Gary Anderson hat beim
World Grand Prix 2025 erneut seine ganze Routine ausgespielt und steht nach einem ungefährdeten 3:0-Erfolg über Joe Cullen im Viertelfinale. Zwar fand der Schotte im ungewohnten „Double in, Double out“-Format nicht immer seinen Rhythmus, doch seine Erfahrung und Abgeklärtheit machten den Unterschied.
„Ich habe gut angefangen, aber mein Scoring war wirklich schlecht“,
gab Anderson ehrlich zu. „Joe hatte sechs Legs oder mehr, in denen er nicht ins Spiel kam. Das macht es schwierig, weil man weiß: Wenn du das Eröffnungsdoppel nicht triffst, wird es richtig hart.“
„Double in, Double out ist mein größter Albtraum“
Anderson ist bekanntlich kein Freund des besonderen Turnierformats. „Das ist mein größter Albtraum“, sagte er schmunzelnd. „Manchmal kann ich kaum ein Doppel auswerfen, geschweige denn eines zum Start treffen. Dieses Turnier liegt mir einfach nicht – aber ich versuche es trotzdem jedes Jahr wieder.“
Trotz aller Schwierigkeiten erwischte der zweimalige Weltmeister einen guten Start. „Mein Beginn war ordentlich, aber meine Darts flogen nicht so, wie ich es wollte“, erklärte er. „Normalerweise kommen die Darts knapp unter die Triple 20, heute war ich einen halben Zentimeter zu hoch. Kaum hatte ich das Tripplefeld gefunden, war es auch schon wieder weg – so eine Nacht war das.“
Mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu: „Scores for show, doubles for dough – und das stimmt. Am Ende zählt nur, wer die Doppelfelder trifft.“
„Danny Noppert ist der am meisten unterschätzte Spieler der Tour“
Im Viertelfinale trifft Anderson auf Danny Noppert – und der Schotte spart nicht mit Lob. „Danny ist für mich der am meisten unterschätzte Spieler auf der ganzen Tour“, sagte er überzeugt. „Er ist ruhig, solide, macht keine großen Gesten, aber wenn du ihm eine Chance gibst, nutzt er sie. Er erinnert mich an Steve Beaton früher – immer zuverlässig, immer da.“
Gewann noch nie den World Grand Prix: Gary Anderson
Für Anderson steht fest: „Er spielt vielleicht keine 115er-Averages, aber er ist immer in den letzten Runden. Viertelfinale, Halbfinale – nie ein frühes Aus. Das sagt alles über seine Qualität. Und dazu ist er ein richtig feiner Kerl.“
Warum Noppert so selten im Rampenlicht steht? „Hörst du je jemanden über ihn reden? Eben. Aber hinter der Bühne weiß jeder, wie gut er ist“, so Anderson trocken.
Lob für Littler, van Veen & Co.
Mit sichtlicher Begeisterung sprach der Schotte über die junge Generation. „Ich habe Luke Littler gegen Jan van Veen gesehen – ein fantastisches Match!“, sagte er. „Van Veen ist ein großartiger Junge mit dem richtigen Kopf. Er, Littler, Josh Rock, Wessel Nijman – das sind die Jungs, die das Spiel in den nächsten Jahren prägen werden. Die werden die neue Top Fünf bilden.“
Mit typisch trockenem Humor gestand Anderson, dass er das Spiel nicht im Fernsehen verfolgte. „Ich kann mir Sky nicht leisten“, witzelte er. „Ich habe die Live-Ergebnisse auf dem Handy verfolgt und mir später die Highlights auf YouTube angesehen.“
Dass er trotz seines Alters noch mit den besten Talenten mithalten kann, erfüllt ihn mit Stolz: „Ich kann immer noch hohe Averages werfen – und das stört die Jungen vielleicht ein bisschen. Wenn ich gut spiele, müssen sie schon richtig stark sein, um mich zu schlagen.“
„Ich spiele, weil ich das Spiel liebe“
Anderson bleibt sich treu – gelassen, ehrlich und ohne große Show. „Ich spiele einfach Darts. Gewinnen oder verlieren ist mir egal“, betonte er. „Viele junge Spieler geraten in Panik, wenn sie verlieren. Manche hören sogar auf, weil sie zu oft verlieren. Das verstehe ich nicht – Verlieren gehört dazu.“
Er sprach auch über Michael Smith, der momentan eine schwierige Phase durchläuft. „Smithy hat so viel Talent. Aber wenn man in dieser Blase steckt, in der man denkt, es geht nichts mehr, wird es schwer. Da hilft nur: weiterspielen. Irgendwann gewinnst du ein Match trotz schlechter Leistung – und plötzlich ist das Selbstvertrauen zurück.“
Sein Rat an die junge Generation ist simpel: „Je mehr du nachdenkst, desto schlimmer wird es. Denk nicht zu viel – wirf einfach.“
„Ich werde weitermachen, solange ich kann“
Während viele seiner Generation längst aufgehört haben, denkt Anderson nicht ans Aufhören. „Ich nenne das nicht Langlebigkeit – ich nenne es einfach Dart spielen“, sagte er entschlossen. „Viele hören auf, weil sie glauben, sie seien nicht mehr gut genug. Unsinn! Verlieren gehört zum Sport. Ich spiele weiter, solange ich kann. Ganz einfach.“
Einmal mehr zeigt Gary Anderson, dass er mehr ist als nur ein ehemaliger Weltmeister – er ist das Herz des alten Darts, das sich weigert, aufzuhören zu schlagen.