20. Für ihn ist das kein Drama. „Ich spiele diesen Sport seit acht Jahren. Nach elf Monaten war ich schon Nummer zwei der Welt. Ich hatte fast jede Ranglistenposition – da darf es auch mal die 21 sein.“
Viel wichtiger sei für ihn die Perspektive. „In den nächsten zwei Jahren habe ich kaum Punkte zu verteidigen. Das gibt mir die Möglichkeit, wieder zu klettern. Wenn ich mental stabil bleibe und scharf spiele, komme ich mindestens in die Top Ten zurück. Davon bin ich überzeugt.“
Auch der Traum, einmal die Nummer eins der Welt zu werden, lebt weiter. „Ich glaube, dass ich das kann. Natürlich, die jungen Jungs sind unglaublich – sie lassen mich alt aussehen, und ich bin erst 35. Aber jeder ist an seinem Tag zu schlagen. Wenn du hart genug arbeitest, weißt du nie, wann dein Moment kommt.“

Erkenntnisse eines Weltmeisters

Beim Blick zurück auf seinen WM-Triumph 2018 gegen Phil Taylor erkennt Cross vor allem, wie sehr er sich seither verändert hat. „Ich war damals naiv. Ich dachte: Diese Jungs sind Profis, die müssen besser sein. Bis ich begriff, dass ich dazugehöre.“
Der Erfolg kam über Nacht – und mit ihm die Aufmerksamkeit. „Es hat mein Leben sofort verändert. Man reagiert anders, trifft andere Entscheidungen. Das gehört dazu. Wir leben und lernen.“
Ob er nach all den Jahren noch dazulernt? Cross lachte. „Was Druck und alles drumherum betrifft, glaube ich, dass ich das Spiel inzwischen verstehe. Aber ich bin mein größter Feind. Dieses Bewusstsein muss da sein. Ohne Verantwortung zu übernehmen, gibt es keine Karriere.“

Fokus auf die nächste Runde

In Runde zwei wartet nun Ian White – ein erfahrener Gegner, den Cross gut kennt. „Ich freue mich, wieder auf der Bühne zu stehen“, sagte er. „Ich habe ein paar Tage, um das sacken zu lassen. Ian ist ein großartiger Spieler, und ich werde mehr bringen müssen als heute.“
Sein Schlüssel für einen tiefen WM-Run? „Alles geben. Vollständig engagiert sein. In den letzten sechs Monaten war ich nicht bereit, genug zu opfern. Das muss sich ändern. Wenn du das nicht tust, ist es logisch, dass du zu kurz kommst.“
Trotz aller Selbstkritik verlässt Cross die Bühne mit Optimismus. „Wir sagen, dass ich ein schlechtes Jahr hatte, aber ich habe trotzdem zwei Titel gewonnen. Wenn ich gewinne, während ich schlecht spiele, sagt das auch etwas. Wenn ich meinen Kopf endgültig auf dieses Spiel fokussiere, glaube ich, dass alles möglich ist.“
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