Jurjen van der Velde steht kurz vor dem größten Moment seiner Karriere: dem Debüt bei der
Darts WM auf der Bühne des Alexandra Palace. Für den 22-jährigen Friesen erfüllt sich damit ein lang gehegter Traum, nachdem er zwei Jahre in Folge nur knapp an der Qualifikation gescheitert war. In wenigen Tagen tauscht er das Leben auf dem Bauernhof in Haulerwijk gegen die spektakulärste Arena des Dartsports – ein Schritt, den er als natürliche Fortsetzung einer intensiven Reise beschreibt.
Das verlorene Finale der
PDC Jugendweltmeisterschaft 2024 bleibt vielen Fans in Erinnerung: Van der Velde, kurz vor dem Triumph, vergibt fünf Matchdarts und sieht, wie
Gian van Veen am Ende den Pokal in die Höhe reckt. Zum zweiten Mal in Folge blieb dem Niederländer der Sprung zur Weltmeisterschaft verwehrt. „Es kam eine Menge auf mich zu. Es war pikant. In den ersten Wochen sieht man Bilder auf Facebook, und dann kommt dieser Moment immer wieder hoch“,
sagte Van der Velde in einem Interview mit De Telegraaf.Rückschläge, Reife und ein starkes Comeback
Doch anstatt zu hadern, entwickelte er neuen mentalen Biss. „Du kannst dir darüber Gedanken machen, aber das macht dich nicht besser. Das Finale hat mich mental stärker gemacht. Manchmal muss man erst zwei Schritte zurückgehen, um wieder ein paar nach vorne zu machen“, erklärt er. Diese Haltung zeigte Wirkung.
Der junge Niederländer feiert diese Jahr sein Debüt im Ally Pally
Beim
Grand Slam of Darts Anfang November lieferte Van der Velde seine bislang überzeugendste Vorstellung auf der großen Bühne. Trotz harter Konkurrenz in der Gruppenphase erreichte er das Achtelfinale und traf dort auf den späteren Weltmeister Luke Humphries. Zwar musste er eine klare Niederlage einstecken, doch mit einem spektakulären 164er Finish setzte er ein Ausrufezeichen. „Wenn man so weit hinten liegt, muss man einfach Spaß haben. Ich war wie weggefegt“, sagt er mit einem Lächeln.
Seine Leidenschaft für den Sport begann vor neun Jahren, als er die großen Namen wie Steve Beaton, Gary Anderson und Michael van Gerwen im Fernsehen sah. Kurz darauf richtete er auf dem Dachboden ein Trainingszimmer ein – und übte stundenlang. Der Lohn: mehrere Titel auf der Development Tour und der Sprung zu seinem größten Ziel. Ein Quäntchen Glück spielte ebenfalls mit, denn am Ende musste er auf das Ergebnis von Owen Bates hoffen, um das WM-Ticket zu lösen. „Ich hätte die Pfeile am liebsten selbst hineingeschrien. Aber nach zwei erfolglosen Jahren war mir das Glück diesmal hold“, erinnert er sich.
Von der Kuhweide zum Ally Pally
Trotz intensiver Vorbereitung bleibt Van der Velde seinen Wurzeln treu. Auf dem elterlichen Hof packt er weiterhin regelmäßig mit an, auch wenn das Melken derzeit etwas kürzer kommt. „Meine Familie hat mir in dieser Zeit viel Freiraum gegeben. Die Weltmeisterschaft verlangt einfach volle Konzentration“, erklärt der 22-Jährige.
In der ersten Runde wartet gleich ein besonderes Duell: Danny Noppert, einer der bekanntesten Spieler der Niederlande – und wie Van der Velde ein echter Fries. „Wir wohnen nur eine halbe Stunde voneinander entfernt, aber wir haben kaum gegeneinander gespielt. Danny ist ein Kämpfer und hat ein sehr gutes Jahr hinter sich.“
Auch wenn er das Aufeinandertreffen lieber später im Turnier erlebt hätte, bleibt Van der Velde gelassen. „Bei 128 Teilnehmern ist die Chance, dass sich zwei Friesen direkt begegnen, sehr gering. Aber man kann es auch positiv sehen: Einer von uns kommt auf jeden Fall weiter. Das wird schaurig-schön.“