Die ersten beiden Runden der
Darts WM 2026 haben eindrucksvoll gezeigt, warum dieses Event einen einzigartigen Platz im internationalen Sportkalender einnimmt. Während die ganz großen Duelle meist erst später im Turnier folgen und sich die Spannung traditionell langsam aufbaut, sorgten diesmal bereits die frühen Runden für Gänsehaut-Momente. Gleich mehrere Partien trieben das Publikum im
Alexandra Palace auf die Stuhlkante.
Fünf Duelle ragten dabei besonders heraus. In ihnen vereinte sich alles, was den Dartsport so faszinierend macht: unerwartete Wendungen, mentale Schlagabtausche, Fehlwürfe in Schlüsselmomenten und spektakuläre Finishes, die die Fans vor Ort – und Millionen Zuschauer vor den Bildschirmen – förmlich explodieren ließen. Von elektrisierenden Entscheidungslegs bis hin zu schockierenden frühen Niederlagen etablierter Namen erzählten diese Spiele jeweils ihre ganz eigene Geschichte.
Alan Soutar – Teemu Harju (3:2): ein mentaler Marathon in fünf Akten
Das Duell zwischen Alan Soutar und Teemu Harju versprach auf dem Papier eine eher ruhige Angelegenheit, entwickelte sich jedoch zu einem der intensivsten und zugleich bizarrsten Matches des Turniers. Soutar legte furios los und entschied die ersten beiden Sätze jeweils klar mit 3:0 für sich. Sein Timing auf die Doppel stimmte perfekt, während Harju sichtlich von der Bühne und der besonderen Atmosphäre im Alexandra Palace beeindruckt war.
Danach folgte eine komplette Kehrtwende. Harju zeigte enorme mentale Stärke und kämpfte sich eindrucksvoll zurück. Mit zwei identischen 3:2-Satzgewinnen glich der Finne zum 2:2 aus. Bei Soutar schlichen sich nun Zweifel ein, der Spielverlauf begann sichtbar an ihm zu nagen. Aus einer scheinbar einseitigen Partie wurde ein mentaler Abnutzungskampf.
Der fünfte Satz lieferte schließlich pures Darts-Drama. Keiner der beiden Spieler wich auch nur einen Zentimeter zurück, jedes Leg fühlte sich wie ein Finale an. Am Ende setzte sich Soutar mit 6:5 durch – nach einem nervenaufreibenden Entscheidungsleg und 15 verpassten Matchdarts. Das Publikum honorierte dieses Duell mit Standing Ovations. Es war Darts in seiner reinsten Form: Spannung, Widerstandskraft und Emotion. Eine Runde später unterlag Soutar allerdings Gian van Veen mit 1:3.
Dirk van Duijvenbode – Andy Baetens (3:2): Kampf gegen sich selbst und den Gegner
Dirk van Duijvenbode steht wie kaum ein anderer für Emotionen und explosive Auftritte auf der Bühne – und genau das zeigte sich auch im Match gegen Andy Baetens. Der Niederländer startete stark und holte sich den ersten Satz mit 3:1. Danach übernahm jedoch Baetens das Kommando. Mit zwei aufeinanderfolgenden 3:1-Satzgewinnen drehte der Belgier die Partie vollständig.
Auffällig war der Kontrast zwischen beiden Akteuren. Während Baetens ruhig und effizient blieb, rang van Duijvenbode sichtbar mit seinen Emotionen. Doch „The Titan“ fing sich rechtzeitig, stabilisierte sich in Satz vier und erzwang den entscheidenden fünften Durchgang.
Dort zeigte van Duijvenbode, warum ihn die Fans so lieben. Mit purer Willenskraft und einigen wichtigen Finishes entschied er den Satz mit 3:1 für sich. Es war kein Spiel der hohen Averages, aber ein Duell voller Charakter und Kampfgeist – und genau deshalb so denkwürdig. Lange konnte van Duijvenbode diesen Erfolg allerdings nicht genießen,
denn eine Runde später schied er nach einer 2:3-Niederlage gegen James Hurrell aus. Andy Baetens wiederum verlor seine PDC Tour Card und muss im neuen Jahr erneut den Weg über die Q-School gehen.
Mike De Decker – David Munyua (2:3): die Sensation der ersten Runde
Kaum eine Partie stand so sinnbildlich für die Unberechenbarkeit der Darts WM wie das Erstrundenduell zwischen Mike De Decker und
David Munyua. De Decker startete souverän,
gewann die ersten beiden Sätze mit 3:1 und 3:2 und schien die Begegnung fest im Griff zu haben. Sein Scoring passte, die Doppel fielen zum richtigen Zeitpunkt.
Doch Munyua, der erste Kenianer in der Geschichte der Darts WM, wehrte sich mit aller Kraft. Der Außenseiter kämpfte sich zurück und gewann Satz drei und vier jeweils mit 3:2. Besonders bitter für De Decker: Im vierten Satz ließ er gleich drei Matchdarts liegen. Die Spannung war nun mit jedem Pfeil greifbar. Während bei De Decker die Nerven zunehmend die Kontrolle übernahmen, wuchs Munyuas Selbstvertrauen sichtlich mit jedem geworfenen Dart.
Im entscheidenden fünften Satz schrieb der Underdog seine unglaubliche Geschichte weiter. Mit einem 3:1-Satzerfolg sorgte Munyua für eine der größten Überraschungen der ersten Runde. Das Publikum feierte die Geschichte eines Spielers ohne große Erwartungen, der sich mit Mut und Entschlossenheit durchsetzte. Munyua, genannt „Why Not“, scheiterte später in Runde zwei nach einer 0:3-Niederlage gegen Kevin Doets.
James Wade – Ricky Evans (2:3): Tempo versus Erfahrung
Das Zweitrundenduell zwischen James Wade und
Ricky Evans lebte vom klaren Stilkontrast. Auf der einen Seite Wade, der erfahrene Routinier mit kontrolliertem Tempo und klinischen Finishes, auf der anderen Evans, der für sein extrem schnelles Spiel und seine energiegeladene Art bekannt ist. Vom ersten Dart an war klar, dass dieses Match etwas Besonderes werden würde.
Evans sicherte sich den ersten Satz mit 3:2, doch Wade antwortete prompt mit einem überzeugenden 3:1 in Satz zwei. Es entwickelte sich ein offener Schlagabtausch. Evans ging erneut in Führung, Wade glich mit einem dominanten 3:0 im vierten Satz aus.
Der fünfte Satz bot alles, was das Dartsherz begehrt: hohe Scores, schnelle Legs und ein brodelndes Publikum. Am Ende setzte Evans mit einem 6:4 den entscheidenden Stich und feierte einen der größten Siege seiner Karriere, für Wade bedeutete es ein frühes Aus. Evans trifft nach Weihnachten in der dritten Runde auf Charlie Manby.
Danny Noppert – Justin Hood (2:3): Das beste Spiel der bisherigen Weltmeisterschaft
Justin Hood gegen
Danny Noppert – wo soll man mit der Erzählung dieses Spiels beginnen?
Es war das zweifellos beste Spiel der bisherigen Weltmeisterschaft. Eines dieser Duelle, das den Fans noch jahrelang im Gedächtnis bleiben wird. Ein wahrer Ally-Pally-Klassiker, ein Darts-Spektakel der ganz besonderen Art.
Dabei begann die Partie zunächst einseitig: Hood sicherte sich die ersten beiden Sätze mit 3:2 und 3:1. Noppert, der im dritten Satz bereits einen Matchdart überlebte, kämpfte sich jedoch zurück und glich mit 3:2- und 3:1-Satzgewinnen zum 2:2 aus. Das Spiel ging in den entscheidenden fünften Satz.
Was sich nun im Ally Pally ereignete, kann einzig mit dem Begriff Drama beschrieben werden: Als Hood beim Stand von 3:2 bei 20 Restpunkten auf weitere Matchdarts wartete, landete „The Freeze“ ein unglaubliches 157er-Checkout zum erneuten Ausgleich. Mit einem spektakulären 156er-Finish holte sich Hood später die 5:4-Führung und wartete ein Leg später bei 88 Restpunkten auf weitere Chancen, den Matchgewinn perfekt zu machen – doch erneut kannte Noppert unter höchstem Druck die perfekte Antwort: Der Niederländer checkte 127 Punkte auf dem Bullseye und schickte das Spiel in ein Sudden-Death-Leg.
Es entwickelte sich ein packendes Kopf-an-Kopf-Rennen, Noppert schien das Scoring hauchdünn auf seiner Seite zu haben. Doch Hood blieb eiskalt: Bei 78 Restpunkten verwandelte er seinen einzigen Dart auf Tops und feierte den größten Sieg seiner Karriere.
Fazit: Eine WM, die sofort Geschichte schrieb
Die ersten beiden Runden der Darts WM 2026 haben eindrucksvoll bewiesen, dass großes Spektakel nicht allein von großen Namen abhängt. Gerade die Mischung aus etablierten Spielern, mutigen Außenseitern und emotionalen Geschichten sorgte für unvergessliche Momente auf der größten Darts-Bühne der Welt. Diese fünf Partien waren eine perfekte Visitenkarte für das Turnier.
Wenn bereits die Anfangsphase ein solches Niveau und eine derartige Spannung bietet, dürfen sich die Dartsfans auf eine Weltmeisterschaft freuen, an die man sich noch lange erinnern wird.