„Wenn es in der nächsten Runde nicht klappt, werfe ich ihn eben danach“ – Andrew Gilding glaubt an einen 9-Darter bei der Darts WM

PDC
Sonntag, 21 Dezember 2025 um 16:30
Andrew Gilding (1)
Nach seinem 3:1-Sieg gegen Chris Dobey sprach Andrew Gilding mit einer Mischung aus Verwunderung, Zufriedenheit und Bodenständigkeit zur Presse. In der zweiten Runde der Darts WM lieferte der Engländer womöglich seinen bislang besten Auftritt auf der Bühne des Alexandra Palace ab, gegen einen Gegner von allerhöchstem Niveau.
„Ein klein wenig eine Überraschung, ehrlich gesagt“, gab er direkt nach dem Spiel zu. „Ich wusste, dass ich ein richtig hartes Match gegen Chris bekommen würde, er steht nicht umsonst in den Top Acht der Welt. Also bin ich mehr als glücklich damit.“ Dass dieser Sieg mit seinem höchsten WM-Average überhaupt einherging, machte es für Gilding besonders. „Ja, natürlich. Absolut“, sagte er sichtbar stolz.
Die WM-Bühne war für Gilding jahrelang kein Ort des Durchbruchs. Er kam nie weiter als unter die letzten 32, doch die Form, in der er sich nun präsentiert, gibt Anlass zu vorsichtigem Optimismus. „Ja, ich bin schon ein bisschen selbstbewusst“, sagte er mit einem Lächeln. „Aber man weiß nie, was passiert. Nach Weihnachten kommt noch eine Menge Truthahn in meinen Magen, also wer weiß, was das bewirkt“, witzelte er.
In der nächsten Runde wartet ein Duell mit Luke Woodhouse oder Max Hopp. Auch darüber blieb Gilding nüchtern. „Ich kann mich an meine jüngsten Ergebnisse gegen die beiden nicht einmal genau erinnern. Meines Wissens liege ich vorne“, sagte er. „Max ist natürlich ein enormes Talent, Luke ist dagegen sehr konstant. Ich denke, da liegt nicht viel zwischen ihnen.“
Auffällig ist, dass Gilding offen über seine Jagd nach einem Neundarter sprach. Etwas, aus dem er selbst kein Geheimnis macht. „Ja, ich habe jetzt wieder eine Chance, in der nächsten Runde einen zu werfen“, sagte er. „Und wenn es dann nicht klappt, dann nehme ich ihn eben danach mit.“ Das an eine perfekte Leg gekoppelte Preisgeld spielt seiner Ansicht nach durchaus eine Rolle. „Ein Teil geht ans Publikum, ein Teil an wohltätige Zwecke und ein Teil an mich“, lachte er. „Aber wenn man sich zu sehr mit einem Neundarter beschäftigt, muss man ohnehin gut spielen, um überhaupt in diese Position zu kommen.“
Weihnachten kann Gilding jedenfalls entspannt entgegensehen. „Es wird auf jeden Fall ein schönes Weihnachtsfest“, sagte er. „Ich werde einfach so viel essen, wie ich kann.“ Wichtiger noch: Er bleibt im Turnier. Und das nährt auch die Frage, ob er, wie Dobey, irgendwann wieder an die absolute Weltspitze heranrücken kann. „Das weiß ich bei mir selbst nie so recht“, blieb Gilding ehrlich. „Meine Form ist über die Jahre auf und ab gegangen. Ich versuche einfach, smarter zu trainieren und mich besser zu dosieren.“
Diese Dosierung erweist sich als Schlüssel zu seiner aktuellen Form. Wo Gilding früher täglich stundenlang trainierte, hat er im letzten Monat bewusst Tempo herausgenommen. „Früher habe ich ein paar Stunden am Tag trainiert“, erklärte er. „Jetzt sind es etwa 45 Minuten.“ Diese Entscheidung war wohlüberlegt. „Ich habe dieses Jahr fast alle European Tour-Turniere gespielt. Es war ein sehr volles Jahr und mein Arm hat das gespürt.“
Die Realität eines Körpers, der älter wird, spielt dabei mit hinein. „Ich trage jetzt eine Ellbogenstütze und verwende Ibuprofen-Gel“, berichtete er offen. „Wenn man etwas älter wird, kann man einfach nicht mehr sieben oder acht Stunden am Tag trainieren. Ich kann das jedenfalls nicht.“ Der Effekt scheint jedoch positiv. „Es scheint sich auszuzahlen“, schloss er trocken.
Dass Gilding seine größten Erfolge erst später in seiner Karriere feiert, macht seine Geschichte umso bemerkenswerter. „Ich bin eigentlich froh, dass es später gekommen ist“, sagte er. „Meines Wissens bin ich immer noch der älteste Spieler, der sein erstes Major gewonnen hat.“ Dabei verwies er auf andere Ausnahmen in der Dartswelt wie Paul Lim und Phil Taylor, ohne sich selbst in diese Reihe stellen zu wollen.
Er selbst glaubt, dass sein später Durchbruch auch ein Vorteil ist. „Ich war ein Spätstarter, daher habe ich es vielleicht immer noch besser im Griff“, sagte er. „Hätte ich mit 16 oder 17 begonnen, würde es mir heute vielleicht weniger bedeuten.“
Nach zwei bärenstarken Auftritten stellt sich zwangsläufig die Frage, ob er sich inzwischen ‚zu Hause‘ auf der großen WM-Bühne fühlt. Diesen Gedanken wies Gilding resolut von sich. „Nein, das denke ich nie“, sagte er. „Ich glaube nicht, dass es gut ist, mit zu viel Übermut auf diese Bühne zu gehen. Man muss demütig bleiben.“
Seiner Meinung nach ist Konstanz der Schlüssel, etwas, womit er in der Vergangenheit gerade Schwierigkeiten hatte. „Das war eigentlich immer meine Schwäche“, räumte er ein. „Ich hatte einmal eine gute Phase, vor etwa zehn Jahren, mit einem Halbfinale bei der UK Open, und danach fiel ich wieder zurück. Das war vor allem ein Lernprozess.“
Zum Schluss wurde Gilding eine besondere Rolle zugeschrieben: die des Inspirationsquells für ältere Darter. Immer mehr Erwachsene beginnen später mit dem Dartsport, auch dank Vorbildern wie ihm. Sein Rat war simpel, aber kraftvoll. „Es ist nie zu spät“, sagte er. „Das klingt wie ein Klischee, aber ich bin der lebende Beweis, dass es stimmt.“
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