Steve Beaton zeigte beim Showabend in Cheltenham, warum er auch nach über drei Jahrzehnten im Profigeschäft zu den beliebtesten Persönlichkeiten der Darts-Szene zählt. Der „Bronzed Adonis“ ließ
Rob Cross mit einem spektakulären 156er Finish keine Chance und bewies gemeinsam mit Simon Whitlock, dass Erfahrung im modernen Darts noch immer ihren Platz hat. Zwischen Glanzmomenten und Nostalgie verbirgt sich jedoch ein ernster Gedanke: Beaton wird zum zweiten Mal in Folge nicht an der
Darts WM im Ally Pally teilnehmen.
Im Gespräch mit
Online Darts sprach der 59-Jährige offen über seine Liebe zum Sport, seine Zweifel und eine mögliche Rückkehr auf die große Bühne. Zwischen Gelassenheit und Selbstreflexion zeigte sich Beaton dabei so authentisch, wie ihn die Fans seit Jahrzehnten kennen.
Ein Abend, an dem alles passte
In Cheltenham war Beaton ganz in seinem Element. Neben beeindruckenden Statistiken stand vor allem die Freude am Spiel im Vordergrund. „Ich muss sieben oder acht 180er getroffen haben“, sagt er und lacht. „Es war einer dieser Abende, an denen einfach alles funktioniert. Manchmal läuft nichts, doch diesmal passte alles zusammen. Das Publikum war fantastisch, und das gibt mir immer zusätzlichen Schub.“
Steve Beaton fehlt das zweite Jahr in Folge bei der Darts-Weltmeisterschaft
Für Beaton ist ein solcher Abend mehr als nur ein sportlicher Erfolg. „Es geht um Unterhaltung. Die Zuschauer kommen, um eine Show zu erleben, und ich will ihnen zeigen, dass ich es immer noch kann“, erklärt er. „Es wäre respektlos, nur 45-60-45 zu werfen. Deshalb trainiere ich zuhause jeden Tag eine halbe bis eine Stunde, einfach um in Form zu bleiben.“
Verpasste Weltmeisterschaft: „Ich hasse es“
Dann ändert sich der Ton im Gespräch. Nur selten zeigt Beaton so deutlich Emotionen wie bei diesem Thema. „Ich hasse es“, sagt er über das erneute Verpassen der Weltmeisterschaft. „Letztes Jahr nicht dabei zu sein, war schlimm. Dieses Jahr wieder… das ist schwer zu akzeptieren. Es tut weh.“
Er weiß aber auch, warum dieser Schritt nötig war. Die Jahre auf Tour haben Spuren hinterlassen. „Die Tour ist brutal, körperlich wie mental“, sagt er. „Exhibitions machen Spaß, und natürlich ist es auch Arbeit, aber nach all den Jahrzehnten hatte ich das Bedürfnis, mehr Zeit zu Hause zu verbringen. Ich bin 59, kein Zwanzigjähriger mehr.“ Doch das Feuer brennt weiter. „Darts ist einfach ein Teil von mir. Ich vermisse es jeden Tag – auch meine Freunde auf der Tour.“
Rückblick auf die Tour Card – Bereuen ausgeschlossen
Viele Fans und Kollegen fragen ihn, ob er es bereut, seine PDC Tour Card abgegeben zu haben. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht“, sagt er nachdenklich. „Ich wollte langsamer machen, aber irgendwann schaust du auf den Turnierkalender und merkst, dass du nicht mehr dabei bist. Dann kommt automatisch das Gefühl: Ich vermisse es.“
Beaton steckt im Zwiespalt zwischen dem Wunsch, weiterzuspielen, und dem Bedürfnis nach einem ruhigeren Lebensrhythmus. „Ich liebe den Wettbewerb, das Adrenalin, die Atmosphäre. Auf der anderen Seite will ich aber auch frei entscheiden, wann und wo ich spiele. Das war der Punkt, an dem ich etwas ändern musste.“
Q-School und Zukunftspläne: „Man weiß ja nie...“
Ein Rücktritt auf Zeit? Möglich. Ein endgültiger Abschied? Eher nicht. „Die Frage, ob ich noch einmal zur
Q-School gehe, höre ich das ganze Jahr“, sagt Beaton. „Ich denke tatsächlich darüber nach. Selbst wenn ich keine Tour Card mehr nehme, könnte ich auf der Challenge Tour spielen. An freien Wochenenden einfach antreten, ein paar Spiele machen, Spaß haben – das reizt mich schon.“
Gleichzeitig sieht Beaton auch die Kehrseite. „Mit einer Tour Card bist du verpflichtet, fast überall zu spielen. Genau das wollte ich hinter mir lassen. Wenn ich zurückkomme, dann selektiv – vielleicht bei 30 bis 50 Prozent der Turniere plus ein paar Exhibitions. Ich will es anders machen, auf meine Weise.“
Er lacht: „Ich habe auch mit Aidy Lewis darüber gesprochen. Aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass er’s durchzieht. Ich? Nun, wir werden sehen…“
Darts im Wohnzimmer – und eine neue Generation
Obwohl er selbst kaum fernsieht, bleibt Beaton über das aktuelle Geschehen bestens informiert. „Meine Frau schaut ständig Darts. Wenn es läuft, sitze ich halt daneben – und dann bin ich wieder mittendrin. Das Niveau ist unfassbar. Du darfst dir keinen Fehler erlauben, sonst bist du raus.“
Für ihn hat sich der Sport in den letzten Jahren dramatisch verändert. „Was Darts heute ist, hätten wir uns früher nie vorstellen können. Das Niveau ist absurd hoch, und es kommen immer neue Talente nach.“ Mit einem leichten Schmunzeln fügt er hinzu: „Ich habe gegen Bristow, Taylor und van Gerwen gespielt. Ich weiß, was Klasse bedeutet. Aber was Luke Littler und Luke Humphries momentan zeigen, ist außergewöhnlich.“
Über die beiden Lukes spricht Beaton mit Respekt. „Beide sind großartig. Humphries bekommt oft zu wenig Anerkennung, weil sich alles auf Littler fokussiert. Aber er ist aktuell vielleicht der kompletteste Spieler überhaupt.“ Und wenn er den Favoriten für den WM-Titel nennen soll? „Frag einfach jeden, der gewinnt: Ich sage ‚Luke‘. Welcher Luke – das ist fast egal.“
Der Blick aufs Preisgeld: „Unglaublich, wo der Sport steht“
Beaton muss selbst lachen, als er hört, dass der kommende Weltmeister am 3. Januar eine Million Pfund kassieren wird. „Zwei Männer, die um eine Million Darts spielen – das ist verrückt“, sagt er. „Als Barry Hearn damals von all den Plänen und Träumen sprach, dachten wir, das sei übertrieben. Und jetzt? Sieh dir an, wo der Sport heute steht. Es ist einfach unglaublich.“
Gerade Littler habe dafür gesorgt, dass Darts noch einmal eine neue Zielgruppe erreicht. „Kaum denkst du, es geht nicht größer – und dann passiert es doch. Was Barry Hearn und die PDC daraus gemacht haben, ist außergewöhnlich. Der Sport wächst weiter, Jahr für Jahr. Wo das endet? Keine Ahnung. Aber es ist schön, das mitzuerleben.“