„Man sah an allem, dass er nicht er selbst war“ – Van der Voort seziert den WM-Frust um Van den Herik und Huybrechts

PDC
Freitag, 12 Dezember 2025 um 21:30
Jamai van den Herik
Der Eröffnungstag der Darts WM im Alexandra Palace brachte in den Niederlanden und Belgien wenig Grund zur Freude. Jamai van den Herik erwischte bei seinem Debüt einen holprigen Start und unterlag Madars Razma in Runde eins. Kurz darauf traf es auch Kim Huybrechts, der gegen den deutschen Newcomer Arno Merk einen schweren Abend erlebte. Im Podcast Darts Draait Door sprach Ex-Profi Vincent van der Voort eindringlich über beide Auftritte – schonungslos und mit der Erfahrung eines Spielers, der die WM-Bühne selbst jahrelang geprägt hat.
Für Van den Herik sollte der Abend in London ein Meilenstein werden. Stattdessen verwandelte sich sein erster Auftritt auf der berühmtesten Bühne des Sports in einen Kampf gegen die eigene Anspannung. Der 22-Jährige verlor 1:3 in Sätzen und wirkte vom ersten Leg an wie ein Spieler, der seine sonst so stabile Technik nicht auf die Bühne bringen konnte.

Zwischen Hoffen und Zittern

Moderator Damian Vlottes fand deutliche Worte. Er beschrieb das Match als „zähe Angelegenheit“ und sah klar, dass der Niederländer seinen Rhythmus nie wirklich fand. „Man sah an allem, dass er in diesem Match nicht er selbst war“, erklärte er. Ein Eindruck, den Van der Voort sofort bestätigte. Er beobachtete, wie Van den Herik sich förmlich an den Rand des Triple-Feldes klammerte, statt die gewohnten vollen, aggressiven Würfe zu setzen.
„Er hat gekämpft, so gut er konnte“, sagte Van der Voort. „Aber wenn du siehst, wie viele Darts unterhalb der Triple 20 und der Triple 19 landen, erkennst du sofort, wie viel Spannung in seinem Arm steckt.“ Für ihn lag die Ursache nicht im Talent, sondern in der Wucht des Moments. Jeder Spieler müsse beim ersten WM-Auftritt lernen, mit der ungewohnten Größe der Bühne umzugehen.
Diese Unsicherheit zeigte sich nicht nur in den Scores, sondern auch in seiner Körpersprache. „Man sieht, dass er dort noch ein Grünschnabel ist“, stellte Van der Voort fest. Die Bühne des Ally Pally verleiht zwar Glanz, nimmt einem Neuling jedoch oft die Souveränität. Bei Viaplay hatte Van der Voort schon zuvor angemerkt, dass Van den Herik „noch keine große Persönlichkeit“ auf der Bühne zeige. Im Podcast führte er diesen Gedanken aus: „Das muss er entwickeln. Du musst dort stehen wie jemand, der diese Bühne besitzt.“
Ein Moment nach dem Spiel sorgte für Diskussionen: Van den Herik hob mehrfach die Darts seines Gegners vom Boden auf. Ein höflicher Zug, aber laut Van der Voort unpassend in einem WM-Match. Er stellte jedoch klar, dass er den jungen Niederländer damit nicht in ein falsches Licht rücken wolle: „Ein sehr netter Junge. Kein Rüpel. Aber es sind Dinge, die man lernen muss.“
Besonders positiv hob er hervor, wie Van den Herik die Niederlage einordnete. Keine Ausreden, keine beschönigenden Formulierungen. „Er war selbst nicht zufrieden. Und er hat es nicht versucht, irgendwie zu drehen“, sagte Van der Voort. Das macht die verpasste Chance allerdings nicht weniger bitter. Der Niederländer hatte Möglichkeiten, den Satz zum 2:2 auszugleichen. „Ziemlich schade“, so der Ex-Profi. Gleichzeitig sieht er darin eine wertvolle Lektion. Seine klare Botschaft: „Jetzt muss er sich im kommenden Jahr entwickeln und dafür sorgen, dass er nächstes Jahr wieder dort steht.“

Huybrechts steckt tiefer fest, als ihm lieb sein kann

Während Van den Herik erst am Anfang seiner Profi-Laufbahn steht, kämpft Kim Huybrechts seit Jahren um den Anschluss an seine frühere Stärke. Der Belgier gehört zu den etablierten Namen auf der Tour, doch gegen Arno Merk wirkte er alles andere als souverän. Die 1:3-Niederlage fiel nicht nur in ihrer Deutlichkeit schmerzhaft aus – sie zeigte erneut ein Muster, das sich durch seine gesamte Saison zieht.
„Das war wirklich enttäuschend“, sagte Van der Voort. „In den ersten anderthalb Legs dachte ich noch: Das passt schon. Aber dann kam wieder dieses schwache Scoring.“ Jeder, der Huybrechts über Jahre begleitet hat, weiß, dass er viel mehr im Tank hat. Doch vergessen scheint sein früherer Biss, der ihn einst in die Topregionen der Welt brachte.
Für Van der Voort steht fest: Der Einbruch ist kein Ausrutscher, sondern ein Dauerzustand. „Da steht jemand, der ein schlechtes Jahr hinter sich hat und an allem zweifelt. Und dann willst du es bei der WM unbedingt gut machen…“ Das Ergebnis zeigt: Es gelang nicht.
Mit einem Average knapp über 85, ohne Überzeugung und ohne Druck auf den Gegner fällt der frühere belgische Spitzenmann in der Order of Merit weiter zurück. Platz 55 bedeutet Gefahr. Unter ihm stehen noch Spieler, die im Turnier aktiv sind und Punkte sammeln können. Der Abstand zum Verlust der Tourkarte schrumpft.
Van der Voort erwartet nicht, dass Huybrechts unmittelbar aus den Top 64 rutscht. Doch seine Warnung fällt deutlich aus: „Er bleibt dieses Jahr drin, aber nächstes Jahr muss eine Menge passieren. Sonst fällt er raus.“

Ein Spieler sucht sich selbst – und findet nur Zweifel

Für einen Namen wie Kim Huybrechts ist diese Lage ungewöhnlich. Van der Voort formuliert es klar: „Das ist nicht die Position, in der er stehen sollte. Er ist ein sehr guter Darter. Wenn du dort unten stehst, läuft etwas schief.“ Besonders kritisch sieht er die Art der Niederlagen – sie wirken wie ein Spiegel der mentalen Verfassung des Belgiers.
Die Gründe liegen tiefer, als Statistiken zeigen. Huybrechts spielt viele Showmatches, sogenannte Demos. Finanziell sind sie wertvoll, sportlich jedoch ein Hemmschuh. Van der Voort versteht das Dilemma: „Das sind garantierte Einnahmen. Sag das mal ab.“ Doch genau darin vermutet er eine Blockade. Wer ständig unterwegs ist, kann schwer an seinem echten Spiel arbeiten.
Trotzdem sieht Van der Voort in dieser Situation keine Ausrede. Im Gegenteil, er fordert eine radikale Maßnahme. „Es wäre gut für ihn, zwei Wochen keinen Dart anzufassen. Komplett resetten“, empfiehlt er mit Blick auf die Weihnachtszeit. Ein Neustart, der mental und spielerisch dringend nötig scheint.
Sein abschließender Satz trifft hart, aber ehrlich: „Wir wissen alle, wie gut er ist. Und wenn du dann das zeigst… Dann muss sich wirklich etwas ändern. Mit diesem Niveau verliert er seine Tourkarte. Er muss wieder mit Aggression und Leidenschaft spielen.“
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