„Genau dafür arbeitet man so hart, ich bin stolz auf mich“ – Damon Heta übersteht Thriller im Alexandra Palace

PDC
Montag, 22 Dezember 2025 um 12:30
Damon Heta (1)
Damon Heta steht bei der Darts WM 2026 in der nächsten Runde – doch der Weg dorthin verlangte ihm alles ab. Der Australier, längst etabliert in der Weltspitze der PDC, überstand eine Partie, die weniger von Glanz als von Widerstandskraft geprägt war. Es ging um Anpassung, mentale Stärke und den Willen, sich auch unter widrigen Umständen nicht aus dem Konzept bringen zu lassen. Am Ende setzte sich Erfahrung gegen einen mutigen Gegner durch.
Nach dem letzten Dart sprach Heta offen wie selten über seine Verfassung. „Ehrlich? Ich bin leer“, sagte er unmittelbar nach dem Match. „Wirklich ein bisschen leer.“ Der 36-Jährige beschrieb ein Spiel, in dem sich nichts leicht anfühlte: wenig Energie, kein konstanter Rhythmus, dazu äußere Bedingungen, die ihm sichtbar zusetzten. Dennoch blieb er standhaft – und belohnte sich mit einem emotionalen Moment, der selbst für seine Verhältnisse außergewöhnlich ausfiel.

Zermürbende Bedingungen auf der Bühne

Heta machte keinen Hehl daraus, dass die Bedingungen im Alexandra Palace eine große Rolle spielten. Der Kontrast zwischen Aufwärmraum und Bühne fiel für ihn extrem aus. „Im Practice-Raum war alles perfekt. Gute Bedingungen, alles fühlte sich gut an“, erklärte er. „Und dann gehst du raus auf die Bühne und es ist, als würdest du eine Ofentür aufziehen.“ Hitze, stehende Luft und sofort schwitzende Hände erschwerten die Kontrolle über den Wurf.
Damon Heta in Aktion auf der Bühne des Alexandra Palace
Damon Heta trifft in der dritten Runde der Darts WM 2026 auf Rob Cross
Gerade für einen Spieler wie Heta, der stark über Rhythmus und Timing kommt, waren das spürbare Einschränkungen. „Du versuchst alles, um ein gutes Gefühl zu bekommen, aber es ist einfach anders“, sagte er. Auffällig: In seinem ersten WM-Match hatte er diese Probleme deutlich weniger wahrgenommen. „Warum das diesmal so war, weiß ich nicht“, meinte er schulterzuckend. „Vielleicht sollte jemand mal ein Fenster öffnen.“
Trotzdem wollte Heta die äußeren Umstände nicht als Erklärung für sein wechselhaftes Spiel gelten lassen. „Wir haben beide unter denselben Bedingungen gespielt. Also zählt das nicht“, stellte er klar. Er zollte seinem Gegner Respekt für konsequentes Scoring und gutes Timing in den entscheidenden Phasen. Auch wenn das Niveau nicht konstant hoch gewesen sei, habe das Match aus seiner Sicht Unterhaltungswert gehabt. „Ich glaube, es war durchaus spannend. Und meine Frau hat zu Hause wahrscheinlich keine Nägel mehr übrig.“

Vom Fehlstart zur mentalen Wende

Ein Blick auf die Zahlen zeigte, wie holprig der Abend begann. Im ersten Satz lag Heta bei einem Average von gerade einmal 73 – für seine Verhältnisse ungewöhnlich niedrig. Doch statt sich davon entmutigen zu lassen, veränderte er seinen Ansatz. „Es war eine Frage der Mentalität“, erklärte er. „Dieser Punkt, an dem du merkst: Das läuft hier nicht von allein.“
Heta erkannte früh, dass er sich nicht auf Automatismen verlassen konnte. „Ich wusste, dass es warm werden könnte, aber ich habe es unterschätzt“, gab er zu. Also zog er die Reißleine. Er reduzierte sein Spiel auf einfache Abläufe, nahm Tempo raus und konzentrierte sich auf saubere Würfe statt auf Perfektion. „Ich musste mein Mindset neu einstellen. Mir sagen: Hör auf zu denken. Wirf einfach.“
Diese Herangehensweise zahlte sich aus. Schritt für Schritt fand Heta zurück in die Partie, stabilisierte sein Scoring und blieb in den entscheidenden Momenten ruhig. Besonders in den engen Legs zeigte sich seine Erfahrung. Am Ende rettete er sich in einen entscheidenden Satz – und dort übernahm er erstmals klar die Kontrolle.

Emotionen nach einem seltenen Kraftakt

Als der letzte Dart saß, brach es aus Heta heraus. Der sonst so kontrollierte Australier jubelte lautstark, ballte die Fäuste und ließ seinen Gefühlen freien Lauf. „Das war wahrscheinlich die größte Celebration, die ich bei mir seit Langem gesehen habe“, hieß es treffend aus seinem Umfeld. Für Heta selbst war es pure Erleichterung. „Ich arbeite extrem hart. Und wenn sich dann eine Chance bietet, musst du sie nutzen.“
Ein Moment blieb ihm besonders im Gedächtnis. Sein Gegner verpasste in einer kritischen Phase zwei Darts auf Doppel – Heta nutzte die Einladung sofort. „Das war so ein inneres ‚Ja!‘“, beschrieb er. „Genau dafür arbeitet man so hart." Der Stolz über das eigene Durchhaltevermögen war ihm anzumerken. „Ich bin wirklich stolz auf mich.“

Zurück zu den vertrauten Darts

Ein Detail rückte bei dieser WM verstärkt in den Fokus: Heta spielt wieder mit seinen ursprünglichen Darts. Diese Entscheidung traf er bewusst nach einer Phase des Experimentierens. „Mit meinem Original-Set habe ich jahrelang gut gespielt“, erklärte er. „Aber natürlich suchst du immer nach kleinen Verbesserungen. Das gehört dazu.“
Die Tests mit anderem Material brachten jedoch nicht den erhofften Fortschritt. „Ich habe solide gespielt, aber nicht auf dem Niveau, das ich mir vorgestellt habe“, sagte Heta. Also zog er Bilanz. Seine besten Statistiken, seine konstantesten Matches – sie alle verband ein Faktor. „Am Ende dachte ich: Warum alles kompliziert machen? Einfach zurück zur Basis.“ Seine Devise formulierte er mit einem Augenzwinkern: „Keep it simple.“
Der Effekt ist für ihn spürbar. Mit vertrautem Material kommt auch das Vertrauen zurück. „Man kann sich mit zu vielen Änderungen komplett verrückt machen“, warnte er. Jetzt fühlt sich sein Spiel wieder klarer an – ein wichtiger Faktor für den weiteren Turnierverlauf.

Australisches Darts gewinnt an Selbstbewusstsein

Heta sprach auch über die Entwicklung des Dartsports in Australien. Der Erfolg seines Landsmanns Joe Comito, den er liebevoll „Skip“ nennt, habe ihn besonders berührt. „Ich war unglaublich stolz“, erzählte er. „Ich saß fast allein vor dem Fernseher und habe geschrien.“
Für Heta ist das kein Zufall. Strukturen wie die ANZ Premier League geben Spielern früh Bühnenerfahrung und bereiten sie auf große Momente vor. „Man lernt dort, mit Druck umzugehen“, erklärte er. Seine Hoffnung: mehr Aufmerksamkeit, mehr Nachwuchs, mehr Perspektiven. „Wir haben in Australien einen riesigen Talentpool.“

Stolz auf Vorbereitung und Widerstandskraft

Statistisch setzte Heta im entscheidenden Satz ein Ausrufezeichen. Er führte dort erstmals im Match und spielte einen Average von über 100. „Darauf bin ich am meisten stolz“, sagte er. „Wenn ich hier rausgegangen wäre, hätte ich mich selbst am härtesten kritisiert.“
Vorbereitung ist für ihn der Schlüssel. „Ich lasse keinen Stein auf dem anderen. Für jedes Turnier“, betonte Heta. Dieses Match mag nicht sein schönstes gewesen sein, doch es bestätigte etwas Grundsätzliches. „Ich weiß, dass ich Charakter habe. Und genau das habe ich heute gezeigt.“

Blick nach vorn: Duell mit Rob Cross

Nach Weihnachten wartet mit Rob Cross eine der größten Aufgaben im Turnier. Heta weiß um die Qualität des Ex-Weltmeisters. „Das wird extrem schwer“, sagte er offen. Gleichzeitig sieht er Ansatzpunkte. „Meine Finishes sind gut, das ist seit Jahren eine Stärke. Und scoren kann ich auch.“
Cross bringe enorme Erfahrung mit, doch genau solche Spiele seien der Grund, warum er Darts auf diesem Niveau spiele. „Er weiß, wie diese Bühne funktioniert“, sagte Heta. „Aber ich bin bereit. Für solche Matches arbeitest du jeden Tag.“
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