„Als mein Sohn gehänselt wurde, wusste ich: Das muss sich ändern“ – Stephen Buntings Weg zum „People’s Champion“

PDC
durch Nic Gayer
Donnerstag, 11 Dezember 2025 um 11:00
Stephen Bunting (3)
Wer Stephen Bunting im Alltag begegnet, denkt kaum an einen Mann, der das Bild eines Darts-Superstars verkörpert. Er wirkt wie der freundliche Nachbar von nebenan: eine sanfte Stimme, höflich, mit diesem unverkennbaren Liverpool-Akzent. Doch sobald in der Arena die Lichter ausgehen, der Spot ihn trifft und sein Walk-on-Song einsetzt, wandelt sich das Bild komplett. Dann verschwindet der ruhige Stephen – und „The Bullet“ übernimmt die Bühne. Ein Kultheld, der überall für Ekstase sorgt. Oder, wie die Fans es längst nennen: „Bunting mental“.
Bunting, inzwischen Nummer vier der Weltrangliste, startet am Sonntag in das wichtigste Turniers des Jahres: die Darts WM 2026, die heute beginnt und bis zum 3. Januar läuft. Seine Kampagne eröffnet er gegen den Polen Sebastian Bialecki.

Ein Jahr, in dem alles zusammenfand

Das vergangene Jahr stellte für den 40-jährigen Engländer einen weiteren Durchbruch dar. Er gewann sechs Titel in nur zwölf Monaten, stürmte die Weltrangliste hinauf und mischte plötzlich neben Größen wie Luke Littler, Luke Humphries und Michael van Gerwen mit. Doch der Abend, der ihn besonders prägte, liegt im April: sein erster Premier-League-Spieltagssieg – errungen in Berlin.
In der Uber Arena, vor einer entfesselten Menge, gewann Bunting nicht nur Matches, von denen er wochenlang geträumt hatte. Er warf auch einen glänzenden 9-Darter. Bemerkenswert, weil er zuvor in der Premier League Darts kein einziges Spiel gewonnen hatte.
„Es war, als ob alles passte“, sagt er. „Ich hatte wochenlang kein Match gewonnen und fühlte mich niedergeschlagen. Doch im Practice-Room lief alles, und auf der Bühne hat mich das Publikum getragen. Da wusste ich: Das wird mein Abend.“
Die Fans sangen aus voller Kehle „Titanium“, seinen Walk-on-Song, und das ikonische „Let’s Go Bunting Mental“. Die Energie war so überwältigend, dass er den Moment als schönsten seiner Karriere bezeichnet. Nach dem Matchdart warteten draußen rund hundert Fans auf ihn – für ein Foto oder ein Wort. „Das war der Moment, in dem sich alles veränderte“, sagt Bunting heute.

Der „People’s Champion“

Darts lebt von schillernden Persönlichkeiten. Peter Wright mit seinem Irokesen. Steve Beaton mit seinem legendären „Bronzed Adonis“-Spitznamen und -Auftreten. Und dennoch hat ausgerechnet Bunting in den vergangenen Jahren eine Popularität aufgebaut, die ihresgleichen sucht. Nicht durch Extravaganz – sondern durch seine Menschlichkeit.
Er bezeichnet sich gern als „The People’s Champion“. Nicht aus Überheblichkeit, sondern weil er spürt, wie gut seine bodenständige Art ankommt. Seine Offenheit in den sozialen Medien, sein Humor und sein nahbarer Umgang mit den Fans machen ihn zu einer Figur, mit der sich viele identifizieren. Doch kaum etwas löste so viel Begeisterung aus wie sein Wechsel der Walk-on-Musik.

Von „Surfin’ Bird“ zu „Titanium“: Ein längst überfälliger Wandel

Jahrelang lief Bunting zu „Surfin’ Bird“ ein – ein Song, der Darts-Fans sofort an Peter Griffin aus Family Guy erinnerte. Anfangs nahm er die Scherze gelassen, doch irgendwann wurde es zu viel.
„Auf der Straße baten mich Leute, den ‚Bird Dance‘ zu machen“, erzählt er. „Sogar mein Sohn Toby wurde in der Schule damit aufgezogen. Da wusste ich: Das muss anders werden.“
Der neue Walk-on-Song „Titanium“ von Sia wurde ein Volltreffer. Die Fans singen ihn mit voller Kraft – und Bunting fühlt sich mit dem Text tief verbunden. „Die Worte ‚bullet-proof‘ und ‚nothing to lose‘ passen perfekt zu der Mentalität, die man auf der Bühne braucht.“ Inzwischen ist der Song untrennbar mit seiner Identität auf der Tour verknüpft.

Familie über alles

Trotz aller sportlichen Erfolge bleibt Bunting vor allem Familienmensch. Seine Söhne Toby (11) und Theo (1) sind seine ständige Motivation, besonders der ältere sitzt bei seinen Spielen häufig in der Halle. „Wenn er da ist, höre ich ihn über alles hinweg“, sagt Bunting und lacht. „Er fiebert so sehr mit. Das pusht mich enorm.“
Der Alltag eines Dartprofis bringt aber auch Belastungen. Weite Reisen, lange Tage, wenig Zeit zu Hause. „Wenn ich heimkomme, sehe ich, wie schnell sie wachsen. Ich will keinen Moment verpassen. Aber ich weiß, dass ich mit meiner Arbeit für sie sorge. Vielleicht kann sich meine Frau bald eine neue Küche aussuchen“, scherzt er.

Bereit für den Alexandra Palace

Mit seinem vierten Platz auf der Setzliste erwartet Bunting ein anspruchsvoller Weg bei dieser WM. Es ist seine Jagd auf seinen ersten PDC-Weltmeistertitel – über zehn Jahre nach seinem BDO-WM-Triumph 2014.
Wenn am 14. Dezember die ersten Klänge von „Titanium“ durch den Alexandra Palace hallen, betritt „The Bullet“ die Bühne als Spieler, der sich komplett neu erfunden hat. Die Peter-Griffin-Witze sind Vergangenheit. Geblieben ist ein Publikumsliebling – und ein echter Titelkandidat.
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