Nach einer Saison voller Frust und verpasster Chancen hat Conor Scutt am Dienstagabend endlich seinen Moment erlebt. Der Engländer überstand einen nervenaufreibenden Thriller und
sicherte sich den Einzug ins Achtelfinale des Grand Slam of Darts.
In einem Duell, das über sein Turnier und große Teile der Saison entschied, besiegte Scutt den Tschechen
Karel Sedlacek. „Karel ist ein sehr guter Spieler“,
sagte er nach dem Match gegenüber der Presse. „Das letzte Mal hatten wir beide um die 100 im Schnitt, aber er gewann klar, weil er besser gecheckt hat. Diesmal hatte ich das Gefühl, wieder einen Sieg ‚gestohlen‘ zu haben – genau wie gegen Daryl Gurney Anfang der Woche.“
Saison gerettet – Zukunft gesichert
Der
entscheidende Moment kam beim Stand von 4:3, als Scutt 51 Punkte zum Match benötigte. „Mein Manager und meine Frau im Publikum riefen ‚Tops, Tops, Tops!‘, aber ich blieb stur und ging auf die 19. Ich traf 57 – natürlich brillant“, lachte er sarkastisch. „Ich dachte wirklich, ich würde keine weitere Chance mehr bekommen. Zum Glück hatte ich noch einen Dart, um es wieder gutzumachen.“
Steht nach einem durchwachsenen Jahr im Grand-Slam-Achtelfinale: Connor Scutt
Als das entscheidende Doppel fiel, entlud sich Scutts Emotion in einem selten heftigen Jubel. „So bin ich eigentlich nicht“, gab er zu. „Aber dieses Spiel bedeutete mir SO viel. Ich bin nicht bei den Players Championship Finals in Minehead dabei, deshalb war dieses Turnier für mich enorm wichtig. Es rettet meine Saison.“
„Ich habe in dieser Saison einige Chancen liegen lassen“, gestand Scutt offen. „Zu Beginn hatte ich viele schwere Auslosungen. Ich verlor Matches, die ich hätte gewinnen können, und dann wächst der Druck. Aber dieses Ergebnis wirkt Wunder. Meine Tour Card ist erst einmal sicher.“
Scutts Ziele waren klar: die World Darts Championship und die Players Championship Finals. „Eines von beiden habe ich verpasst“, sagte er selbstkritisch. „Aber das ist meine eigene Schuld. Jetzt, wo ich mich für den Ally Pally qualifiziert habe, habe ich das Gefühl, meine Saison doch noch gerettet zu haben.“
„Man kann nicht gleichzeitig nervös und aggressiv sein“
Wie souverän Scutt seine Nerven im Griff hatte, zeigte seine mentale Entwicklung. „Wenn ich nervös bin, versuche ich, das mit Aggression zu überdecken“, erklärte er. „Man kann nicht gleichzeitig ängstlich und wütend sein. Es ist Kampf oder Flucht – und ich entscheide mich zu kämpfen. Gegen Karel hatte ich ein bisschen zu viel Adrenalin, vor allem bei der Triple-19 bei 51 Rest. Da hätte ich klüger sein müssen, aber zum Glück bin ich davongekommen.“
Diese mentale Stärke ist für den
29-Jährigen aus Surrey neu. „Letztes Jahr hätte ich solche Momente wohl nicht überstanden. Jetzt weiß ich, wie ich mich wieder sammeln kann.“
Vom Pechvogel zum Selbstvertrauen
Scutts Jahr war geprägt von unglücklichen Niederlagen. „Ich nenne es ‚Scutt-Glück‘“, sagte er mit einem Schmunzeln. „Ich hatte so viele Spiele, in denen ich über 100 im Schnitt gespielt und trotzdem verloren habe. Gegen Josh Rock warf ich neun 180er und verlor 6:4. Gegen Danny Noppert spielte ich 100 im Schnitt, er 106 – sein bestes Spiel des Jahres. Solche Dinge machen dich verrückt.“
Doch Scutt zieht auch Positives daraus. „Ich weiß, dass ich gut genug bin. Jetzt muss ich nur dafür sorgen, öfter auf der richtigen Seite dieser engen Matches zu stehen. Wenn ich nächstes Jahr ein bisschen konstanter bin, wird alles leichter.“
Nach dem Spiel zeigte sich Scutt auch gegenüber seinem Gegner respektvoll. „Ich habe mich bei Karel entschuldigt, weil ich während des Spiels etwas zu heftig war“, erzählte er. „Ich habe die Darts einmal etwas grob herausgezogen, und er machte eine kurze Pause – das war völlig berechtigt. Karel ist ein unglaublich netter Kerl, und das habe ich ihm auch gesagt. Er hat freundlich reagiert – typisch für ihn.“
Erfahrung und lange Formate zahlen sich aus
Mit dem Einzug ins Achtelfinale wartet nun ein Best-of-19-Match – ein Format, das Scutt liegt. „Ich mag längere Spiele“, sagte er. „Da kann man besser in den Rhythmus kommen. In kurzen Matches kann jeder gewinnen, sogar gegen einen Weltmeister wie Luke Littler. In längeren Spielen setzt sich Qualität eher durch.“
Sein Selbstvertrauen hat gute Gründe: „Mein erstes Best-of-19-Spiel überhaupt habe ich 10:3 gegen Daryl Gurney gewonnen – einen früheren Turniersieger. Gegen Dirk van Duijvenbode habe ich 9:10 verloren, auch ein großes Match. Ich weiß also, dass ich mit den Besten mithalten kann.“
Die Lektion vom letzten Jahr
Scutt hat gelernt, seine Kräfte besser einzuteilen. „Letztes Jahr habe ich hier 0:5 gegen Ross Smith verloren. Das steckte in meinem Kopf. Ich war stundenlang in der Halle, fünf oder sechs Stunden auf den Beinen und habe durchgehend trainiert. Jetzt mache ich es anders. Ich gönne mir Pausen, rede mit meiner Frau und meinem Manager und trainiere manchmal mit
Gary Anderson. Das hat mir heute sehr geholfen.“
Wie stark Anderson beim Training war? Scutt lacht: „Brillant wie immer. Wir spielen oft 121-Spiele, und Gary verpasst kaum etwas. Das hält mich scharf.“
„Kein schlechtes Jahr – nur Pech“
Auch wenn die Ergebnisse im TV nicht immer passten, spürt Scutt, dass seine Form stimmt. „Mein Average ist fast identisch mit dem vom letzten Jahr“, sagte er. „Im Fernsehen sogar etwas höher. Mein Spiel ist gut – nur die Ergebnisse enttäuschend. In der Saisonmitte fehlte mir kurz das Selbstvertrauen, aber das habe ich zurück. Nächstes Jahr will ich das in konstante Resultate umwandeln.“
Sein Ziel ist klar: die Top-32 der Weltrangliste. „Ich weiß, dass ich das schaffen kann“, sagte er entschlossen. „Letztes Jahr hatte ich einen Schnitt von 120 – ohne eine 180 und mit vier verpassten Doppeln. Das zeigt, wie hoch mein Niveau ist. Es geht nur darum, dass alles im richtigen Moment zusammenpasst.“
Mit dem Einzug in die K.o.-Phase blickt Scutt wieder optimistisch nach vorn. „Dieses Ergebnis ändert alles“, betonte er. „Es nimmt mir den Druck, zeigt, dass ich auf diese Bühne gehöre, und gibt mir Selbstvertrauen für den Ally Pally. Ich weiß, was ich kann – und jetzt kann es jeder sehen.“