„Ich will zeigen, dass es in Afrika Talent gibt“ – David Munyua: der kenianische Tierarzt, der heute sein Debüt bei der Darts WM feiert

PDC
durch Nic Gayer
Donnerstag, 18 Dezember 2025 um 17:26
David Munyua
David Munyua gibt heute Nachmittag sein Debüt bei der PDC Darts WM. Der Tierarzt aus Kenia trifft in der ersten Runde auf Mike De Decker und betritt dabei als erster kenianischer Spieler überhaupt die Bühne im Alexandra Palace – ein historischer Moment für sein Heimatland. Im Vorfeld seines Auftaktmatches sprach Munyua mit HLN über seine Reise, seine Träume und seine Mission.
Der 30-Jährige wurde in Murang’a geboren und wuchs unweit der Hauptstadt Nairobi auf. Schon das Wetter in London stellt für ihn eine große Umstellung dar. „Es ist ziemlich kalt hier und es regnet. Bei uns ist es deutlich wärmer, glaub mir“, sagt Munyua mit einem Lächeln. „Aber ach, das Wetter ist mir egal. Wir sind mit einer Mission hier.“

Ein weiter Weg nach London – und ein historischer Moment

Hinter Munyua liegt eine Reise von mehr als 14 Stunden von Nairobi nach London – eine Stadt, die er zuvor noch nie besucht hatte. „Großartige Stadt. Vielleicht fällt die WM nur in die falsche Jahreszeit. Solche Temperaturen habe ich noch nie erlebt. Aber wir waren darauf vorbereitet.“ Um die Reise überhaupt realisieren zu können, suchte er Sponsoren. „Ein paar im Vereinigten Königreich und in Europa. Wir sind ihnen sehr dankbar, denn das hat unsere Reise etwas komfortabler gemacht. Ich kann dir sagen: Es war ein sehr langer Flug.“
Man könnte erwarten, dass ein 30-jähriger Darter aus Kenia, der kaum Erfahrung mit großen Hallen und lautem Publikum hat, vor seinem WM-Debüt nervös ist. Doch Munyua wirkt bemerkenswert ruhig. „Nein. Natürlich nicht. Als ich in Afrika gespielt habe, da war ich nervös. Diese Anspannung ist nie zu übertreffen – ich war nicht ich selbst. Aber jetzt? Ich bin schon hier! Ich kann nur noch genießen.“
Schon der Sieg im afrikanischen WM-Qualifier gegen den Südafrikaner Cameron Carolissen war ein Ausrufezeichen. Doch der Alexandra Palace ist eine andere Dimension. Munyua fühlt sich bereit für diese Bühne. „Ich habe davon geträumt. Ich kann wirklich nicht warten. Dass ich schon jetzt hier stehen würde, hätte ich nicht erwartet.“
Dabei ist seine Darts-Karriere noch jung. „Stimmt. Ich spiele erst seit drei Jahren. Früher habe ich hauptsächlich Pool gespielt. Eines Tages trank ich ein Bier mit einem Freund, und der sagte mir, dass er früher Darts gespielt hat. Er zeigte mir, wie es funktioniert. Ich warf meine ersten Pfeile und dachte: ‚Wow, das macht Spaß.‘ Ich habe mir sofort ein Board gekauft.“ Später folgte der nächste Schritt. „Dieser Freund schlug vor, bei kleinen Turnieren mitzumachen. ‚Why not?‘ Ich habe dort viele neue Freunde gefunden. Mir ging es eigentlich nicht um die PDC, sondern um die Sportlichkeit, die dort herrschte, und die Freundschaften. Das fand ich großartig.“
Heute ist Munyua plötzlich der beste Spieler Afrikas und repräsentiert den gesamten Kontinent bei der WM. „Das ist wirklich ein Traum, der wahr wird. Seit ich Darts spiele, wollte ich immer mein Land und meinen Kontinent repräsentieren. Das ist ein big deal, für mich und mein Volk zu Hause.“

Respekt vor De Decker – aber Glaube an die eigene Chance

In seinem Auftaktmatch trifft Munyua auf den Belgier Mike De Decker, der ebenfalls unter Druck steht, da die Belgier beim Turnier bislang unter ihren Möglichkeiten geblieben sind. Munyua kennt seinen Gegner gut. „Absolut. Ich bin ein Fan von ihm. Sein Spielstil spricht mich sehr an. Letztes Jahr habe ich ihm noch die Daumen gedrückt und wirklich gehofft, dass er den Grand Prix gewinnen würde.“ Die Freude war groß, als es tatsächlich klappte. „Ich war sehr glücklich für ihn, als er gewonnen hat. Mike ist ein sehr guter Spieler. Und jetzt habe ich die Ehre, gegen jemanden zu spielen, zu dem ich aufblicke.“
Trotz klarer Außenseiterrolle glaubt Munyua an seine Chancen. „Im Sport ist alles möglich. Niemand hat den Sieg im Voraus sicher. Wenn wir beide gut spielen, wird Mike wohl gewinnen. Aber wenn ich besser spiele als er? Dann ist es meins. Ich werde wirklich alles geben. Aber Sieg oder Niederlage, ich wünsche Mike das Beste.“
Abseits der Darts-Bühne arbeitet Munyua Vollzeit als Tierarzt. „Das ist mein Vollzeitjob, ja. Tiere zu versorgen ist meine Leidenschaft. Ich spezialisiere mich vor allem auf Haustiere.“ Die Kombination aus Beruf und Leistungssport ist anspruchsvoll. „Es ist ziemlich herausfordernd, das mit Darts zu kombinieren, aber vorerst klappt es. Ich möchte beides so gut wie möglich machen.“ Die WM fühlt sich deshalb fast wie ein Kurzurlaub an. „Ich bin selbstständig und arbeite in meiner Praxis mit etwa vier Kollegen zusammen. Sie können einspringen, wenn ich Turniere spiele.“
In Kenia selbst war Darts lange kaum verbreitet. Das ändert sich nun spürbar. „Im Moment ist es groß, jetzt, da wir zur WM fahren. Aber in den letzten Jahren? Nicht wirklich. Es wird nicht so angenommen, wie es sollte. Darts gilt als Kneipensport, und das hilft nicht, wenn man die Sportart groß machen will.“ Munyua denkt langfristig. „Wir tun alles dafür, damit die Menschen langfristig vom Darts leben können.“
Als Nationalheld sieht er sich dennoch nicht. „Nicht wirklich. Kenia ist ein Entwicklungsland. Viele Menschen sind einfach nicht informiert, weil diese Infos sie nicht erreichen. Die meisten schauen keine Nachrichten. Und diejenigen, die doch schauen, nehmen es nicht ernst.“ Manchmal stößt er sogar auf Verwunderung. „Manche sind überrascht, wenn ich mich vorstelle und sage, was ich mache.“
Sein Manager ergänzt, dass Munyua aktuell „in London bekannter ist“. „Hier wissen viele Menschen, dass ich die WM bei der PDC spiele, ja. In Kenia wissen einige nicht einmal, was die PDC ist.“ Bereits ein kurzer Besuch im Alexandra Palace hinterließ Eindruck. „Ich war vergangenen Samstag kurz in ‚Ally Pally‘, um ein Match mitzunehmen, und habe dort schon viele Leute getroffen.“
Zum Schluss kommt auch das Preisgeld von einer Million Pfund zur Sprache – eine Summe, die Munyua durchaus bewegt. „Natürlich. Es ist life changing. Nicht nur für mich, sondern für alle kenianischen Darter.“ Sein Ziel geht über persönliche Erfolge hinaus. „Ich möchte zeigen, dass in Afrika Talent herumläuft. Wir haben wirklich gute Spieler, die stark werfen können. Ich will für sie ein gutes Umfeld schaffen.“
Darts befindet sich in Kenia im Aufwind, und Munyua will seinen Teil dazu beitragen. „Ich hoffe, so viel wie möglich meinen Beitrag zu leisten. Ich möchte den Dartsport wirklich mit nach Kenia nehmen.“
Klatscht 0Besucher 0
loading

Gerade In

Beliebte Nachrichten

Aktuelle Kommentare

Loading