Sechs Deutsche haben sich für die PDC Darts WM 2025 qualifiziert und dennoch lasten die Hoffnungen der Fans vor allem auf den Schultern eines Spielers: Als zweifacher PDC-Titelgewinner soll Martin Schindler den Hunger nach einer deutschen WM-Sensation stillen. Zuerst gilt es für den 28-Jährigen allerdings am heutigen Abend eine knifflige Erstrunden-Partie gegen Callan Rydz zu überstehen.
In der ersten Turnierphase bis Weihnachten veröffentlicht Dartsnews.de vor jedem Auftakt-Match eines deutschen Spielers einen WM-Guide. Diese Artikelserie soll umfangreiche Informationen zum jeweiligen Spieler, seiner zurückliegenden Saison und der anstehenden Weltmeisterschaft liefern.
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Zwei PDC-Titel in einer Saison, der erste deutsche Spieler auf Setzlisten-Position eins bei einem Major-Turnier und die neue deutsche Nummer eins in der Order of Merit: Martin Schindler hat sich in dieser Saison mehrere Einträge in der deutschen Darts-Geschichte gesichert. Dabei hatte das Jahr mit einer Erstrundenniederlage beim Masters, einem durchwachsenen ersten Pro Tour-Block und dem UK Open-Ausscheiden in der Runde der letzten 32 eher verhalten begonnen.
Das erste Ausrufezeichen der Saison konnte Schindler beim sechsten Players Championship-Turnier der Saison setzen, als er das Viertelfinale erreichte. Nachdem er sich beim ersten European Tour-Event des Jahres noch in der ersten Runde verabschiedet hatte, verpasste Schindler seiner Saison beim European Darts Grand Prix in Sindelfingen einen wahren Kickstart, als The Wall erst im Halbfinale an MvG scheiterte.
In den folgenden Wochen prägte der Deutsche die European Tour wie kaum ein anderer Spieler. Bei insgesamt 13 Turnieren erreichte The Wall neun Mal den Finaltag und stand sieben Mal im Viertelfinale. Mit 105.500 Pfund Preisgeld führte er die European Tour Order of Merit an und qualifizierte sich als Nummer eins der Setzliste für die Europameisterschaft in Dortmund. Ein Kunststück, das nie zuvor einem deutschen Spieler bei einem PDC Major-Turnier gelungen war.
Grund dafür waren eine magische Nacht in Riesa und Schindlers ganz persönliches Wunder von Basel. Bei der International Darts Open im April schlägt Schindler im Finale den ehemaligen Weltmeister Gerwyn Price mit 8-5 und krönt sich zur neuen deutschen Nummer eins. Nach dem Spiel fällt Schindler auf die Knie und bricht in Tränen aus.
"Ich hätte mir das nie erträumen können", antwortete Schindler, als er nach dem Finale auf seine besondere Verbindung zur European Tour angesprochen wurde. Eine Verbindung, die bereits seit über einem Jahrzehnt existiert. Damals war Schindler als Steward auf der European Tour aktiv – er führte Einlasskontrollen durch, scannte Tickets und händigte Bändchen aus.
Wie er in einem Gespräch mit PDC TV verriet, arbeitete er im Alter von 18 Jahren auf Veranstaltungen in Düsseldorf, Leipzig und Sindelfingen, um seinen Idolen näher zu kommen und Geld mit seiner Leidenschaft zu verdienen.
Beim vorletzten Turnier der European Tour-Saison 2024 ließ Schindler dann seinen zweiten Streich folgen. In einem dramatischen Finale gegen Ryan Searle krönt er seine Saison mit dem Gewinn der Swiss Darts Trophy und schreibt als erster deutscher Spieler, dessen Trophäen-Sammlung zwei PDC-Titel enthält, erneut Darts-Geschichte.
Zum Gesamtbild einer phänomenalen Saison auf European Tour-Ebene gehört aber auch Schindlers eher enttäuschendes Abschneiden bei den Major-Turnieren. Neben dem bereits thematisierten UK Open-Ausscheiden war für Schindler beim World Matchplay nach der ersten Runde Schluss. Beim World Grand Prix überstand The Wall die erste Runde gegen Brendan Dolan, unterlag dann allerdings mit 3-1 in Sätzen gegen Rob Cross. Bei der European Championship, wo der Deutsche wie bereits erwähnt an Setzlisten-Position eins startete, war für Schindler trotz einer starken Leistung gegen Dirk van Duijvenbode bereits in Runde eins Schluss.
Eine durchwachsene Major-Saison wurde beim Grand Slam of Darts fortgesetzt, als Schindler spielerisch erneut überzeugte, allerdings trotz eines 109.15er-Averages gegen Danny Noppert in der Gruppenphase ausschied. Bei der WM-Generalprobe, den Players Championship-Finals, stellte Schindler aber eine gute WM-Form unter Beweis, als er Brendan Dolan und Ryan Meikle schlug und ins Achtelfinale einzog.
"Diese Misserfolge haben keineswegs etwas kaputt gemacht, sondern eher einen noch größeren Hunger geweckt. Ich habe einfach Bock, auch bei den Majors zu bestehen und meine Leistung abzurufen. Das sind die Turniere, die den größten Einfluss auf die Rangliste nehmen und auch den deutschen Dartsport am meisten voranbringen", sagte der 28-Jährige im Vorlauf der Weltmeisterschaft gegenüber unserer Redaktion.
Diesen Hunger möchte Schindler bereits bei der kommenden Weltmeisterschaft stillen. Für das Turnier im Londoner Ally Pally formuliert der Deutsche ein klares Ziel: "Ich möchte meinen eigenen WM-Rekord mit dem Erreichen des Achtelfinals brechen. Ich bin ehrlich: Ein Ausscheiden in der zweiten oder dritten Runde wäre für mich bei dieser WM kein gutes, kein akzeptables Ergebnis. Das Mindestziel ist die Runde der letzten 16, darüber hinaus würde ich gerne auch in das Viertel-, Halb- oder Finale einziehen oder die Weltmeisterschaft gewinnen. Ich habe das Gefühl, dass ich definitiv weit kommen kann und habe eine hohe Erwartungshaltung an mich selbst", zeigt sich Schindler optimistisch.
Auch Schindler war in den Wochen vor der World Darts Championship in Elmar Paulkes YouTube-Serie "Road to Ally Pally" zu Gast. Angesprochen auf eine mögliche Premier League-Nominierung erklärte Schindler, dass ein Umzug nach England für den jungen Familienvater vorstellbar wäre. "Ich habe mich viel mit meiner Frau darüber unterhalten. Man muss sich vorher darüber unterhalten, weil wenn es erst mal so weit ist, dann ist es vielleicht schon zu spät", sagte Schindler.
"Halbfinale oder Finale bei der WM und es geht in die Premier League. Die Pläne sind gemacht, es wäre nicht schlecht, eine Tochter zweisprachig zu erziehen - aber das wird sich zeigen, wenn es dann eben so weit ist", blickte der 28-Jährige ambitioniert in die Zukunft.