„Ich habe eine Woche lang geweint“ – Lorraine Winstanley über verpasste Chancen, Triumphe und ihre Liebe zum Dartsport

PDC
Dienstag, 05 August 2025 um 13:30
Lorraine Winstanley (2)
Seit mehr als 30 Jahren prägt Lorraine Winstanley den Dartsport, hat große Titel gewonnen und unzählige Spielerinnen inspiriert. Doch ein Moment lässt sie bis heute nicht los.
„Ich war am Boden zerstört. Ich habe eine Woche lang geweint“, erinnert sich Winstanley an ihre Niederlage im Finale der Lakeside World Championship 2019 gegen Mikuru Suzuki. „Das hat mir so viel bedeutet. Es ist das Einzige, was mir in meiner Karriere fehlt. Ich habe mir das Finale bis heute nicht angesehen – ich kann es einfach nicht.“
Beim Tungsten Talk der MODUS Super Series sprach die Engländerin offen über die Höhen und Tiefen ihrer Laufbahn – von ihrem größten Schmerz bis zu den schönsten Erfolgen.

Das Lakeside-Finale, das Narben hinterließ

Als Nummer eins der Setzliste und frisch gebackene World-Masters-Siegerin ging Winstanley 2019 als Favoritin in das legendäre Lakeside-Turnier. Doch Mikuru Suzuki zeigte in ihrem Debüt eine außergewöhnliche Leistung und sicherte sich den Titel.
„Auf dem Papier waren wir ebenbürtig – sie hatte vielleicht einen kleinen Vorteil in den Statistiken, aber nicht viel“, sagt Winstanley. „Ich dachte: ‚Du hast nichts zu verlieren.‘ Doch sie spielte einfach besser.“
Sogar Humor findet sie inzwischen in der Erinnerung: „Ich wollte, dass sie den Neun-Darter wirft. Ich dachte, sie zerfällt dann und ich kann zuschlagen – aber das ist nie passiert.“
Trotz der Niederlage ist sie stolz, Teil dieser Finalgeschichte zu sein: „Es klingt immer noch schön, Weltmeisterschaftsfinalistin genannt zu werden. Deta Hedman, Fallon Sherrock – auch sie haben das Finale erreicht und es nicht gewonnen. Das ist keine schlechte Gesellschaft.“

Vom Pub-Team zur internationalen Bühne

Der Weg nach oben begann für Winstanley nicht in einer Akademie, sondern in einem Pub in Buxton – wo Frauen zunächst gar nicht im Team spielen durften.
„Ich wollte unbedingt dabei sein, aber sie sagten: ‚Wir haben keine Frauen im Team‘“, erinnert sie sich. „Eines Abends fehlte ihnen ein Spieler, und ich sagte: ‚Wenn ich gewinne, schmeißt ihr mich nicht raus.‘ Sie dachten nicht, dass ich es schaffe – aber ich gewann.“
Von dort führte der Weg über die Super League und County Darts bis hin zu internationalen Turnieren. „Damals gab es nicht viele Frauen, aber wir wollten einfach spielen. Es hat sich so entwickelt.“

Weltmeisterin der Masters und Nummer eins der Welt

Der größte Erfolg ihrer Karriere war der Titel bei den World Masters 2017.
„Ich erinnere mich, wie schwer die Trophäe war. Sie sagten: ‚Hebe sie hoch‘, und ich schaffte es kaum“, lacht sie. „Als ich ‚Game shot and the match hörte, dachte ich nur: ‚Oh mein Gott, ich habe gerade das Masters gewonnen.‘ Das war definitiv ein Karriere-Highlight.“
Ratajski Winstanley
Lorraine Winstanleys schönster Moment kam im Jahr 2017
Kurz darauf erreichte Winstanley Platz eins der Frauen-Weltrangliste – ein Ziel, das sie nie aktiv verfolgt hatte. „Ich setze mir lieber erreichbare Ziele. Als ich es dann wurde, war es ein Bonus. Ich war dort, ich habe das geschafft – darauf bin ich stolz.“

Magie von Lakeside und Inspiration durch Trina Gulliver

Trotz zahlreicher Erfolge hat für Winstanley ein Ort im Dartsport bis heute eine besondere Bedeutung: Lakeside.
„Schon bei der ersten Einfahrt bekam ich Gänsehaut. Es fühlte sich jedes Jahr wie eine Heimkehr an. Keine Bühne ist wie diese – sie kann dich groß machen oder brechen.“
Inspiriert wurde sie einst von Trina Gulliver, die sie im Fernsehen sah: „Ich dachte mir: ‚Das kann ich auch, eines Tages will ich dort spielen.‘ Und irgendwann stand ich selbst dort – sogar im Finale.“

Nachwuchsarbeit und Mentoring bei Target Darts

Heute gibt Winstanley ihr Wissen auch an die nächste Generation weiter. Bei Target Darts leitet sie das Elite-1-Programm und unterstützt den Aufbau von Jugendakademien.
„Es macht mich stolz, junge Talente wachsen zu sehen. Sie sind die Zukunft des Sports“, sagt sie. Den Einfluss von Luke Littler beschreibt sie als revolutionär: „Er hat den Dartsport für junge Menschen cool gemacht – ähnlich wie Fallon es für Frauen tat. Wenn ich auch nur einen kleinen Teil zur Entwicklung eines Spielers beigetragen habe, ist das großartig.“

Ungebrochene Leidenschaft für die Bühne

Obwohl sie weniger Turniere spielt, ist ihr Ehrgeiz ungebrochen. Zum Zeitpunkt des Interviews kämpfte sie noch um den letzten Platz beim Women’s World Matchplay – und schaffte letztlich die Qualifikation.
„Ich trainiere hart und gebe alles. Danach sehen wir weiter“, erklärte sie.
Vor allem die MODUS Super Series bleibt für sie ein Highlight: „Ich komme immer gerne hierher. Es zeigt, wie stark Frauendarts inzwischen ist. Ich spiele vielleicht nicht jede Woche, aber wenn der Anruf kommt, sage ich immer Ja. Ich genieße jede Minute.“
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