In der Welt des Dartsports ist der Name Ted Evetts schon seit Jahren ein Synonym für Talent und außergewöhnliches Potenzial. Der ehemalige Juniorenweltmeister und Inhaber von nicht weniger als 14 Titeln auf der Development Tour wurde schon früh als eine feste Größe für die Zukunft der PDC gesehen. Doch die Realität sieht heute anders aus: Evetts spielt nun schon sein zweites Jahr ohne PDC Tour Card. Im Gespräch mit MODUS Super Series blickt der Engländer zurück auf seine Karriere, seine aktuellen Aussichten und die Suche nach der Balance zwischen Spitzensport und einem normalen Leben.
Vom jugendlichen Versprechen zum etablierten Namen
Evetts, liebevoll „Super Ted" genannt, sorgte für Furore, als er schnell zu einem der beständigsten Spieler auf der Development Tour wurde. Seine Erfolge brachten ihm eine PDC Tour Card ein und brachten ihn auf die größte Bühne: die World Darts Championship, wo sein verlorenes Match gegen Fallon Sherrock im Jahr 2019 zu einer weltweiten Nachricht wurde. An dieses Match wird sich oft erinnert, aber Evetts weigert sich, seine Karriere auf dieses eine Duell zu reduzieren.
„Die Leute sagen manchmal, das war die Party, die mich kaputt gemacht hat. Aber das ist nicht wahr. Was mich wirklich getroffen hat, war die Zeit danach. Gerade als ich gut gespielt hatte, wurde es wegen der Corona-Pandemie still. Es gab keine Turniere, keinen Rhythmus. Das war der Moment, der mich aus dem Gleichgewicht gebracht hat."
Acht Jahre lang reiste Evetts ständig zu Turnieren in Barnsley, Wigan oder weiter weg. Das bedeutete, dass er nur selten an Familienfeiern, Geburtstagen und Treffen mit Freunden teilnehmen konnte. Irgendwann forderte das seinen Tribut.
„Ich habe gemerkt, dass ich ab einem bestimmten Punkt keine Lust mehr hatte, nach Wigan oder Barnsley zu fahren. Sobald ich dort war, fand ich es toll, aber die ganze Vorbereitung fühlte sich wie eine Verpflichtung an, anstatt Spaß zu machen. Dann wurde mir klar: Ich muss lernen, wieder Spaß zu haben, auch außerhalb des Dartsports."
Das genießt er jetzt, indem er montagabends mit Freunden in der örtlichen Liga spielt, etwas Golf spielt oder sogar wieder beim Sonntagsfußball einen Ball herumkickt.
Ted Evetts
Wiedergewonnene Lebensfreude
Bemerkenswert ist, dass Evetts nicht verbittert auf den Verlust seiner PDC Tour Card zurückblickt. Im Gegenteil, er erlebt die Zeit als wertvoll.
„Ich möchte auf jeden Fall auf die höchste Ebene zurückkehren, aber ich habe jetzt auch die Möglichkeit, Zeit mit meinen Neffen und Nichten zu verbringen, einfach spazieren zu gehen oder ein Wochenende zu Hause zu verbringen. Das hatte ich vorher nie. Es ist, als ob ich zum ersten Mal richtig durchatmen kann."
Diese neue Sichtweise überträgt sich auch auf sein Spiel. Während er früher tagelang geübt hat, in der Hoffnung, den „Klick-Moment" zu erzwingen, geht er heute entspannter vor.
„Manchmal, wenn man mit Nachdruck danach sucht, kommt der Klick-Moment einfach nicht. Jetzt versuche ich, das Spiel zu umarmen. Wenn ich mein Niveau von 12-, 13- oder 14-Dartern wieder öfter zeige, weiß ich, dass die PDC Tour Card ganz natürlich zurückkommen wird."
Der Druck der Erwartungen
Trotz seiner entspannten Haltung entgeht Evetts nicht dem Druck, der mit seinem Ruf einhergeht. Die Fans und Anhänger erinnern sich an seine beeindruckenden Leistungen und erwarten, dass er immer wieder das gleiche Niveau erreicht.
„Die Leute vergessen, dass Dart kein perfektes Spiel ist. Man kann nicht jede Woche einen 110er Durchschnitt werfen. Es ist ein Sport mit Hochs und Tiefs. Der Trick ist, seinen Average - nicht den Matchaverage, sondern den Karriereaverage - hoch zu halten. Das ist es, woran ich jetzt arbeite."
Sein überraschendes Viertelfinale als Ersatzspieler auf der Pro Tour, in dem er drei Spieler aus den Top-10 schlug, beweist, dass seine Klasse noch immer intakt ist.
Ein wichtiges Thema in dem Gespräch ist die Notwendigkeit, das Leben neben dem Dartsport zu schätzen. Auch Mitspieler wie Michael van Gerwen und Chris Dobey betonen dies. Dobey zieht es vor, über Fußball zu sprechen, van Gerwen über Reisen und Evetts selbst über das Kochen.
„Ich liebe es, in der Küche zu stehen. Risotto ist meine Spezialität, oft mit Kürbis. Und zum Nachtisch mache ich gerne meine eigenen Pralinen - zum Beispiel mit Himbeeren und Prosecco. Dart ist wichtig, aber solche Dinge entspannen mich und machen mich glücklich."
Es zeigt, wie wichtig es ist, als Spitzensportler mehr als nur ein Darter zu sein.
Der Scheideweg
Evetts befindet sich nun an einem Scheideweg, wie er es selbst nennt. Er kann sich entscheiden, das Spiel lockerer anzugehen und darauf zu vertrauen, dass die Beständigkeit zurückkehrt, oder sich wieder voll und ganz auf das Regime der täglichen Praxis zu versteifen.
Seine Antwort ist klar: „Für mich ist es keine Frage, ob ich zurückkehre, sondern wann. Die Qualität ist da. Es geht nur darum, die Beständigkeit zu erhalten. Und wenn das gelingt, dann komme ich zurück."
Schlussfolgerung
Ted Evetts' Geschichte ist eine Geschichte der Relativität, der Beharrlichkeit und der Reife. Wo er einst das junge Versprechen war, das die Dartwelt im Sturm eroberte, ist er jetzt ein Spieler, der weiß, dass das Glück nicht nur vom Dartsport abhängt. Er ist entschlossen, seinen Platz auf der Pro Tour zurückzuerobern, aber er tut dies mit einer breiteren Lebenseinstellung.
Für die Fans mag das gewöhnungsbedürftig sein, aber für Evetts selbst ist es eine Erleichterung: Darts ist nach wie vor seine Leidenschaft, aber das Leben daneben hat mindestens genauso viel an Bedeutung gewonnen.