James Wade zählt zu den konstantesten Spielern seiner Generation – und zu den wenigen Spitzensportlern, die seit Jahren offen über ihre psychischen Probleme sprechen. Seit seiner Diagnose einer bipolaren Störung im Jahr 2009 führt der Engländer einen täglichen Kampf, der sich oft hinter den Kulissen abspielt.
Während andere Dartspieler ihre Erfolge mit Freude feiern, empfindet Wade nach starken Auftritten vor allem eines: Erleichterung. „Stolz ist wahrscheinlich nicht das richtige Wort“, erklärte er der britischen Nachrichtenagentur PA. „Wenn ich gut spiele, hake ich das für mich selbst ab. Es beruhigt mich zu wissen, dass ich es noch kann – aber ich weiß auch, wie sehr ich mir selbst im Weg stehe. Es geht nicht um andere, sondern darum, wie es mir geht.“
Die Diagnose traf ihn ausgerechnet in einer Phase, in der er sportlich durchstartete. Mehrere große Titel machten ihn zur festen Größe im Profi-Darts, doch parallel dazu wurde deutlich, dass der Erfolg auch Schattenseiten hatte. Heute hat Wade gelernt, mit seiner Erkrankung umzugehen – der Alltag als Dartprofi bleibt jedoch eine Belastung: lange Tage, straffe Zeitpläne und ständige Erwartungen.
„Ich finde es wahnsinnig anstrengend, permanent mit Leuten zu sprechen, wie es von mir erwartet wird“, so Wade. „Manchmal will ich einfach nur meine Ruhe haben. Wenn man das aber tagelang durchziehen muss, während man selbst völlig ausgelaugt ist, macht einen das irgendwann fertig.“
Diese Erschöpfung kann, so Wade, schnell in eine Negativspirale führen. „Man fängt an, alles zu hassen – und das kommt oft ganz plötzlich. Neulich hatte ich drei oder vier solcher Tage. Aber dann war ich angeln und kam mit einem Gefühl der Erleichterung zurück.“ Wade weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. „Es hätte auch in einem dieser tiefen, dunklen Täler enden können, in denen man wochenlang festhängt.“
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Kampf für mehr Aufmerksamkeit
Wade engagiert sich seit Jahren als Botschafter für Bipolar UK, eine Organisation, die Betroffene unterstützt. Am 22. August organisiert er ein Benefiz-Dinner, um Spenden für die stark unterfinanzierte Stiftung zu sammeln. Unter den Gästen: Michael Smith, Gerwyn Price, Songwriter Nicky Chinn und TV-Moderatorin Leah Charles-King.
„Bipolar UK ist wahrscheinlich eine der am schlechtesten finanzierten Wohltätigkeitsorganisationen überhaupt“, kritisierte Wade. „Es gibt viele Initiativen, die irgendwo angebunden sind – Bipolar UK aber steht völlig alleine da. Sie bekommen praktisch nichts. Das ist eine Schande.“
Wade weiß um seine Vorbildrolle – auch wenn seine Reichweite begrenzt ist. „Ich habe das Glück, eine kleine Bühne zu haben. Es sind nicht viele Leute, die mir zuhören, aber es sind immerhin ein paar.“
Der Linkshänder hofft, mit seiner Offenheit nicht nur Aufmerksamkeit zu schaffen, sondern auch Leben zu retten. „Wenn wir Menschen sensibilisieren wollen, bitten wir sie, über die Krankheit zu sprechen. So öffnen sich Türen – und mehr Menschen verstehen, worum es wirklich geht. Nicht nur bei der Behandlung, sondern auch beim Umgang mit den Betroffenen.“
Für Wade ist das essenziell. „Das Letzte, was man will, ist, dass jemand wegen eines schlechten Tages mit dieser Krankheit sein Leben beendet. Aber genau das passiert leider viel zu oft.“