„Ich habe nie daran gezweifelt, dass ich in diesem Alter noch spielen würde“ – Paul Lim schreibt mit 71 Jahren WM-Geschichte

PDC
durch Nic Gayer
Montag, 22 Dezember 2025 um 17:00
Paul Lim (1)
Paul Lim ist es inzwischen gewohnt, Geschichte zu schreiben. Mit seinem Sieg über Jeffrey de Graaf in der ersten Runde der Darts WM 2026 hat der 71-jährige Singapurer seiner außergewöhnlichen Karriere ein weiteres, einzigartiges Kapitel hinzugefügt. Lim ist damit der älteste Spieler überhaupt, der ein Match bei einer PDC Weltmeisterschaft gewinnen konnte.
Fast 36 Jahre nach seinem legendären 9-Darter – dem ersten überhaupt bei einer Weltmeisterschaft – steht sein Name noch immer zwischen den großen Figuren dieses Sports. An ein Karriereende hat Lim dabei nie gedacht. „Ich habe nie daran gezweifelt, dass ich in diesem Alter noch spielen würde“, sagte er nach seinem historischen Erfolg gegenüber BBC Sport. „Meine Leidenschaft für meine Darts-Karriere und für den Sport selbst war immer da. Ich habe es immer genossen.“

Leidenschaft als Motor einer außergewöhnlichen Karriere

Für Lim ist genau diese Leidenschaft der Schlüssel zu seiner langen Laufbahn. „Diese Leidenschaft sorgt dafür, dass ich weiterspielen, weiter trainieren und mich weiter auf einem Niveau engagieren will, von dem ich denke, dass ich sogar noch besser werden kann“, erklärte er. „Darts ist kein Sport, in dem man extrem kräftig sein muss. Man muss vor allem gesund bleiben. Die Lebensdauer einer Darts-Karriere kann dadurch viel länger sein als in vielen anderen Sportarten.“
Bereits 1982 stand Lim erstmals auf einer WM-Bühne. Über die Asian Tour qualifizierte er sich in diesem Jahr erneut für die PDC-Weltmeisterschaft – seine erste Teilnahme seit 2022. Im vergangenen Jahr verpasste er die Qualifikation nur knapp, nahm jedoch an der WDF-WM im Lakeside teil. Dort erreichte er mit siebzig Jahren sensationell das Finale, ausgerechnet auf jener Bühne, auf der er 1990 seinen berühmten 9-Darter warf.
Sein Blick auf den Wettbewerb hat sich im Laufe der Jahrzehnte deutlich verändert. „Zu Beginn meiner Karriere hatte ich das Gefühl, alles zu verlieren zu haben“, sagte Lim. „Jetzt will ich vor allem dabei sein und gut spielen. Wenn ich gewinne, gewinne ich. Wenn ich verliere, dann ist das so. Es ist eine Situation ohne echte Verlierer.“
Für Lim steht heute vor allem der Wettkampf im Mittelpunkt. „Ich will zeigen, dass ich noch mithalten kann, der Welt und mir selbst beweisen, dass ich diesen Sport noch immer liebe.“

Der Moment, der alles veränderte

Trotz zahlreicher Rekorde bleibt Lim untrennbar mit einem Moment verbunden: dem ersten perfekten Leg bei einer Weltmeisterschaft im Jahr 1990 gegen Jack McKenna. Dieser 9-Darter brachte ihm damals 52.000 Pfund ein – mehr Preisgeld, als Weltmeister Phil Taylor in jenem Jahr erhielt.
„Trotzdem war dieses Geld überhaupt nicht in meinem Kopf“, erinnerte sich Lim. „Hätte ich daran gedacht, hätte ich wahrscheinlich den letzten Pfeil verpasst. Ich wusste, dass ich auf dem Weg zu einem 9-Darter war, aber mein Rhythmus änderte sich nicht. Ich hielt nicht an, ich machte weiter, und es ging gut aus.“
Dieser Moment hatte nachhaltige Auswirkungen. „Es war ein großartiger Moment und er hat mein Leben verändert“, sagte Lim. Mit dem Preisgeld gründete er ein eigenes Unternehmen und verschaffte sich damit finanzielle Sicherheit außerhalb des Sports.
Angesichts der heutigen Dimensionen reagiert Lim nüchtern auf das aktuelle WM-Preisgeld von einer Million Pfund. „Das Erste, was ich tun würde, ist, für meine Kinder und meine Enkel zu sorgen“, erklärte er. „Dieses Geld würde ich für sie zurücklegen. Vielleicht behalte ich etwas für mich, aber ich glaube nicht, dass ich in meinem Alter eine Million brauche.“

Ein asiatischer Weltmeister?

Lim sieht seine Rolle längst nicht mehr nur über seine eigenen Ergebnisse definiert. Er beobachtet das Wachstum des Dartsports in Asien mit großer Überzeugung. „Vor zehn Jahren kannten in Hongkong vielleicht zwei Prozent der Menschen Darts“, sagte er. „Jetzt siehst du Spieler aus Hongkong, Singapur, Malaysia und Japan. In Japan weiß praktisch jeder, was Darts ist.“
Mit dieser Entwicklung wächst aus seiner Sicht auch der Ehrgeiz. „Es wird etwas, bei dem Spieler auf einer großen Bühne stehen wollen, für ihr Land und für einen Weltmeistertitel.“ Die Frage nach einem asiatischen Weltmeister beantwortet Lim selbstbewusst: „Innerhalb von zehn Jahren, denke ich. Es ist eine Frage der Zeit. Wenn du genug Talent entwickelst, kommt automatisch jemand durch, der wirklich außergewöhnlich gut ist.“

Wiedersehen mit Luke Humphries

In der zweiten Runde trifft Lim auf die Nummer zwei der Welt und Ex-Weltmeister Luke Humphries. Bereits bei der WM 2021 standen sich beide gegenüber, damals gewann Lim überraschend mit 3:2. Humphries erklärte später, diese Niederlage habe einen Wendepunkt in seiner Karriere markiert.
„Dass er das sagt, ist wirklich ein Kompliment für mich“, reagierte Lim. „Ich habe nie etwas Schlechtes über Luke zu sagen. Er ist ein Champion mit viel Demut.“
Für Lim steckt in jedem Ergebnis eine Lehre. „Bei jedem Sieg oder jeder Niederlage steckt irgendwo ein Funke. Man muss ihn finden und in die richtige Richtung lenken. Ich kann nicht sagen, dass dieses Match ihn zum Weltmeister gemacht hat, aber vielleicht hat es etwas in Gang gesetzt.“
Sein Fazit über Humphries fällt eindeutig aus. „Er war damals schon gut, aber jetzt ist er großartig“, sagte Lim abschließend. „Es ist eine Ehre, dass er mich eine Legende nennt.“
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