„Sich mit Phil Taylor anzufreunden war fatal für meine Karriere“ – Dennis Priestley blickt auf seine Jahre an der Spitze zurück

PDC
Samstag, 27 Dezember 2025 um 16:15
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Dennis Priestley gehört zum Fundament des modernen Darts. Der Engländer, besser bekannt als „The Menace“, war nicht nur einer der Wegbereiter des Profisports, sondern auch der erste Weltmeister der PDC. Doch sein Vermächtnis ist untrennbar mit einem anderen Namen verbunden: Phil Taylor. Was einst als tiefe Freundschaft begann, entwickelte sich zu einer der größten Rivalitäten, die der Dartsport je erlebt hat. Rückblickend blickt Priestley mit gemischten Gefühlen auf diese Zeit und darauf, wie eng er Taylor einst an sich herangelassen hat.
Der heute 75-Jährige schrieb 1994 Geschichte, als er die Premierenausgabe der damals noch als World Darts Council (WDC) firmierenden Professional Darts Corporation gewann. Sein Triumph markierte nicht nur den Beginn einer neuen Ära, sondern auch den Start der legendären Taylor-Dominanz: In den folgenden acht Jahren konnte kein anderer Spieler als „The Power“ die Weltmeisterschaft für sich entscheiden.

Brückenbauer in einer revolutionären Zeit

Die frühen Neunziger waren eine Zeit des Umbruchs. Priestley gehörte zu den sechzehn Profis, die der British Darts Organisation (BDO) den Rücken kehrten und beschlossen, einen eigenen, unabhängigen Weg zu gehen. Sie gründeten den World Darts Council – den späteren Vorläufer der PDC. Dieser mutige Schritt legte das Fundament für den globalen Boom, den der Sport in den folgenden Jahrzehnten erleben sollte.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Priestley seine Klasse längst bewiesen. 1991 gewann er den Weltmeistertitel der BDO und zählte fortan zu den führenden Spielern seiner Generation. Als er 1994 den ersten PDC-Titel holte, schrieb er Darts-Geschichte: Er war der erste Spieler, der sowohl bei der BDO als auch bei der neuen Organisation Weltmeister wurde. Ein Jahr später trat Phil Taylor in seine Fußstapfen, nachdem er bereits 1990 und 1992 die BDO-WM gewonnen hatte und 1995 erstmals den PDC-Thron bestieg.

Rivalen und Freunde

Zu Beginn verband Priestley und Taylor mehr als nur gemeinsame Turniere. Sie waren Freunde, Reisepartner und gegenseitige Unterstützer in einem jungen, noch brüchigen Profisystem. In den Anfangsjahren teilten sie nicht nur Finals, sondern laut Priestley zeitweise sogar Preisgelder – ein außergewöhnliches Zeichen des Vertrauens in einer Einzelsportart, in der normalerweise jeder für sich kämpft.
Doch mit der Zeit wandelte sich dieses Vertrauen in Vorsicht. Priestley blickt heute kritisch auf die enge Beziehung zu seinem späteren Rivalen zurück: „Sich mit Phil Taylor anzufreunden war fatal für meine Karriere. Ich hätte ihn nicht so nah an mich heranlassen sollen“, sagt er offen. „Ich war zehn Jahre älter als er, kein junger Spieler mehr. Ich denke, er hat viel von mir gelernt, aber ich hätte mehr Abstand halten müssen.“
Dennis Priestley in seinem markanten rot-schwarzen Outfit
Dennis Priestley gewann in seiner Karriere zwei Weltmeistertitel
Diese Worte zeigen, wie tief Priestley die gemeinsame Vergangenheit beschäftigt. Er sieht sich nicht als Opfer, sondern als Mentor, der seinem Rivalen ungewollt die Tür zur Dominanz öffnete. Phil Taylor wurde zum besten Spieler aller Zeiten, mit sechzehn Weltmeistertiteln und einer Ära, die Darts auf ein neues Niveau hob – auch dank der prägenden Duelle mit Priestley, die ihn in seiner Entwicklung schärften.

Zehn Jahre auf höchstem Niveau

In sportlicher Hinsicht bildeten Priestley und Taylor das unschlagbare Duo der Neunzigerjahre. „Wir waren ohne Zweifel die zwei besten Spieler dieser Zeit“, betont Priestley. „Wir standen zehn Jahre lang regelmäßig in Finals gegenüber – nicht in Halbfinals.“
Diese Duelle hatten ihren eigenen Mythos. Während viele Spieler Formschwankungen erlebten, trieben sich Priestley und Taylor gegenseitig an ihre Grenzen. Ihre Partien waren taktische Meisterwerke voller Präzision, Druck und mentaler Stärke – genau die Zutaten, die den modernen Dartsport prägen.
Doch mit zunehmendem Alter wurde der Abstand spürbar. Priestley war zehn Jahre älter als Taylor, und dieser Unterschied begann sich bemerkbar zu machen. „Später forderte das seinen Tribut“, erklärt er. „Ich glaube nicht, dass ich meine Fähigkeiten verloren habe, aber die mentale Seite hat nachgelassen. Irgendwann fiel es mir schwerer, mich dauerhaft zu fokussieren.“

Der mentale Faktor

Priestley beschreibt seinen Stil als ruhiger und bedachter als den vieler Konkurrenten – ein Spiel, das auf totale Konzentration angewiesen war. „Mein Tempo war etwas langsamer, daher musste meine Fokussierung immer auf dem höchsten Level sein“, erklärt er. „Als diese Konzentration nachließ, ging die Erfolgsquote zurück.“
Während Priestley allmählich an mentaler Schärfe verlor, entwickelte sich Taylor weiter – technisch, taktisch und psychologisch. Er lernte schnell, passte sich an und perfektionierte Elemente, die Priestley mitgeprägt hatte. Der Schüler überholte den Lehrer und setzte Maßstäbe, an denen sich Generationen messen sollten.

Ein Vermächtnis aus Ehrlichkeit und Einfluss

Was Dennis Priestley bis heute auszeichnet, ist seine Offenheit. In einer Sportwelt, in der Rückblick oft Verklärung bedeutet, spricht er ehrlich über Fehler, Fehleinschätzungen und darüber, welche Lehren er gezogen hat. Sein Bedauern richtet sich nicht gegen verlorene Titel oder verpasste Chancen – sondern gegen die eigene Großzügigkeit.
Gleichzeitig bleibt sein Beitrag unbestritten. Priestley war ein Visionär, der die Weichen für eine neue Ära stellte. Sein Name steht für Mut, Unabhängigkeit und Charakterstärke – für einen Spieler, der Grenzen überschritt und ein ganzes System hinterfragte.
Dass seine Rivalität mit Phil Taylor eine der bedeutendsten der Darts-Geschichte wurde, ist kein Zufall. Sie verkörperte den Umbruch einer ganzen Generation, den Aufbruch eines Sports, der aus verrauchten Pubs heraus auf die größten Bühnen der Welt zog.
Dennis Priestley bleibt eine Ikone: zweifacher Weltmeister, Wegbereiter der PDC und einer der ehrlichsten Stimmen, die dieser Sport je hervorgebracht hat. Seine Geschichte ist nicht die eines Mannes, der im Schatten eines anderen stand – sondern die eines Pioniers, der das Licht entzündete, in dem der Rest des Dartsports bis heute spielt.
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