Stephen Bunting hat die erste Runde der
Darts WM 2026 im Alexandra Palace mit einem dramatischen Comeback überstanden. Der Weltranglisten-Vierte startete fulminant und schien zunächst das Match zu dominieren, doch sein Gegner
Sebastian Bialecki schaffte es, das Duell noch einmal spannend zu machen. Bunting musste alle seine Erfahrung und mentale Stärke abrufen, um am Ende mit 3:2 zu gewinnen. Nach dem Sieg zeigte sich der Engländer erleichtert, stolz – und ehrlich selbstkritisch.
„Es war absolut nicht der Plan, es mir so schwer zu machen“,
gestand Bunting nach dem Match offen ein. „Ich fühlte mich wohl, hatte die volle Kontrolle – und dann bin ich einfach kurz eingenickt.“ Diese Worte treffen den Kern des Spiels. In den ersten beiden Sätzen spielte „The Bullet“ auf einem Niveau, das kaum zu bremsen schien. Mit einem beeindruckenden Average von 119 im Auftaktsatz überzeugte er mit Präzision und Tempo. „Ich fühlte mich großartig, alles lief“, beschrieb Bunting seinen Start. „Aber Darts ist gnadenlos. Wenn du nur einen Moment nachlässt, wirst du bestraft.“
Von Autopilot zu Überlebensmodus
Als Bialecki auf 2:2 ausglich, wuchs die Spannung im Ally Pally. Bunting selbst gab zu, dass für einen kurzen Moment Unsicherheit in ihm aufkam: „Was mache ich hier?“ Doch statt zu wanken, blieb er stehen – unterstützt von der Erfahrung, die er in zahlreichen großen Matches gesammelt hat. „Vor zwei Jahren hätte ich dieses Match wahrscheinlich verloren“, räumte er ein. „Jetzt konnte ich mich aus diesem Loch ziehen.“
Stephen Bunting besiegte Sebastian Bialecki in der Auftaktrunde der WM Darts 2026
Diese Erfahrung erwies sich im entscheidenden Moment als entscheidender Faktor. „Nicht nur die Erfahrung, auch die Fans“, betonte Bunting. „Die ‚Bunting Army‘ war unglaublich. ‚Let’s go Bunting mental‘, ‚Walking in a Bunting Wonderland‘ – das hörte gar nicht auf. Sie sind wirklich mein zwölfter Mann.“ Das Publikum im Alexandra Palace trug ihn durch die schwierigsten Phasen. „Wenn es mal nicht zu meinen Gunsten läuft, spüre ich diese Unterstützung. Das setzt auch jede Gegnerin und jeden Gegner unter Druck, die hier gegen mich spielen.“
Mit einem Endaverage von 96 war Bunting zufrieden, wusste aber, dass er besser spielen muss. „Von 2:0 so zurückkommen lassen, das darf eigentlich nicht passieren. Aber ich sage es seit Jahren: Das erste Match eines Turniers ist immer das schwerste. Ob hier oder anderswo.“ Die Erleichterung nach dem Abpfiff war groß – vor allem, weil seine Familie im Saal war. „Mein Sohn war dabei, mit einem breiten Grinsen. Das bedeutet mir alles. Ich kann es kaum erwarten, ins Hotel zurückzugehen und das kurz zu feiern. Danach muss der Fokus sofort wieder auf die nächste Runde.“
Selbstkritik und Ambition
Gegenüber Nitin Kumar wartet Bunting in der nächsten Runde auf einen Gegner, der Geschichte schrieb: Kumar ist der erste Inder, der ein WM-Match gewann. Bunting sprach voller Respekt über ihn: „Nitin ist ein fantastischer Spieler. Was er für das indische Darts bedeutet hat, ist außergewöhnlich. Ich kenne ihn seit Jahren, wir haben bereits in Bahrain gegeneinander gespielt.“ Dennoch rechnet Bunting mit einem ganz anderen Match. „Die WM ist einzigartig. Die Atmosphäre, der Druck, alles ist anders. Ich freue mich riesig darauf. Er hatte heute das Publikum hinter sich, aber nächste Woche denke ich, dass der ‚Ally Pally‘ wieder komplett ‚Bunting mental‘ sein wird.“
Auch nach dem Sieg blieb Bunting selbstkritisch: „Ich war zufrieden damit, wie ich begonnen und wie ich beendet habe, aber nicht damit, wie ich ihn zurückkommen ließ. Das muss raus.“ Gleichzeitig sah er das Positive: „Das zeigt, dass ich kämpfen kann. Dass ich Widerstandskraft habe. Das sind Eigenschaften, die man braucht, um Weltmeister zu werden.“
Seine Ambition äußerte er offen: „Ich bin jetzt 40. Es liegen nicht unendlich viele Jahre vor mir. Ich werde alles tun, um diesen Titel zu gewinnen, bevor ich aufhöre.“ Sein Selbstvertrauen ist groß: „Ich bin die Nummer vier der Welt. Ich spiele mit Selbstvertrauen, ich trainiere gut, ich bereite mich professionell vor. Es gibt keinen einzigen Grund, warum ich dieses Turnier nicht gewinnen sollte – solange ich mich selbst scharf halte.“
In der Vorbereitung trainierte Bunting intensiv mit Damon Heta: „Damon ist ein fantastischer Spieler. Diese Einheiten waren Gold wert.“ Mentale Betreuung spielt für ihn eine immer größere Rolle. „Ich arbeite seit drei Jahren mit einem Hypnotiseur. Das hilft mir enorm, vor allem bei Schlaf und Visualisierung.“ Für Bunting ist der mentale Aspekt entscheidend: „Am Anfang visualisierte ich mich mit einer Trophäe. Nicht lange danach gewann ich die Masters. Du musst positiv und fokussiert in ein Match gehen.“
Publikumsliebling mit Mission
Bunting weiß um seine Popularität: „Ich bin ein Champion des Volkes. Was auch passiert, diese Fans stehen hinter mir.“ Er lachte: „Mein YouTube-Kanal kratzt fast an hunderttausend Abonnenten, aber ich bin einfach ein normaler Kerl. Okay, ein bisschen normal.“ Diese Bindung zum Publikum gibt ihm Kraft – auf der großen Bühne wie auch auf der Pro Tour. „Auf dem Floor musst du ohne diese Fanarmee auskommen, aber auch dort spiele ich stark. Ich gehöre zu den besten Spielern auf der Pro Tour und der European Tour. Das habe ich bewiesen.“
Traum von einer Million und Vermächtnis
Die WM 2026 ist die erste, bei der der Sieger eine Million Pfund gewinnt. Doch für Bunting steht nicht das Geld im Vordergrund: „Mir geht es um meine Familie. Ich bin ohne viel Geld aufgewachsen. Wenn ich meiner Familie ein besseres Leben ermöglichen kann, das bedeutet alles.“ Sollte er dieses Jahr gewinnen, würde er sich endlich entspannen können – zumindest für einen Moment. „Aber zuerst: fokussieren, aus diesem Match lernen und dafür sorgen, dass mir das nicht noch einmal passiert.“
Stephen Bunting hat die erste Hürde genommen – mit Blessuren, aber auch mit Überzeugung. Und wie er selbst sagte: „Nach dem ersten Match wird es nur noch leichter.“