„Lieber scheitern, als später bereuen, es nie versucht zu haben“ – Beau Greaves über den Zwiespalt zwischen WDF und PDC

PDC
durch Nic Gayer
Mittwoch, 30 Juli 2025 um 15:15
Beau Greaves
Sie ist Anfang zwanzig, dreifache Weltmeisterin, zweifache Siegerin des Women's World Matchplay und eine feste Größe auf der Development TourBeau Greaves gilt längst als eines der größten Talente, das der Frauendartsport je hervorgebracht hat. Und dennoch: Der steile Aufstieg der Engländerin verlief nicht ohne Rückschläge.
In einem offenen Interview im Podcast Tops and Tales spricht Greaves über ihren Weg zur Weltspitze, mentale Belastungen, den Traum vom Männer-Circuit – und die dunklen Monate, in denen Dartitis sie beinahe aus der Bahn warf.

Von der Kneipe zur WM-Bühne

Beau Greaves entdeckte den Dartsport früh – und war sofort fasziniert. „Ich habe mit zwölf angefangen, in Kneipen Darts zu spielen“, erinnert sie sich. „Mit siebzehn stand ich schon im Fernsehen. Manchmal fühlt es sich an, als hätte sich mein ganzes Leben nur um Darts gedreht.“
Sie wuchs in einem familiären, aber wettbewerbsorientierten Umfeld auf. Schon als Kind trat sie gegen Erwachsene an, lernte mit Siegen und Rückschlägen umzugehen – und bekam früh zu spüren, dass Erfolg nicht nur Bewunderung, sondern auch Missgunst hervorrufen kann. Eine Szene blieb ihr besonders im Gedächtnis: „Ich habe ein Finish geworfen, das Publikum hat geklatscht – und mein Gegner hat einen bösen Kommentar gemacht. Ich war erst zwölf. Heute würde ich kontern, aber damals war ich völlig überfordert.“
Diese Erfahrungen formten sie – mental wie spielerisch. Greaves arbeitete sich zur Weltspitze hoch, gewann dreimal den WDF-Weltmeistertitel in Lakeside, einem Ort, den sie als ihre sportliche Heimat beschreibt. „Lakeside ist für mich besonders. Dort bin ich aufgewachsen.“

Zwischen zwei Welten: WDF oder PDC?

Die Liste ihrer Erfolge bei der WDF ist lang, doch Greaves strebt nach mehr. Auf der Women's Series der PDC und der Development Tour misst sie sich mit stärkerer Konkurrenz und höherem Druck – und zeigt auch dort regelmäßig ihre Klasse.
Dennoch fällt ihr der Spagat zwischen WDF und PDC schwer. „Ich liebe die Women's Series und die Herausforderung bei der PDC, aber Lakeside hat für mich einfach einen besonderen Stellenwert“, sagt sie. „Dort habe ich viele meiner schönsten Erinnerungen gesammelt.“
Langfristig will Greaves jedoch den Schritt in den Männerzirkus wagen. Eine PDC Tour Card ist ihr erklärtes Ziel. „Ich möchte mich herausfordern. Ich will wissen, ob ich mithalten kann. Lieber versuche ich es und scheitere, als später zu bereuen, es nicht getan zu haben.“

Weniger Druck gegen Männer – mehr Freiheit im Spiel

Spannend: Greaves fühlt sich in Matches gegen Männer teilweise wohler als auf dem Frauencircuit. „Gegen Männer spiele ich oft entspannter“, sagt sie. „Die Erwartungen sind anders. Wenn ich gegen Frauen spiele, heißt es oft: Beau, Lisa oder Fallon – wer ist die Beste? Dieser Druck fällt bei Männern ein Stück weit weg. Es ist eine neue Herausforderung – und das motiviert mich.“
Auf der Development Tour hat sie bereits mit Topspielern die Klingen gekreuzt. Solche Erfahrungen stärken ihren Wunsch, sich auch auf der Pro Tour zu etablieren. Ihre bisherigen Erfolge auf der Frauen-Tour möchte sie dabei keineswegs aufgeben. „Ich habe so viel Spaß bei der Women's Series und in Lakeside. Ich will beide Welten erleben.“

Der Kampf gegen Dartitis – und der Weg zurück

Doch Beau Greaves kennt auch die Schattenseiten des Profidaseins. Mitten in ihrer Karriere wurde sie von Dartitis heimgesucht – einer gefürchteten mentalen Blockade, die das Werfen nahezu unmöglich macht.
„Es kam aus dem Nichts“, erzählt sie. „Ich verlor 0:4 bei meiner ersten Women's Series in Barnsley und sagte zu meinem Vater: Irgendwas stimmt nicht. Dann fing ich beim Werfen an zu stottern. Es wurde ein Albtraum.“
Monatelang kämpfte sie – mit Tränen, Zweifeln und der Frage, ob ihre Karriere vorbei sein könnte. Erst mit Geduld, Techniktraining und mentaler Arbeit fand sie allmählich zurück. „Ich musste alles neu lernen: meinen Griff, meinen Wurf, meine Gedanken. Heute bin ich stärker als je zuvor – mental und spielerisch.“

Zukunft voller Ambitionen

Beau Greaves will weiter an sich arbeiten, auf der Frauen-Tour glänzen – und im Männerzirkus angreifen. Eine Tour Card bleibt das große Ziel, ebenso wie Titel gegen die besten Spieler der Welt.
„Ich habe noch so viel Zeit“, sagt sie zum Schluss. „Ich möchte Spaß haben, mich weiterentwickeln und sehen, wie weit ich komme. Was ich gelernt habe? Lieber versuche ich alles – als später zu bereuen, dass ich es nicht getan habe.“
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