Adrian Lewis, zweifacher Weltmeister, ist seit über einem Jahrzehnt ein fester Name im Dartsport. Bekannt wurde er für seinen mühelosen Stil, seine häufigen 180er und seine spektakulären Auftritte. In der neuen Serie Murph Meets der MODUS Super Series spricht der 40-Jährige offen über seine Kindheit, seinen sportlichen Durchbruch, den Druck der Erwartungen und seine Entscheidung, sich zeitweise vom Profi-Darts zurückzuziehen.
Lewis wuchs in Newcastle-under-Lyme nahe Stoke-on-Trent auf. „Es war eigentlich eine ziemlich raue Gegend“, erinnert er sich. Dennoch beschreibt er seine Kindheit als normal – mit Fußball, Leichtathletik und vielen anderen Sportarten. Als Teenager wollte er Torwart werden, doch eine Profikarriere erfüllte sich nicht. „Dann kam der Dartsport dazu“, sagt Lewis.
Auch in der Leichtathletik zeigte er Talent. Ohne jemals trainiert zu haben, gewann er einen Hochsprungwettbewerb. „Da ich groß und schlaksig bin, kam das einfach von selbst“, lacht er. Der Weg zum Dartsport war eher Zufall: Nach der Schule arbeitete er auf dem Bau, wo nach Feierabend Darts gespielt wurde. „Die Jungs haben regelmäßig verloren. So hat alles angefangen.“
Sein Talent zeigte sich sofort. Schon in seinem ersten offiziellen Spiel für die Mannschaft seiner Tante schlug er eine 180. Wenig später meldete ihn seine Mutter bei den British Teenage Youth Championships an. Dort traf er auf James Wade – und gewann den Titel. Von diesem Moment an wusste Lewis: Darts ist seine Zukunft.
Ein entscheidender Wendepunkt war die Begegnung mit Phil Taylor. „Ich spielte in der Super League, als Phil bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung auftauchte. Er fragte, ob ich mit ihm trainieren wolle.“ Sechs Monate später rief Taylor an – und damit begann eine prägende Lehrzeit.
Lewis lernte schnell, was professionelles Darts bedeutete. Bereits nach wenigen PDC-Turnieren erreichte er ein Halbfinale. „Da wurde mir klar: Ich kann davon leben.“ Doch die Medien machten ihn sofort zu „Taylors Erben“. Das brachte Druck, aber auch Chancen. „Viele Spieler, die Phil nicht schlagen konnten, versuchten es an mir auszulassen. Doch ich habe einfach mein Spiel gespielt.“
Bei seiner ersten WM 2006 traf er auf Peter Manley, berüchtigt für Psychospielchen. „Er redete während meiner Würfe. Ich dachte, ich könnte einfach von der Bühne gehen.“ Doch statt aufzugeben, wuchs Lewis an dieser Erfahrung – und warf sogar seine erste blinde 180, ein Clip der später auf Youtube viral ging.
2011 feierte Lewis seinen größten Erfolg: den WM-Sieg gegen Gary Anderson. Im Finale warf er den ersten Neun-Darter der WM-Finalgeschichte. „Der Traum eines jeden Spielers“, sagt er. Doch im Spiel blieb keine Zeit für Jubel, da Anderson ständig nachlegte. „Ich musste einfach fokussiert bleiben.“
Ein Jahr später verteidigte er den Titel – trotz einer Achterbahnsaison. Eric Bristow sagte damals zu ihm: „Du hast keine Chance.“ Für Lewis war das ein Weckruf: „Der Killerinstinkt war zurück.“ Besonders legendär bleibt sein Halbfinale gegen James Wade, als er ein 1:5 noch drehte.
Trotz Schlafmangels gewann er das Finale. „Wir kamen morgens um sechs ins Hotel zurück, ich hatte kein Auge zugetan – aber ich habe trotzdem gewonnen.“
Auch nach den WM-Titeln lieferte Lewis große Spiele, etwa beim Grand Slam gegen Taylor oder beim World Matchplay gegen Michael van Gerwen. „Manchmal hatte ich einen 107er-Average und habe trotzdem verloren.“ Die Fans erwarteten, dass er und van Gerwen das nächste Jahrzehnt dominieren würden. Doch persönliche Probleme und Selbstzufriedenheit bremsten ihn.
Hinzu kamen private Belastungen. Seine Frau Sarah leidet an einer chronischen Nierenerkrankung, seine Tochter an Autismus und ADHS. „Manchmal war ich auf einem Turnier und wollte gar nicht dort sein. Da wusste ich: Die Familie steht an erster Stelle.“
Rückzug, Ehrlichkeit und Blick auf die Zukunft
Lewis spricht offen über seine Pausen. „Viele sagen: Verschwendung von Talent. Aber keiner kennt die ganze Geschichte.“ Sein direkter Stil führte oft zu hitzigen Momenten auf der Bühne. „Für mich waren es einfach zwei Jungs, die sich stritten.“
Den Sport verfolgt er dennoch aufmerksam. Besonders Luke Littler beeindruckt ihn: „Sogar mein zwölfjähriger Sohn wird von Luke inspiriert. Genau das braucht der Dartsport.“ Auch die MODUS Super Series lobt er: „Das Niveau ist unglaublich hoch. Einige könnten sofort auf der Pro Tour spielen.“
Eine Rückkehr zur PDC lässt er offen. „Ich habe Barry Hearn gesagt, dass ich keine Freikarten will. Wenn ich zurückkomme, dann über die Q-School.“ Bis dahin genießt er die Freiheit. „Die letzten zwölf Monate mit MODUS waren großartig. Ich hatte so viel Spaß.“
Lewis weiß, dass seine Karriere nicht die Statistiken von Taylor oder van Gerwen aufweist. Aber er brachte Spektakel: zwei WM-Titel, den historischen Neun-Darter und einen Stil, der das Spiel schneller und aufregender machte.
Chris Murphy fasst es am Ende so zusammen: „Adrian, du hast so viel Unterhaltung gebracht. Diese beiden Titel in der Ära von Phil Taylor waren außergewöhnlich.“ Lewis selbst bleibt bescheiden: „Ich habe nie zurückgeblickt. Ich lebe nur für das Heute. Aber wenn man mich als Entertainer in Erinnerung behält, reicht mir das.“