„Früher bin ich um halb fünf aufgestanden, um zu arbeiten, weil ich sonst meine Familie nicht hätte ernähren können“ – warum Rob Cross vor dem Duell mit Luke Littler den Druck klar bei seinem Gegner sieht

PDC
Montag, 29 Dezember 2025 um 14:00
Rob Cross (2)
Rob Cross bewegt sich bei der Darts WM 2026 bislang abseits der großen Schlagzeilen. Während andere Spieler mit spektakulären Averages und emotionalen Jubelszenen die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, erledigt der Weltmeister von 2018 seine Arbeit leise und effektiv. Das eindrucksvolle 4:0 gegen Damon Heta unterstrich diesen Ansatz erneut und brachte Cross souverän in die nächste Turnierphase.
Bemerkenswert: Trotz des klaren Ergebnisses wirkt der Engländer alles andere als euphorisch. Cross betrachtet seine Leistungen kritisch, fast schon streng. „Ich bin froh, dass ich noch dabei bin“, sagte er nach dem Match. „Aber glaub mir: Ich habe mein bestes Spiel noch nicht gezeigt.“

Effizienz statt Glanz – Cross gewinnt auch ohne A-Game

Der Auftritt gegen Heta passte ins bisherige Turnierbild von Cross. Er gab bislang nur einen Satz ab, ohne dabei spielerisch seine Topform zu erreichen. Für ihn ist das kein Grund zur Sorge, sondern eher ein positives Signal. „Manchmal ist es schön, manchmal ist es hässlich“, erklärte er nüchtern. „Wichtig ist, dass du in den entscheidenden Momenten die Kontrolle behältst. Das habe ich heute getan.“
Rob Cross feiert einen Leg-Gewinn
Rob Cross trifft in der vierten Runde auf Luke Littler
Cross verzichtet bewusst auf große Gesten oder markige Ansagen. Statt über Statistiken oder Highlights zu sprechen, richtet er den Fokus auf Stabilität. „Ich habe noch nicht das getroffen, was ich wirklich treffen will“, gab er offen zu. „Aber wenn du trotzdem Matches gewinnst, sagt das einiges aus. Dann machst du offenbar vieles richtig.“
Cross selbst beschreibt seinen Ansatz als „klinisch“. Er trifft nicht alles, aber er trifft genug – und vor allem zur richtigen Zeit. „Ich weiß, dass da noch mehr kommt“, sagte er. „Im Training sehe ich das jeden Tag. Auf der Bühne fehlt aktuell noch das letzte Stück, aber ich bin noch im Turnier. Darauf kommt es an.“
Panik kennt Cross nicht. Selbstkritik ja, Zweifel nein. „Ich fühle mich nicht schlecht, ich fühle mich nicht verloren“, erklärte er mit ruhiger Stimme. „Mein Spiel ist nicht perfekt, aber es bricht auch nicht zusammen.“

Warum Cross die Außenseiterrolle genießt

In der nächsten Runde trifft Cross auf Luke Littler – amtierender Weltmeister, Publikumsliebling und derzeit das Gesicht des Darts. Für viele Spieler wäre diese Aufgabe mit enormem Druck verbunden. Cross sieht das anders. „Der Druck liegt nicht bei mir“, stellte er klar. „Wenn Rob Cross gegen Luke Littler verliert, sagen alle: logisch. Das ist die Erwartung.“
Genau dieses Szenario kommt ihm entgegen. Cross kennt die Rolle des Jägers besser als die des Gejagten. „Ich stand mein ganzes Leben lang auf dem Hinterfuß“, erzählte er. „Früher bin ich um halb fünf aufgestanden, um zu arbeiten, weil ich sonst meine Familie nicht hätte ernähren können. Das formt dich. Verglichen damit ist das hier nur Darts.“
Die Außenseiterposition gibt ihm Freiheit. Ohne Erwartungshaltung von außen spielt er oft sein bestes Darts. „Ich kann befreit auftreten“, sagte er. „Und genau dann werde ich gefährlich.“
Im Gespräch kehrt Cross immer wieder zur Einfachheit zurück. Für ihn wird Darts zu oft zerredet. „Wir machen es manchmal viel zu kompliziert“, meinte er. „Du gehst auf die Bühne, wirfst Pfeile und versuchst, Sätze zu holen. Mehr ist es nicht.“ Diese klare Sichtweise hilft ihm, den Fokus zu behalten.

Vergleiche mit Legenden und der Blick auf Littler

Der Name Luke Littler sorgt zwangsläufig für Vergleiche mit früheren Ausnahmeerscheinungen. Cross hat diese Ära miterlebt – und geprägt. Er schlug Michael van Gerwen und Phil Taylor zu Zeiten, in denen beide das Geschehen dominierten. Entsprechend differenziert ordnet er die aktuelle Diskussion ein. „Michael in absoluter Topform war etwas Einzigartiges“, sagte Cross. „Gegen ihn war nichts selbstverständlich.“
Ohne Littler kleinzureden, bleibt Cross realistisch. „Diese Art von Dominanz haben wir schon gesehen“, erklärte er. „Taylor hatte sie, Van Gerwen hatte sie. Littler ist fantastisch, keine Frage. Aber das Spiel entwickelt sich weiter. In ein paar Jahren spricht man vielleicht über jemand anderen.“
Auffällig ist der Respekt, den Cross für den Umgang Littlers mit der Öffentlichkeit zeigt. „Er hat das viel besser gemacht als ich damals“, gab er zu. „Als ich Weltmeister wurde, änderte sich mein Leben schlagartig. Kameras, Erwartungen, Aufmerksamkeit – das war nicht leicht.“
Bereuen würde er dennoch nichts. „Alles, was ich erlebt habe, hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin“, betonte er. „Du lernst, mit Erfolgen und Rückschlägen umzugehen. Das macht dich widerstandsfähig.“ Diese Erfahrung sieht er als klaren Vorteil im Duell mit Littler.
Selbst äußere Umstände bringen ihn nicht aus der Ruhe. Dass er ausschließlich in der Nachmittagssession spielt, nimmt er mit Humor. „Setz mich hin, wo du willst“, lachte Cross. „In der Halle, im Auto auf dem Parkplatz – es ist mir egal. Es ist mein Job.“ Und diesen Job erledigt Rob Cross bei dieser WM bislang so, wie er es am besten kann: unauffällig, kontrolliert und jederzeit bereit, einen Gang hochzuschalten.
Klatscht 1Besucher 1
loading

Gerade In

Beliebte Nachrichten

Aktuelle Kommentare

Loading