Am Eröffnungsabend der
Darts WM 2026 meldete sich Madars Razma eindrucksvoll zurück. Der Lette, bekannt für sein ruhiges Auftreten und seine analytische Spielweise, zog mit einem 3:1‑Sieg in die zweite Runde ein – und sprach danach offen über den mentalen Druck, schwierige Umstände und ein Jahr voller Herausforderungen. „Es war kein einfacher Abend“,
sagte Razma in der anschließenden Pressekonferenz. „Nicht wegen meines Gegners, sondern wegen allem drumherum – den Bedingungen, dem Druck, und dem, was ich in den letzten Monaten erlebt habe.“
Auch wenn das Ergebnis klar aussieht, spürte Razma die Anspannung von Beginn an. Der Eröffnungsabend einer Weltmeisterschaft bringt stets besondere Aufmerksamkeit – und zusätzlichen Druck. Doch der 36‑Jährige wollte das nicht als Ausrede gelten lassen.
Der Eröffnungsabend und seine Tücken
„Nein, nicht immer“, widerspricht Razma, als er auf die besondere Nervosität angesprochen wird. „Ich kannte meinen Gegner gut, hatte ihn beobachtet, seine Körpersprache studiert. „Alle meine Freunde sagten, ich würde das heute locker gewinnen – aber sie wussten nicht, wie hart das wirklich war“, ergänzte Razma. Der Druck von außen sei manchmal größer als der vom Gegner, gab er offen zu. Mit dem Sieg wartet auf den Letten nun ein Zweitrundenduell mit Dimitri Van den Bergh oder Darren Beveridge. Prognosen vermeidet er bewusst. „Ich denke nicht an Runde zwei. Ich respektiere meine Gegner – aber ich lebe im Moment. Erst wenn feststeht, gegen wen ich spiele, schaue ich weiter.“
Madars Razma besiegte in der Auftaktrunde der Darts WM 2026 den Niederländer Jamai van den Herik.
Ruhe durch Rückkehr in die Heimat
Auffällig war Razmas Zufriedenheit mit dem Spielplan. Nicht wegen der Ansetzung selbst, sondern wegen der Pause bis zum nächsten Einsatz. „Ich spiele erst in einer Woche wieder“, sagte er mit einem Lächeln. „Das bedeutet, ich kann morgen nach Hause fliegen, Zeit mit meiner Frau und meinen Kindern verbringen. Das gibt mir Ruhe. Ich muss nicht tagelang in England bleiben.“
Ganz rund lief es dennoch nicht. Als letztes Spiel des Abends trat Razma direkt nach Publikumsliebling Luke Littler ans Oche – eine ungewohnte Situation. „Es hat nichts mit Luke zu tun“, betont er. „Aber ich mag es, genau planen zu können, wann ich spiele und trainiere. Dieses Jahr auf der European Tour war ich oft am Anfang des Spielplans – und konnte alles perfekt timen. Diesmal war das schwieriger. Es half, dass die Matches vor mir schnell vorbei waren, aber es war trotzdem das Schwerste des ganzen Abends.“
„Nach dem Brand konnte ich acht Monate nicht trainieren“
Razmas Leistung gewinnt besonderes Gewicht, wenn man sein turbulentes Jahr kennt. Hinter den sportlichen Ergebnissen steckt eine schwierige Zeit mit persönlichen Rückschlägen. Ein Brand in seinem Haus zwang den Letten, monatelang auf Training zu verzichten.„Nach dem Brand konnte ich acht Monate lang zuhause nicht trainieren“, erzählt er ruhig. „Es war schlicht unmöglich. Ohne meine Freunde wäre das alles gar nicht gegangen – sie haben mir ermöglicht, Ranglistenturniere in Lettland zu spielen. Das war mein einziges Training.“
Die Folgen waren deutlich spürbar. „Ich habe mich dieses Jahr nur zwei‑ oder dreimal für die European Tour qualifiziert“, sagt Razma. „Das ist nicht viel. Ich wusste irgendwann gar nicht mehr, wo ich stehe. Und ehrlich gesagt: Ich weiß es immer noch nicht.“
Erst in den vergangenen Wochen konnte er wieder regelmäßig üben. „Ich trainiere viel, arbeite hart. Aber wie gut ich tatsächlich bin? Keine Ahnung. Vielleicht ist das die größte Frage – nicht nur für die Fans, sondern auch für mich selbst.“
Ein Spiel mit Höhen, Tiefen – und fast einem Neundarter
Razmas Auftaktmatch gegen Jamai van den Herik hatte von allem etwas: einen Traumstart, einen Durchhänger – und einen beinahe perfekten Moment. „Ich habe zu gut angefangen“, lacht er. „Das klingt verrückt, aber dadurch kam ich etwas aus dem Takt. Manchmal denkst du während des Spiels an die falschen Dinge.“
Nach kurzem Durchhänger fing sich der Lette wieder – und hatte plötzlich sogar die Chance auf einen Neundarter. „Für einen Moment dachte ich: Vielleicht gibt’s ja Sonderpreisgeld dafür. Aber am Ende zählt nur eins – dass ich gewonnen habe.“
Sein Average pendelte sich bei rund 89 Punkten ein, nachdem der Auftaktsatz fast bei 100 lag. Doch Zahlen interessieren den Letten wenig. „Ich weiß, wie das Spiel funktioniert“, sagt er. „Du musst einen Weg finden, es über die Ziellinie zu bringen. Das ist alles, was zählt.“
Van den Herik gab unterdessen sein WM‑Debüt – und Razma erkannte früh die Nervosität beim Gegner. „Ich sah es in seiner Körpersprache – schon beim Einwerfen. Das gab mir Vertrauen. Aber gleichzeitig hat mich seine Nervosität auch etwas angesteckt. Vielleicht war das der Grund, warum mein Average fiel. Doch Erfahrung hat mich gerettet.“
Bodenständig statt große Ansagen
Während andere über mögliche Runs in den späten Turnierphasen sprechen, bleibt Razma geerdet. Er denkt lieber an das Hier und Jetzt. „Ich liebe, was ich tue“, sagt er lächelnd. „Ich genieße jeden Wurf auf dieser Bühne. Dieses Turnier ist unglaublich – die Organisation, die Atmosphäre, alles. Ich will jedes Jahr hierher zurückkehren. Das ist der schönste Ort, an dem ich je gespielt habe.“
Sein Lächeln, als er das sagt, ist ehrlich. Es sagt alles über den Spieler, der inmitten beruflicher Unsicherheiten und privater Rückschläge nie den Glauben an sich verloren hat. Madars Razma kommt nicht mit großen Worten, sondern mit ruhiger Energie. Und mit der stillen Überzeugung, dass manchmal die schwersten Abende die wertvollsten sind.