Brendan Dolan trifft radikale Karriereentscheidung: „Ich werde nie wieder am World Cup of Darts teilnehmen“

PDC
durch Nic Gayer
Donnerstag, 11 Dezember 2025 um 10:30
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Mit der Darts WM 2026 im Alexandra Palace in Sicht steht Brendan Dolan vor einem Turnier, das seine durchwachsene Saison doch noch retten könnte. Der Nordire, seit Jahren eine der konstantesten und unterschätztesten Kräfte auf der PDC-Tour, blickt in einem ausführlichen Gespräch auf zwölf Monate zurück, in denen er vor allem mit sich selbst rang. Technische Zweifel, mentaler Druck, verlorenes Selbstvertrauen – 2025 wurde für Dolan zur Suche nach Balance und innerer Ruhe.
„Es war kein gutes Jahr“, sagt er ohne Umschweife. „Aber mit einem starken Lauf bei der WM könnte ich meine Saison trotzdem retten.“

Eine Saison voller Selbstzweifel

Dolan gehört seit 10 bis 15 Jahren zu den konstantesten Floor-Spielern. Normalerweise lässt er sein Niveau kaum über längere Zeit vermissen. Doch 2025 lief vieles anders – vor allem mental. „Ich merkte, dass ich mental schwach war“, gesteht er. „Nicht so, dass ich Probleme hatte, aber es ging um meinen Ansatz: wie ich in Legs hineinging, wie ich in Momenten reagierte. Ich habe einfach zu viel gedacht.“
Brendan Dolan trifft zum Auftakt der Darts WM 2026 auf Tavis Dudeney
Brendan Dolan trifft zum Auftakt der Darts WM 2026 auf Tavis Dudeney
Diese Überanalyse führte zu Zweifeln an seiner Technik und sogar an seiner vertrauten Wurfroutine. Dolan probierte neues Material, neue Schuhe und ein verändertes Setup, um seine Position am Oche zu stabilisieren. Teilweise half das – gleichzeitig setzte es eine Kettenreaktion neuer Unsicherheiten in Gang.
„Ich fing an, über meinen Wurf nachzudenken … und dann wurde mir klar, dass ich eigentlich auf zwei verschiedene Arten werfe“, erzählt er. „Manchmal geschmeidig und flüssig, manchmal halte ich kurz inne, bevor ich den Pfeil loslasse. Das ist mir nie aufgefallen, bis andere es mir sagten. Als ich versuchte, das zu erzwingen und mich auf eine Art festzulegen, spielte ich meine drei schlechtesten Matches überhaupt auf der Pro Tour. Da habe ich beschlossen: Schluss damit. Ich lasse es los.“
Zusätzlich hatte Dolan im vergangenen Jahr sechs Monate lang mit einer Verletzung zu kämpfen. Als die Saison 2025 begann, wollte er verlorene Zeit aufholen – und setzte sich damit selbst massiv unter Druck. „Ich dachte, ich müsste gewinnen. Alles musste jetzt passieren. Aber im Nachhinein merke ich: Das musste es gar nicht. Ich habe mich das ganze Jahr selbst unter Druck gesetzt.“

Der Schritt zur professionellen mentalen Betreuung

Auf der Suche nach Ruhe wandte sich Dolan erstmals einem Sportpsychologen zu – etwas, das er lange ablehnte. „Ich dachte immer, Sportpsychologen verstünden nichts von Darts. Sie wissen vielleicht, wie ein Fußballteam funktioniert, aber Darts? Nein.“
Doch diese Haltung hielt nicht stand. Dolan erkannte schnell, dass mentale Prinzipien sportübergreifend gelten. „Es geht darum, Emotionen zu kontrollieren, Trigger, positives Denken. Um Fokus im Moment. Das sind Dinge, die jeder Spitzensportler braucht. Ich musste meine Meinung komplett revidieren.“
Die Sitzungen machten ihm klar, dass seine einzige Aufgabe auf der Bühne darin besteht, pro Aufnahme drei Pfeile zu werfen – nicht über Ranking, Form, Erwartungen oder die Meinung anderer nachzudenken. „Du kannst nichts an dem ändern, was bereits geworfen wurde. Du kannst nur die drei Pfeile beeinflussen, die du in diesem Moment in der Hand hast.“
Für Dolan fühlte sich diese Erkenntnis fast befreiend an. „Es ist einfach Wolfram, das du auf ein Board wirfst. Das ist alles. So simpel muss ich es mir machen.“

Nordirischer Erfolg beim World Cup of Darts

2025 stand Dolan zum ersten Mal seit Einführung des World Cup of Darts nicht im nordirischen Team. Und genau in diesem Jahr holten Daryl Gurney und Josh Rock den Titel. „Es war großartig mit anzusehen. Die Leidenschaft der beiden war unglaublich. Aber ich hatte schon entschieden, dass es für mich vorbei ist. Bei diesem Turnier habe ich immer zu sehr gewollt, und das beeinflusste sogar andere Events. Selbst wenn ich die WM gewinnen und erste Wahl fürs Team wäre, würde ich den World Cup nicht mehr spielen.“
Eine bemerkenswerte Aussage – doch Dolan bleibt dabei. „Bei allen Turnieren außer dem World Cup of Darts spiele ich einfach frei auf. Doch in diesem Turnier war ich durch den Druck, den ich mir selbst auferlegte, komplett blockiert.“

Die Zukunft von Josh Rock: „Er wird Titel gewinnen“

Unvermeidlich richtet sich das Gespräch auf Josh Rock, der in rasantem Tempo durch die PDC-Ränge marschiert. Dolan lässt keinen Zweifel daran, wie hoch er den Youngster einschätzt. „Josh hat Zeit, Talent, Drive … alles, was man braucht. Er wird Major-Titel gewinnen, da bin ich mir sicher. Und sobald er in den Top-8 steht, bleibt er dort jahrelang.“
Viele sprechen davon, Rock sei „aus dem Nichts“ gekommen. Für Dolan liegt das vor allem daran, dass der junge Nordire nie auf Jugend- oder Development-Touren spielte und vor seinem Q-School-Durchbruch fast ausschließlich lokal aktiv war. „Er hatte eine gute Phase vor der Q-School, holte sich seine PDC Tour Card und spielte danach immer besser. Und als die Ergebnisse kamen, ging alles schnell.“
Besonders beeindruckt ihn Rocks Vielseitigkeit. „Er war immer stark auf Tops, aber jetzt ist er sowohl ein Tops- als auch ein Doppel-16-Mann. Seine Scoring-Power – gerade mit diesen neuen Darts – hat sich enorm verbessert. Er wirft die 180er leichter. Das hilft natürlich.“

Blick auf den Alexandra Palace

Für Dolan dreht sich jetzt alles um die WM. Das Turnier könnte seine Saison retten – und vielleicht den Neustart einleiten, den er so dringend braucht. „Es geht ums Loslassen. Im Moment spielen. Darauf fokussiere ich mich. Wenn mir das gelingt, kommen die Ergebnisse von allein.“
Und eines weiß die gesamte Dartswelt: Wenn Brendan Dolan in den Flow kommt, wird er gefährlich. Ein motivierter Brendan Dolan erst recht.
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