Das vergangene Wochenende stand ganz im Zeichen der Czech Darts Open 2025. Dort bewies
Luke Humphries erneut, warum er die Weltrangliste anführt. Obwohl sein Spiel nicht immer sattelfest wirkte, sicherte sich der Engländer den Titel durch einen Finalsieg über Josh Rock. Auch die niederländischen Youngsters setzten ein Ausrufezeichen:
Gian van Veen und
Wessel Nijman beeindruckten einmal mehr, während Michael van Gerwen weiter um seine frühere Dominanz kämpft.
Vincent van der Voort lobte den Erfolg von „Cool Hand Luke“ im Podcast
Darts Draait Door: „Was ich an diesem Sieg clever fand, ist, dass er eigentlich gar nicht so gut gespielt hat ... aber trotzdem die richtigen Dinge in den entscheidenden Momenten machte. Da sieht man, warum er die Nummer eins der Welt ist.“
Humphries: die „anonyme Nummer 1“
Trotz seines Spitzenplatzes bleibt Humphries’ Status umstritten. Van der Voort bezeichnete ihn als vielleicht unscheinbarsten Weltranglistenersten aller Zeiten: „Ich glaube, er ist die anonymste Nummer eins der Welt. Das erinnert mich an Colin Lloyd, der an der Spitze stand, während jeder wusste, dass Taylor eigentlich der Beste war. Bei Humphries geht es nun oft um Littler. Der Hype dreht sich um ihn, und dabei vergisst man fast, dass Humphries die eigentliche Nummer eins ist.“
Dieses Bild zeigt, wie sehr sich die Dartwelt verändert hat. Während Michael van Gerwen jahrelang unangefochten dominierte, muss Humphries seinen Platz an der Spitze immer wieder im Schatten des jungen Superstars
Luke Littler verteidigen. Trotzdem triumphierte er im Finale gegen Rock in Prag – nachdem er im Halbfinale nur knapp gegen Nijman durchkam.
„Nijman hätte dieses Match einfach gewinnen können“, sagte van der Voort. „Er hat Matchdarts verpasst, und das ist ärgerlich. Aber wenn man sich dann durchsetzt und es trotzdem gewinnt, beweist man, dass man aus dem richtigen Holz geschnitzt ist.“
Josh Rock und die neue Generation
Josh Rock bestätigte mit seiner zweiten Finalteilnahme in Folge seinen Aufstieg. Auch wenn er beide Endspiele verlor, deutet vieles darauf hin, dass der Nordire bald seinen ersten großen Titel holt. „Er empfiehlt sich gerade für einen Platz in der Premier League im nächsten Jahr“, betonte van der Voort.
Die Zukunft des Sports prägen jedoch nicht nur Rock und Littler. Besonders die Niederländer Nijman und Van Veen entwickeln sich rasant weiter. Van Veen erreichte am Wochenende sogar das Halbfinale und schaltete in der Runde zuvor keinen Geringeren als Gerwyn Price mit 6:0 aus.
„Price spielte einen Average von 104 und bekam trotzdem kein Leg. Van Veen verfehlte nichts, jedes Finish saß. Das ist beeindruckend und zeigt, wie schnell er reift“, analysierte van der Voort. Sein Co-Moderator Damian Vlottes ergänzte: „Es macht wirklich Spaß mit dieser jungen Garde: Humphries, Rock, Littler, Van Veen, Nijman ... eine neue Generation, die den Sport in den kommenden Jahren prägen wird.“
Van Gerwen blitzt auf, bleibt aber unbeständig
Michael van Gerwen bleibt ein Rätsel. Er startete stark ins Turnier, fegte Mike De Decker mit 6:0 und einem Average von über 112 vom Board. Der Eindruck, der „alte MvG“ sei zurück, verflog jedoch schnell. In der nächsten Runde brachte er nur einen 89er Average zustande und musste sich Rock geschlagen geben.
„In einem Spiel kann er noch fantastisch werfen. Aber dann fällt er auf einen 90er Average zurück – das sind über 20 Punkte weniger“, erklärte van der Voort. „Er kann immer noch Titel angreifen, aber er schafft es nicht, das ein ganzes Turnier lang durchzuhalten.“
Besonders ins Auge fällt für van der Voort die veränderte Körpersprache: „Früher betrat er die Bühne, um Gegner zu vernichten und dem Publikum 170er und 9-Darter zu zeigen. Jetzt geht es nur noch ums Geschäft. Der Eifer und die Energie scheinen abgenommen zu haben.“
Vlottes fragte, wie van Gerwen das Blatt wenden könne. Van der Voort antwortete: „Es ist vor allem mental. Wenn man nicht in Form ist, ist es schwierig. Aber man sieht, dass er es noch kann. Er muss diesen Hunger wiederfinden – die Einstellung, dass nur der Sieg zählt.“
Littler gegen van Veen – das Duell der Young Guns
Ein Highlight des Turniers war das Aufeinandertreffen von Luke Littler und Gian van Veen. Littler musste sich erneut geschlagen geben, sodass die direkte Bilanz nun 3:1 für Van Veen spricht. Van der Voort führte das auch auf ihre gemeinsame Vergangenheit zurück: „Die drei – Littler, Nijman und van Veen – haben die Development Tour dominiert. Gegen Gleichaltrige ist es schwieriger. Das hat man auch bei Nijman gesehen, der oft gegen Littler gewonnen hat. Diese mentale Komponente spielt eine Rolle.“
Bemerkenswert ist, dass Littler trotz seiner beeindruckenden Serie bei den Senioren gerade gegen Gleichaltrige Probleme hat. „Wenn dich jemand fünf-, sechsmal hintereinander erwischt, gehst du mit einem anderen Gefühl ins Match“, so van der Voort.
Die Entwicklung von Nijman und van Veen
Sowohl Nijman als auch van Veen machen aktuell große Fortschritte. Nijman zeigte gegen Humphries, dass er auf höchstem Niveau mithalten kann – auch wenn er knapp scheiterte. Van der Voort sieht dennoch enormes Potenzial: „Jeder Pfeil liegt eng am Triple. Er spielt einfach stark. Wenn man so ein Match holt, kann man ein Finale erreichen. Aber diese Chancen bekommt man nicht jede Woche. Es ist schade, aber ein Zeichen, dass er kommt.“
Van der Voort betont vor allem seine mentale Entwicklung: „Wenn er letztes Jahr schlecht startete, war das Match gelaufen. Jetzt kann er das drehen. Das macht es schwerer, ihn zu schlagen. Er wird jedes Jahr besser.“
Die Frage nach den besten Niederländern gewinnt an Bedeutung. Vlottes stellte van der Voort die Frage: Sind es weiterhin van Gerwen und Noppert – oder doch die junge Garde? Die Antwort war eindeutig: „Im Moment sind Nijman und van Veen die besten Niederländer. Mit Noppert und Van Duivenbode direkt dahinter. Aber was Eindruck und Entwicklung angeht, stechen diese beiden heraus.“
Damit deutet sich ein Generationswechsel im niederländischen Darts an – ein bemerkenswerter Wandel nach Jahren der Vorherrschaft von van Gerwen.
Kritik am System der European Tour
Zum Abschluss ging es auch um die Struktur der Euro Tour. Gerade Spieler wie van Veen haben es schwer, da sie oft schon in Runde eins antreten müssen, während etablierte Namen geschützt werden.
„Das System schützt die Spitze“, kritisierte van der Voort. „Man muss unter die Top-16 der Welt kommen, um eine feste Größe zu sein. Ansonsten startet man jedes Mal in Runde eins – und das macht es viel schwieriger.“
Vlottes erinnerte daran, dass im Vorjahr die Pro-Tour-Rangliste für die Platzierungen ausschlaggebend war – ein aus seiner Sicht faireres System. Am Ende waren sich beide einig, dass die Interessen der Premier-League-Spieler den Ausschlag geben: „Es ist so eingerichtet, dass die Premier-League-Spieler freitags nicht antreten müssen. Darauf läuft es hinaus“, schloss van der Voort.