„Ich spiele besser gegen bessere Spieler“ – Charlie Manby selbstbewusst vor dem Darts-WM-Achtelfinale gegen Gian van Veen

PDC
Dienstag, 30 Dezember 2025 um 9:00
Charlie Manby (1)
Der Traumlauf von Charlie Manby bei der Darts WM 2026 geht weiter. Der 20-jährige Engländer hat sich bei seinem Debüt auf der größten Bühne der Dartswelt nach einem starken 4:2 gegen Ricky Evans für das Achtelfinale qualifiziert. Was als vielversprechendes Abenteuer begann, ist inzwischen zu einer der meistdiskutierten Geschichten des Turniers geworden. Manby zeigte nicht nur Scoring-Power, sondern vor allem mentale Widerstandsfähigkeit, Reife und Spielintelligenz — Eigenschaften, die ihn nun nur noch einen Sieg von einer begehrten PDC Tour Card entfernt bringen.

Vom Rückstand zur Kontrolle

Das Match gegen Evans hatte mehrere Wendepunkte. Zweimal geriet Manby in den Sätzen in Rückstand, zweimal kämpfte er sich zurück. Das allein sagt viel über seinen Charakter. Wo viele Debütanten auf dieser Bühne unter dem Druck einknicken würden, blieb Manby bemerkenswert ruhig. Der entscheidende Moment kam im fünften Satz, als Evans Setdarts vergab, um komfortabel mit 3:1 in Führung zu gehen. Ab diesem Zeitpunkt drehte sich das Spielbild komplett.
Evans’ Spiel brach ein, während Manby einen Gang höher schaltete. Der Youngster gewann die letzten fünf Legs der Partie und holte sieben der letzten acht Legs, womit er das Match überzeugend an sich riss. Die Statistiken unterstreichen dieses Momentum: Während Evans in der Schlussphase nur noch Averagen im niedrigen 70er-Bereich notierte, blieb Manby konstant und scharf auf die Doppelfelder.
„Ja, es ist bizarr. Es ist verrückt“, sagte Manby anschließend auf seiner Pressekonferenz. „Im Moment fällt alles an seinen Platz für mich und ich darf mich nicht beklagen.“

Mehrere Wege zum Sieg

Was Manbys Turnier bislang so beeindruckend macht, ist nicht nur, dass er gewinnt, sondern wie er gewinnt. In der ersten Runde geriet er in ein nervenaufreibendes Duell mit Cameron Menzies, in dem er mehrfach zurückkommen musste und am Ende hauchdünn die Oberhand behielt. In seiner zweiten Partie diktierte er dagegen von Anfang bis Ende gegen Adam Sevada und zeigte, dass er auch als „Favorit“ hervorragend agieren kann.
Gegen Evans bekam er erneut eine andere Aufgabe: ein launischer Gegner, ein unruhiges Publikum und ein Match mit ständig wechselndem Momentum. Erneut gelang es Manby, sich darauf einzustellen.
„Ich denke, es war gut“, analysierte er selbst. „In meinem ersten Match habe ich gezeigt, dass ich zurückkämpfen und Siege erarbeiten kann. In der zweiten Partie habe ich gezeigt, dass ich auch ein guter Anführer sein und dominieren kann. Viele denken, man habe viel Zeit, wenn man 3:2 oder 2:0 führt, aber alles kann innerhalb von Sekunden kippen — gerade im Satzmodus.“

PDC Tour Card in Reichweite

Durch seinen Platz in der vierten Runde befindet sich Manby nun in einer besonderen Lage. Er ist nur noch einen Sieg davon entfernt, sich über das Preisgeld eine PDC Tour Card zu sichern. Für einen Spieler, der ohne konkrete Erwartungen ins Turnier gegangen ist, ist das eine bemerkenswerte Leistung.
„Ja, es würde viel bedeuten“, räumte er ein. „Es ist dasselbe Turnier, bei dem ich angefangen habe, also wäre das großartig. Aber niemand kommt hierher mit der Erwartung, bei seinem Debüt eine PDC Tour Card zu holen. Man will vor allem gut spielen, und das habe ich bereits.“
Dennoch blickt Manby über diese Karte hinaus. Seine Ambitionen gehen weiter als nur die Sicherung eines Platzes auf der Pro Tour. „Mit oder ohne PDC Tour Card habe ich das Gefühl, gezeigt zu haben, was ich kann. Ich habe meinen zweiten Gang noch nicht einmal eingelegt, und das ist, glaube ich, das Beängstigende.“
Charlie Manby jubelt ausgelassen
Charlie Manby trifft in der vierten Runde der Darts WM 2026 auf Gian van Veen

Gian van Veen als nächster Test

Die nächste Hürde ist allerdings von höchstem Kaliber. Im Achtelfinale wartet niemand Geringeres als Gian van Veen, vor Turnierbeginn als drittgrößter Favorit auf den Weltmeistertitel gehandelt. Der Niederländer ist in ausgezeichneter Form und hinterlässt im Alexandra Palace bislang einen sehr soliden Eindruck.
Manby blickt der Aufgabe jedoch mit Zuversicht entgegen. Die beiden kennen sich gut und haben kürzlich sogar gemeinsam trainiert. „Es sollte ein schönes Match werden“, sagte Manby. „Ich komme gut mit Gian aus — wir haben neulich noch zusammen trainiert. Ich erwarte ein gutes Tempo und insgesamt eine gute Partie.“
Van Veen, wie Manby auf der Development Tour aktiv gewesen, fungiert gewissermaßen als Vorbild für den Engländer. „Ja, das kann sein“, gab Manby zu. „Ich denke, jeder ist ein Vorbild, wenn man in meinem Alter ist. An Luke Littler und das, was er für den Sport getan hat, kommt man nicht vorbei. Aber ich will weiter. Ich will nicht nur eine PDC Tour Card und dann dort bleiben — ich will Top 16, Top 10, Top acht. Ich will weiter Druck machen.“

‚Ich spiele besser gegen bessere Spieler‘

Auffällig ist Manbys Selbstvertrauen in Matches gegen starke Gegner. Das zeigte sich auch in seiner gemeinsamen Trainingseinheit mit Van Veen. „Wir erreichten ein sehr hohes Niveau. Ich spiele besser gegen bessere Spieler, sogar im Training. Wir hatten beide unser ‚A-Game‘ und es war eine gute Session — und ich denke, sie hat uns beiden geholfen.“
Diese Mentalität erklärt möglicherweise auch, warum mehrere Gegner bei diesem Turnier sichtbar Probleme hatten, ihr Niveau gegen den Youngster zu halten.

Gegner verlieren den Kopf

Sowohl Menzies als auch Evans verloren während ihrer Partien gegen Manby sichtbar die Kontrolle. Bei Evans wurde das vor allem nach dem Verpassen entscheidender Set-Darts deutlich. Seine Körpersprache verschlechterte sich und sein Spiel brach ein. „Ich denke schon“, sagte Manby, als man ihn fragte, ob er die zunehmende Frustration bei Evans gespürt habe. „Ich halte den Kopf immer unten, wenn mein Gegner wirft. Es war seltsam — ich hätte nie gedacht, dass es so laufen würde, aber so war es. Das musst du komplett ausnutzen.“
Er wischte die Idee eines „Charlie-Manby-Effekts“ beiseite. „Keine Ahnung. Ich will dort nur mein eigenes Spiel spielen. Wenn ich das tue, habe ich gegen jeden eine gute Chance.“
Seit seinem ersten Auftritt auf der Bühne im ‚Ally Pally‘ ist die Aufmerksamkeit für Manby exponentiell gestiegen. Fans, Medien und soziale Netzwerke haben ihn ins Herz geschlossen, doch er bleibt bemerkenswert nüchtern unter dem Interesse. „Ich finde das in Ordnung“, sagte er. „Ich bin nicht so der Social-Media-Typ. Keegan Brown (ehemaliger PDC Tour Card-Inhaber) sagte einmal: Schalte dein Telefon eine Woche vor deinem Auftritt aus — und wenn du weiter gewinnst, lass es aus. Daran halte ich mich.“
Wichtig für Manby ist, die richtigen Menschen um sich zu haben. Er wuchs in Huddersfield in der Umgebung von Peter Jacques auf, einer erfahrenen Figur in der Dartswelt. „Er war hier schon einmal“, erklärte Manby. „Du nimmst kleine Dinge auf, die andere nicht sehen. Sie können funktionieren oder nicht, aber sie bleiben im Kopf.“

Familie, Arbeit und Bodenständigkeit

Auch die Unterstützung seiner Familie spielt eine große Rolle. Sein Großvater, 78 Jahre alt, war im Alexandra Palace anwesend — etwas, das den Youngster tief berührte. „Das bedeutete mir mehr als alles andere“, sagte Manby. „Die Bühne kann ein einsamer Ort sein.“
Stabilität findet er auch abseits des Darts. Manby arbeitet als Maurer und erhält dort volle Rückendeckung. „Die Leute auf der Arbeit unterstützen mich enorm“, erzählte er. „Sie sagen immer: Wenn du es durchziehen willst, zieh es durch — aber du hast immer einen Job, wenn du ihn brauchst.“
Zuletzt war da noch Ricky Evans’ flamboyanter Walk-on, komplett mit Pompons und tanzenden Tänzerinnen. Das Publikum hatte sichtlich Spaß, doch Manby bleibt sich treu. „Ja, ich fand es gut. Die Zuschauer wollen Unterhaltung“, sagte er mit einem Lächeln. „Wirst du das bei mir sehen? Wahrscheinlich nicht. Mein Walk-on und Spitzname funktionieren gut — dabei bleibe ich. Du wirst mich vorerst keine Pompons greifen sehen.“
Manby
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