„Sie war meine beste Freundin“ – Ricky Evans findet nach dem Tod seiner Schwester Elisha zurück zu alter Stärke

PDC
durch Nic Gayer
Mittwoch, 05 November 2025 um 16:00
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Nach einem schwierigen Jahr präsentiert sich „Rapid“ Ricky Evans aktuell in starker Verfassung. Mit spürbarer Energie und einem ansteckenden Lächeln blickt der Engländer auf eine Zeit zurück, die selbst ihn überrascht hat. „Ich habe einfach wieder Spaß am Spielen, und das macht den Unterschied aus“, sagte er mit sichtbarer Erleichterung.
Vor der Kamera von Online Darts strahlte Evans über beide Backen. „Es war eine unglaubliche Woche“, erzählte er. „Ehrlich gesagt weiß ich nicht, woher das kommt. Vielleicht mag ich einfach ein bisschen Druck.“

Vom Druck zur Leichtigkeit – Evans findet seine Freude zurück

Vor wenigen Monaten stand Evans noch an einem Scheideweg. Rapid zeigte immer wieder starke Leistungen, gewann unter dem Strich aber zu wenige Spiele. „Es herrschte eine gewisse Anspannung“, gibt er zu. „Ich sank immer weiter ab. Aber ich habe mir gesagt: Was auch immer passiert, ich werde einfach Spaß haben.“
Hat sein Lächeln zurück: "Rapid" Ricky Evans
Hat sein Lächeln zurück: "Rapid" Ricky Evans
Dieser Entschluss zahlte sich aus. Mit starken Auftritten sicherte sich Evans die Teilnahme an gleich drei großen Turnieren: dem Grand Slam of Darts, den Players Championship Finals und natürlich der Darts WM im Alexandra Palace. „Letzte Woche war ich für kein einziges Turnier qualifiziert, und jetzt bin ich bei allen dabei. Das ist ein tolles Gefühl.“
Den Wendepunkt erlebte Evans nach einer Exhibition in Deutschland. „Ich hatte gerade ein Event mit Johnny Clayton und Gabriel Clemens gespielt. Ich habe alle vom Board gefegt“, lachte er. „Ich sagte zu Matt (Ward, seinem Manager), dass ich einfach nur Spaß haben will. Und er meinte: ‚Warum machst du das nicht immer?‘ Vielleicht hat er recht.“
Mit dieser neuen Lockerheit kam sofort der Erfolg. „Ich habe frei gespielt. Als mein Name auf der Liste grün war – also meine Teilnahme sicher war – fühlte ich mich befreit. Ich habe mir sogar gesagt: Heute gewinne ich das Turnier. Gut, das ist nicht passiert, aber das Gefühl war endlich wieder da.“

Neue Liebe, neues Glück

Nicht nur am Dartboard läuft es für Evans besser – auch privat hat sich sein Leben verändert. „Ich werde wahrscheinlich Kommentare dazu bekommen, aber ja, ich habe eine Freundin. Ich bin glücklich. Und das ist kein Zufall – ich spiele gut, weil ich glücklich bin“, sagte er lachend.
Dabei war der Jahresanfang für den 35-Jährigen alles andere als leicht. Evans verlor seine Schwester Elisha und stand vor einer emotionalen Herausforderung. „Ich habe damals wirklich gedacht: Wie werde ich damit umgehen? Jeder verliert irgendwann jemanden, aber für mich war das neu. Sie war meine beste Freundin.“
Umso bedeutender ist seine aktuelle Form. „Es ist eine schöne Belohnung, auch für meine Familie. Ich nehme meine Mutter dieses Jahr mit zum Ally Pally – es wird meine elfte Weltmeisterschaft, und sie war noch nie dort. Darauf bin ich vielleicht noch stolzer als auf die Teilnahme selbst. Ich möchte einfach sagen können: Meine Mutter war dabei.“
Natürlich darf auch der typische Ricky-Evans-Showfaktor nicht fehlen. „Dieses Jahr möchte ich mit meinem Weihnachtsoutfit völlig durchdrehen“, grinste er. „Rentiere, Schneebälle, vielleicht eine Seilrutsche auf die Bühne... das werden sie mir wohl nicht erlauben, aber ich würde es gerne tun!“
Am Ende aber bleibt der Fokus klar. „Am Ende des Tages geht es um Darts. Hoffentlich gewinne ich mein erstes Spiel, denn sie setzen mich immer kurz vor Weihnachten an. Ich schwöre, die machen das mit Absicht, weil ich der Weihnachtsmann bin.“

„Ich bin neidisch – aber das motiviert mich“

Wenn es ums Gewinnen geht, zeigt Evans seine ehrliche Seite. „Ich bin ein neidischer Mensch“, gibt er zu und lacht. „Ich schlage auf die Fernbedienung, wenn ich andere gewinnen sehe, und denke: Ich bin besser. Aber sie treffen ihre Doubles, ich nicht. So einfach ist das.“
Diese Eifersucht nutzt Evans als Antrieb. „Wenn ich im Fernsehen Typen sehe, gegen die ich schon gewonnen habe, denke ich: Da gehöre ich auch hin. Ich kann Joe Cullen oder Josh Rock schlagen – das habe ich schon getan. Ich muss nur konstanter werden.“
Sein Ziel ist klar: „Ich will nicht nur bei den Players Championships und der Weltmeisterschaft auftauchen. Ich möchte das ganze Jahr über antreten und nicht nur im November und Dezember meinen Höhepunkt haben. Nächstes Jahr im Juni will ich sagen können: Die WM ist mir schon sicher.“
Trotz seines Rufes, ein „fauler“ Spieler zu sein, bleibt Evans aktiv. „Ich nenne mich faul, aber ich spiele jede Woche“, erklärte er. „Montagsliga, Dienstagsliga, Super League, Bezirksliga – ich spiele ständig. Ich liebe County Darts. Da komme ich her, von den Pub-Abenden mit Freunden. Dort wurde Ricky Evans geboren – der Idiot oder die Legende, wie auch immer man es nennen will.“

„Es gibt keine 44 Spieler, die besser sind als ich“

Beim Blick auf seine Karriere mischen sich Stolz und Ehrgeiz. „Ich habe meine Tour Card nie verloren und nie ein Pro Tour- oder Qualifikationsturnier verpasst – dreizehn Jahre in Folge. Darauf kann man stolz sein. Aber ich war immer ein Spieler der mittleren Reihe. Nie wirklich in Gefahr, aber auch selten unter den Top 32. Das will ich ändern.“
Evans zeigt sich emotional, wenn er über seine Ziele spricht. „Ich sage jedes Jahr, dass ich etwas gewinnen möchte – und ich meine das ernst. Ich liebe dieses Spiel. Jeden Tag auf der Tour denke ich: Heute kann es passieren. Und wenn es nicht klappt, schaue ich mir im Hotel die Livestreams an. Aber die Liebe zum Dartsport ist immer da.“
Zum Abschluss grinst Evans in typischer Manier: „Ich bin die Nummer 45 in der Weltrangliste, aber glauben Sie mir: Es gibt keine 44 Spieler, die besser sind als ich.“
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