„Nach all den verpassten Matchdarts dachte ich, es sei vorbei“ – Cameron Menzies erreicht sein erstes World-Grand-Prix-Viertelfinale

PDC
Donnerstag, 09 Oktober 2025 um 12:00
Cameron Menzies (2)
Cameron Menzies hat beim World Grand Prix 2025 in Leicester für eine der eindrucksvollsten Leistungen des bisherigen Turniers gesorgt. Der Schotte besiegte Rob Cross mit 3:1 und steht erstmals in seiner Karriere im Viertelfinale eines großen Majors. In einem intensiven Match voller Emotionen, Zweifeln und Jubelmomenten zeigte „Cammy“ sein kämpferisches Herz – und sprach danach erstaunlich offen über seine Gefühlslage.
„Ich fühle mich glücklich, erleichtert, aber auch ein bisschen komisch“, sagte Menzies direkt nach dem Sieg. „Es war ein Spiel voller Emotionen. Es gab Momente, in denen ich dachte, dass ich es aus der Hand geben würde. Aber ich habe bis zum Schluss gekämpft – und das hat sich ausgezahlt.“
Im dritten Satz vergab der Schotte mehrere Matchdarts und brachte sich so selbst in Schwierigkeiten. „Ich dachte wirklich, ich hätte es verloren. Meine Doppel wollten nicht fallen, und dann kommen diese negativen Gedanken. Jeder Dartspieler kennt das. Aber am Ende fiel das Doppel – und dann kam einfach alles raus.“

Mentale Kämpfe und Selbstzweifel

Menzies sprach offen über die mentale Herausforderung des Spiels. „Man versucht, positiv zu bleiben, aber manchmal ist das schwer“, gab er zu. „Ich arbeite mit einem Coach, der mir hilft, visualisiert zu denken und positiv zu bleiben. Aber in der Hitze des Gefechts vergisst man das manchmal.“
Sein Leitsatz stammt dabei direkt von seinem Trainer: „Wenn mich jemand schlagen will, muss er sich das verdienen.“ Diese Einstellung half ihm auch gegen Cross. „Rob ist ein fantastischer Spieler, aber er war heute nicht ganz er selbst. Das war meine Chance – und ich habe sie genutzt.“

„Ich wollte eigentlich Golf spielen“ – Unerwarteter Viertelfinalist

Dass Menzies überhaupt noch im Turnier steht, überrascht ihn selbst. „Um ehrlich zu sein, dachte ich, dass ich an diesem Wochenende schon zu Hause wäre“, sagte er mit einem Lachen. „Ich hatte geplant, mit meinem Vater Golf zu spielen – schlechtes Golf, versteht sich. Aber stattdessen stehe ich jetzt im Viertelfinale. Vielleicht sollte ich öfter weniger an mich glauben“, scherzte er.
Nach Siegen über Chris Dobey und Rob Cross ist das Selbstvertrauen des 36-Jährigen gewachsen. „Letztes Jahr habe ich beim Grand Prix kein einziges Leg gewonnen, und jetzt stehe ich unter den letzten Acht. Was für ein Unterschied ein Jahr machen kann.“
Auf seine emotionale Reaktion nach dem Match angesprochen, verwies Menzies auf die Macht der sozialen Medien. „Ich hatte mal einen Witz über meinen Lieblingsverein Rangers gemacht – und der wurde völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Seitdem passe ich etwas auf, was ich sage. Aber ich bin, wie ich bin: ehrlich, emotional, manchmal ein bisschen zu direkt.“
Cameron Menzies (2)
Cameron Menzies in Aktion

Der Schritt in die Vollzeitkarriere

Vor wenigen Monaten wagte Menzies den Sprung ins Profi-Dasein. „Ich habe meinen Job aufgegeben, um mich ganz auf Darts zu konzentrieren“, erzählte er. „Das war eine große Entscheidung. Ich hatte immer Sicherheit, aber irgendwann musste ich es einfach versuchen. Es ist mein Traum, davon leben zu können.“
Ganz ohne Plan B bleibt er aber nicht. „Wenn es schiefgeht, nimmt mich mein alter Chef sicher zurück. Aber jetzt will ich sehen, wie weit ich kommen kann. Das Niveau ist so hoch wie nie – junge Spieler werfen Averages, von denen ich früher nur träumen konnte.“
Mit Blick auf sein Alter fügte er hinzu: „Ich bin 36, also kein Jungspund mehr. Aber Gary Anderson und Peter Wright zeigen, dass man mit Erfahrung noch lange vorne mitspielen kann.“

„Peter Wright bleibt ein großartiger Spieler – und ein noch besserer Mensch“

Über Landsmann Peter Wright sprach Menzies mit Respekt. „Ich finde, Peter hat gezeigt, dass er noch immer das Feuer hat. Er hat etwas Gewicht verloren, und das beeinflusst dein Gleichgewicht und dein Timing. Phil Taylor hatte dasselbe Problem damals. Aber Peter ist ein Champion – und er wird zurückkommen.“

Außenseiterrolle gegen Humphries

Im Viertelfinale trifft Menzies auf Weltmeister Luke Humphries. „Ich bin der Außenseiter, und das gefällt mir“, sagte er selbstbewusst. „Der Druck liegt bei ihm. Letztes Jahr habe ich hier 0:6 verloren – das tat weh. Ich saß danach lange alleine in der Kabine. Dieses Mal ist es anders. Ich habe schon ein Leg gewonnen – und das fühlt sich gut an.“

„Ich lebe meinen Traum – mit allen Entbehrungen“

Das Leben als Profi-Darter ist für Menzies kein leichter Weg. „Die Leute denken, es sei ein Traumleben – und das ist es auch, aber es ist hart“, erklärte er. „Ich bin ständig unterwegs: Leicester, dann Wigan, Hildesheim, Dortmund. Zuhause bin ich manchmal nur zwei Tage.“
Trotz aller Strapazen genießt er jeden Moment. „Ich habe sogar meinen Gaming-Laptop dabei, um im Hotel ein bisschen Peaky Blinders zu schauen“, lachte er. „Aber das ist mein Traum. Ich muss viel opfern, aber ich liebe dieses Spiel.“
Mit seiner Offenheit, seinem Humor und seiner Leidenschaft hat sich Cameron Menzies in Leicester viele Sympathien erspielt. „Ich bin vielleicht nicht der Selbstbewussteste“, sagte er abschließend, „aber wenn ich meinen Tag habe, kann ich jeden schlagen. Und wer mich besiegen will, muss verdammt hart arbeiten.“
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