Ryan Searle kam gut gelaunt in Exeter an – und genoss den seltenen Luxus eines kurzen Arbeitswegs. „Es ist schön, mal nicht stundenlang unterwegs zu sein“, sagte er lachend. „Fünfzehn Minuten mit dem Zug – das nehme ich gerne.“
Gleichzeitig spürt er, wie in den Tagen vor der
Darts WM die Anspannung steigt. „Jetzt, wo die Weltmeisterschaft vor der Tür steht, fühlt es sich wie Weihnachten an. Ich schalte den Kopf aus, wir bereiten uns vor – denn bei der WM geht es um richtig viel Geld. Wenn man dort gut spielt, fliegt man.“
Warum Searle den Slam-Qualifier schwänzte
Unter den Fans sorgte seine Entscheidung, den Grand-Slam-Qualifier auszulassen, für Gesprächsstoff. Searle erklärte sie jedoch ohne großes Drama. „Um ehrlich zu sein, hatte ich einfach keine Lust“, sagte er. „Ich saß im Hotel bei den Pro Tours und dachte: Will ich wirklich noch eine weitere Woche allein im Hotelzimmer verbringen? Die Antwort war nein – also bin ich ausgestiegen.“
Er fordert ohnehin neue Kriterien. „Wenn man Pro-Tour-Events gewinnt, sollte man automatisch dabei sein. Weniger Quali-Plätze wären sinnvoll. Das ist zumindest meine Meinung.“
Da der Grand Slam 2025 auf 16 Gruppen erweitert wird, hofft Searle auf Verbesserungen. Sein persönliches Ziel bleibt jedoch klar: Er will zurück in die Top 16.
Training mit Gary Anderson? Vielleicht…
Auf die Frage, ob er vor der WM mit Gary Anderson trainiert habe, musste Searle schmunzeln. „Nein, aber wir sollten es wirklich mal wieder tun. Ich weiß nicht, wie viel Gary gerade wirft – und Tai spielt ja auch. Vielleicht zerrt er Gary häufiger ans Board, als Gary lieb ist. Wir werden ein paar Termine ausmachen und schauen, wie es läuft.“
„Es geht um lebensveränderndes Geld“
Eine Million Pfund winken dem neuen Weltmeister – Searle ist sich der Dimension bewusst. „Der Gewinn dieses Preises verändert das Leben. Man ist zwei Jahre lang sicher in den Top vier. Die anderen Turniere müssen irgendwann nachziehen, im Moment ist es zu kopflastig.“
Frust über die European Tour
Ein großes Thema war die umstrittene Euro-Tour-Regeländerung 2024. „Ich wurde als Topgesetzter einberufen, weil die Premier-League-Jungs nicht überall spielen. Aber oft kam der Anruf, wenn ich schon am Flughafen war. Das hat viele Tage einfach zerstört. Die ganze Saison über wusste ich nie, wann ich dran bin.“
Seine Euro-Tour-Saison beschreibt er rückblickend drastisch. „Sie war schrecklich. Keine Ahnung warum, aber ich habe dort nicht gut gespielt.“
Dabei hatte er 2024 noch ein Finale, ein Halbfinale und viele Viertelfinals erreicht. 2025 kamen frühe Niederlagen – trotz starker Auftritte. „Gegen Littler mit 105 verlieren, später gegen Price ebenfalls – manchmal fehlt einfach das Glück. Bei der Setzliste machen sie, was sie wollen.“
Ziele für die Darts WM: „Ein Viertelfinale würde alles verändern“
Trotz allem blickt Searle optimistisch nach vorn. „Ich freue mich auf die nächsten zwei Jahre. Ich habe kaum Majorsiege gesammelt, das muss ich alles wieder aufholen.“
Sein WM-Ziel ist glasklar: „Ein Viertelfinale. Das wären 100.000 Pfund – das macht in meiner Ranglistensituation einen gewaltigen Unterschied. Natürlich will ich weiter kommen, aber das Mindestziel ist das Viertelfinale.“
Sogar die familiäre Ranking-Überwachung kam zur Sprache. „Meine Schwiegermutter war früher ständig dran. Ich schaue nur ab und zu rein. Die Welt ist kopflastig – und für die Premier League zählen die Top vier. Was passiert, wenn jemand außerhalb der Top vier die WM gewinnt? Da bin ich gespannt.“
Über Littler, Humphries und den Druck der Nummer Eins
Searle ist gut mit Luke Humphries befreundet und versteht dessen Aussage, sich nie richtig als echte Nummer Eins gefühlt zu haben. „Das war offensichtlich. Das Rampenlicht lag komplett auf Luke Littler – und das hat er sich verdient. Nach dem verlorenen WM-Finale ist er stärker zurückgekommen als je zuvor.“
Er findet, dass Humphries im Schatten stand. „Er ist unter dem Radar geflogen. Aber schlecht war er trotzdem nicht. Vielleicht fällt jetzt ein bisschen Druck ab.“
Kritischer sieht er Humphries’ Plan, viele Pro Tours 2026 auszulassen. „Schade. Seit der Premier League sehe ich ihn kaum. Wenn er die Pro Tours meidet, werde ich ihn praktisch gar nicht sehen. Ich versuche, ihn umzustimmen!“
Searles entspannter Blick auf Rankings
Seine eigene Gelassenheit ist inzwischen ein Markenzeichen. „Viele verstricken sich in Ranglisten und Titeln. Ich wünschte, mich würde das mehr interessieren – aber tut es nicht.“
Ob Minehead, Endrunde oder Pro Tour: „Ist mir egal. Ich mache mir mehr Sorgen um die Weltmeisterschaft.“
Verletzung vom Skateboard – „Ich konnte drei Tage lang nicht laufen“
Zum Schluss enthüllte Searle noch eine kuriose Geschichte. „Ich war mit meinem Sohn im Skatepark. Ich bin seit 20 Jahren nicht mehr gefahren, also habe ich das Board mal ausprobiert. Ergebnis: Muskel in der Wade gezerrt – ich konnte drei Tage lang nicht laufen.“
Ganz abgeschrieben hat er das Hobby aber nicht. „Es hat Spaß gemacht. Vielleicht hole ich mir ein neues Board. Mal sehen.“