Michael van Gerwen hat in der ersten Runde des World Matchplay 2025 nicht nur sportlich eine Herausforderung gemeistert, sondern auch persönlich schwere Lasten getragen. Nach seinem hart erkämpften Auftaktsieg gegen Raymond van Barneveld sprach der dreifache Champion im Rahmen einer Pressekonferenz gegenüber Dartsnews.de offen über eine emotionale Phase in seinem Leben – und darüber, wie ihm seine Tochter Kraft spendet.
„Wir haben morgen einen freien Tag. Ich kann abschalten, Zeit mit meiner Tochter verbringen – sie ist zum ersten Mal mit mir hier, und das genieße ich sehr“, sagte der 36-Jährige. Dieser Moment bedeute ihm viel, denn privat steht van Gerwen vor großen Veränderungen.
Familiäre Rückschläge und neue Perspektiven
Der Niederländer schilderte bewegend, dass bei seinem Vater kürzlich Krebs diagnostiziert wurde und er sich mitten in einer Scheidung befindet. Die Anwesenheit seiner Tochter in Blackpool gibt ihm in dieser Zeit Rückhalt: „Mein Vater wurde operiert – er hatte letzte Woche Krebs. Deshalb spiele ich heute. Ich stecke mitten in einer Scheidung. Ich habe meine Tochter mitgebracht, um mir selbst etwas zu geben. Aber ich fühle mich gut. Ich bin ruhiger geworden und glaube, dass ich jetzt wieder Schritte nach vorne machen kann.“
Ein holpriger, aber erfolgreicher Start: Michael van Gerwen zog am Montagabend gegen Raymond van Barneveld ins Matchplay-Achtelfinale ein
Trotz einer durchwachsenen Leistung gegen seinen Landsmann – van Gerwen verpasste zahlreiche Doppel und verspielte zwischenzeitlich eine klare Führung – zeigte er sich mit seinem kämpferischen Finish zufrieden: „Die ersten Runden bei großen Turnieren sind immer hart. Ich hoffe, dass wir beim nächsten Spiel eine etwas entspanntere Version von mir sehen – das wäre gut.“
Van Gerwen gestand ein, dass der fehlende Turnierrhythmus der vergangenen Monate eine Rolle gespielt habe. Dennoch arbeite er hart daran, wieder auf Spitzenniveau zu kommen. „Ich versuche, jeden Tag eine Stunde oder anderthalb zu trainieren. Aber es geht nicht nur ums Üben. Es geht darum, wie man denkt, wie man handelt, welche Energie man ausstrahlt – es ist ein Gesamtpaket.“
„Meine Prioritäten haben sich mit der Geburt meiner Kinder verändert“
Angesichts der jüngsten Ereignisse stellte van Gerwen klar, dass sich seine Werte verschoben haben – nicht erst jetzt, sondern schon länger: „Meine Prioritäten haben sich in dem Moment geändert, als meine Kinder geboren wurden. Die Leute können sagen, was sie wollen – das ist eine Tatsache. Für mich stehen sie an erster Stelle.“
Die letzten Monate haben ihren Tribut gefordert. Dennoch bleibt van Gerwen zuversichtlich, dass er – wie so oft – mit jedem Match stärker wird. „Für mich ist das ein Langzeitprojekt. Seit Mai letzten Jahres ist viel passiert – nicht gerade das Schönste. Aber so ist das Leben. Man muss versuchen, das Beste daraus zu machen und die Balance zu finden.“
Kein Hype um Barneveld – Fokus liegt auf dem Jetzt
In Runde zwei wartet mit Josh Rock der nächste Prüfstein. Van Gerwen nimmt die Partie nüchtern und mit klarem Ziel in Angriff. „Das ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Ich muss jetzt einfach Spiele auf hohem Niveau gewinnen. Dann entwickelt sich der Rest von selbst.“
Auch seinem Erstrunden-Duell gegen Raymond van Barneveld – einst eine der größten Rivalitäten des Sports – misst er heute weniger emotionale Bedeutung bei. „Sie wollen den Hype. Aber wenn man sich die Fakten ansieht, ist es kein Hype“, so van Gerwen. „Ich verstehe das – was Raymond für den Dartsport getan hat, ist unglaublich. Aber der Sport geht weiter. Für niemanden bleibt er stehen – nicht für mich, nicht für Phil Taylor, für absolut niemanden.“
Die Teilnahme in Blackpool bedeutet für den Niederländer in diesem Jahr weit mehr als nur sportliche Ambitionen. Es ist der Versuch, in einer neuen Lebensphase Stabilität zu finden – und das trotz aller Umbrüche. „Wenn etwas kommt, kommt oft alles auf einmal“, sagte van Gerwen. „Aber so ist das Leben eben.“