Ricardo Pietreczko hat keine einfachen Wochen hinter sich. Aufgrund einer Handgelenks-Verletzung musste der Deutsche sein Achtelfinal-Duell gegen Ross Smith bei der Hungarian Darts Trophy aufgeben. Bei den vergangenen neun Players Championship-Turnieren kam der Deutsche nur ein Mal über die zweite Runde hinaus und bekam es zum Auftakt des PDC
World Grand Prix 2024 mit einem denkbar schweren Los zu tun: In Runde eins wartete die Legende
Raymond van Barneveld auf den deutschen Debütanten.
Das Match gegen den 5-fachen Weltmeister begann aus Pietreczkos Sicht denkbar ungünstig. Erst mit dem siebten Dart traf der Deutsche im eigenen Anwurf ein eröffnendes Doppel, verkürzte seinen Scoring-Rückstand anschließend auf beachtliche Weise, kassierte nach 20 Darts aber dennoch den 1-0-Leg-Rückstand.
Aufgrund einiger Scoring-Schwächen beider Spieler bekam Pietreczko im zweiten Leg die Chance, sich das Break sofort zurückzuholen. Bei 77 Punkten Rest verpasste der Deutsche allerdings einen Dart auf Tops und musste mit ansehen, wie Barney mit einem 21-Darter auf 2-0 erhöhte. Im dritten Leg gelang der deutschen Nummer drei mit einer 180 ein kleiner Befreiungsschlag. Anschließend sicherte sich der 29-Jährige sein erstes Leg der Partie und verkürzte auf 1-2 im ersten Satz.
Für den Gewinn seines Anwurf-Satzes benötigte Pikachu allerdings ein Break. Mit einer starken 134er-Aufnahme zog der Deutsche als Erster in den Finish-Bereich ein, van Barneveld konterte allerdings mit einer überragenden 174er-Aufnahme für 36 Rest. Die niederländische Legende ließ jedoch drei Chancen auf der Doppel-18 aus, was Pietreczko mit einem Treffer auf der Doppel-19 ausnutzte - der Gewinner des ersten Satzes musste in einem Decider ermittelt werden.
Pikachu kam postwendend mit einem Treffer auf der Doppel-19 ins Leg und distanzierte sich mit stabilen Scores. Van Barneveld stellte sein starkes Timing allerdings mit 134 und 180 Punkten unter Beweis. Barney ließ bei 81 Punkten Rest jedoch seine einzige Chance auf das Bullseye aus, sodass Pietreczko seinen ersten Satzgewinn auf der Doppel-14 perfekt machte.
Nach der Unterbrechung hielten die Doppel-Schwierigkeiten beider Spieler weiter an, allerdings feuerten sie sich nun 180er-Scores um die Ohren. Van Barneveld sicherte sich sein Anwurf-Leg in 18-Darts und ging mit 1-0 im zweiten Satz in Führung. Das starke Scoring versetzte Pietreczko anscheinend in einen Flow-Zustand, denn zum Auftakt in das zweite Leg lieferte Pikachu ein Kuriosum: Der 29-Jährige fiel der Gewohnheit zum Opfer, vergaß zum Auftakt des Legs auf ein Doppel zu zielen und versenkte den ersten Dart in der Triple 20 - no score! Dennoch kämpfte sich Pietreczko ins Leg zurück und glich mithilfe eines überragenden 87er-Checkouts aus.
Das dritte Leg des zweiten Satzes sicherte sich van Barneveld ohne Probleme in 17 Darts. Pietreczko zeigte sich unbeeindruckt und eröffnete das vierte Leg mit 160 Punkten perfekt, ehe er mit einer 100er-Aufnahme in den Finish-Bereich einzog. Mit einem 104er-Checkout glich der Deutsche nach überragenden 12 Darts erneut aus. Spätestens jetzt war Pikachu voll und ganz in der Partie angekommen: Im entscheidenden Leg gelang ihm erneut ein perfekter Start. Doch van Barneveld konterte im eigenen Anwurf und positionierte sich bei 36 Punkten Rest. 100 Punkte standen noch auf dem Scoreboard von Pietreczko. Da der Deutsche die Triple-20 verfehlte, setzte er zum Kunststück an: Der erste Dart fand seinen Weg in die Doppel-20, der Zweite landete allerdings denkbar knapp am Draht. Barney nutzte seine Chance zum ersten Satzgewinn und glich zum 1-1 aus.
Das erste Leg des entscheidenden dritten Satzes verlief aus deutscher Sicht ungefährdet. Pietreczko marschierte mit 99 Punkten Vorsprung in 21 Darts zum 1-0. Da van Barneveld im eigenen Anwurf schwächelte und anschließend eine Chance auf Doppel-5 ausließ, konnte Pikachu in 18 Darts auf 2-0 davonziehen. Im dritten Leg gelang es van Barneveld erneut erst nach sieben verfehlten Doppeln in das Leg zu starten - eine einmalige Gelegenheit für den Deutschen, das Spiel zu gewinnen. Und Pietreczko lieferte: Mit 180 Punkten stellte er sich 81 Zähler Rest. Aufgrund eines Treffers in der Doppel-9 statt Doppel-12 entschied sich Pikachu dafür, sich zu überwerfen - eine überraschende Entscheidung, da van Barneveld in Reichweite war. Barney gelang es jedoch nicht 113 Punkte zu löschen, sodass Ricardo Pietreczko 60 Punkte checkte und zum ersten Mal in seiner Karriere ins Achtelfinale des World Grand Prix einzog.
In einer Wiederholung des letzten Players Championship-Finals standen sich
Stephen Bunting und
Luke Humphries dann auf der großen Bühne gegenüber. Letzte Woche auf der Pro Tour war es Humphries, der den Sieg davontrug, aber im ersten Satz dieses Finales ging es nur um Bunting. Der Masters-Champion holte sich den ersten Satz mit den Darts 18, 15 und 11 und verließ die Bühne mit einem Satz Vorsprung und einem Average von mehr als 100 gegen den Titelverteidiger.
Diese Brillanz setzte sich auch nach der Pause fort, als Bunting sein viertes Leg in Folge mit einem komfortablen Vorsprung gewinnen konnte. Er begann das nächste Leg mit einem perfekten 160er-Start und setzte Humphries weiter unter Druck. Das machte sich auch bemerkbar, denn der amtierende Weltmeister vergab ein paar Darts auf die Doppel und gab The Bullet die Chance ihn zu bestrafen - das tat er auch und war ein Leg vom Sieg entfernt. Humphries brauchte dann 6 Darts, um ins Spiel zu kommen und Bunting hatte die große Chance, den Whitewash perfekt zu machen. Er benötigte 67 und hatte einen Matchdart auf die Doppel 16, konnte ihn aber nicht nutzen und Humphries holte sich sein erstes Leg des Spiels. Wenige Augenblicke später war der Satz durch ein brillantes 118er-Checkout des Titelverteidigers wieder ausgeglichen. Mit dem Druck auf den Schultern beider Männer folgte das härteste Leg des Spiels, aber ein brillanter Moment von Humphries, der seine erste 180 des Spiels zum perfekten Zeitpunkt warf, ließ ihm 50 Punkte Rest, die er bei seiner Rückkehr ans Oche abräumte, um das Spiel auf einen Satzgewinn pro Person auszugleichen.
Trotz einiger Schwierigkeiten im ersten Leg des dritten Sets, konnte Cool Hand Luke es mit der Doppel-10 abschließen und zum ersten Mal in Führung gehen. Im folgenden Leg hielt Bunting seinen Anwurf, benötigte aber 7 Darts, um Leg 3 zu eröffnen und als Humphries daraus Kapital schlug, war er einen Schritt vom Achtelfinale entfernt. Mit einem 70er-Finish in zwei Darts sicherte sich Humphries dann einen unglaublichen Comeback Sieg.