Rob Cross reist in diesem Jahr nicht mit den besten Gefühlen zur
Darts WM in den Alexandra Palace. Voltage kämpft seit Monaten mit seiner Form, verweigert aber jede Spur von Resignation.
Im Gespräch mit talkSPORT spricht der Weltmeister von 2018 offen über sein Tief, seine Motivation – und seinen Plan, rechtzeitig vor dem wichtigsten Turnier des Jahres wieder auf Kurs zu kommen.
„Mir geht es gut, wirklich. Ich versuche nur, etwas Enthusiasmus zurückzubekommen“, beginnt Cross. Der 35-Jährige verpasste zuletzt den Grand Slam of Darts, ein Turnier, bei dem er traditionell stark auftritt. Viel hat er davon nicht gesehen – bis auf eine Spielerin, die seine Aufmerksamkeit fesselte: Beau Greaves.
„Ich schaue eigentlich nie Darts“, gesteht er. „Mein Sohn hat es immer an und erzählt mir die Ergebnisse. Aber Beau habe ich verfolgt.“ Cross sah, wie die Engländerin in Wolverhampton glänzte. „Sie hat sich wunderbar behauptet. Sie hat hier und da Matchdarts verpasst, aber es gibt keinen Zweifel, dass sie eine Gewinnerin ist. Sie wird Spiele gewinnen, ganz einfach.“
„Die Möglichkeiten ihres Spiels sind endlos“
Greaves steht in diesem Monat vor ihrem PDC WM-Comeback. Die Diskussion über ihr Potenzial – Tourkarte, Premier League, Major-Run – wird immer intensiver. Cross dämpft Erwartungen, betont aber ihren außergewöhnlichen Talentlevel: „Die Möglichkeiten ihres Spiels sind endlos. Vor Jahren habe ich mit ihr ein Sponsoren-Event in Frankfurt gespielt. Sie hat fünf 180er in Folge geworfen. Sie war schon immer etwas Besonderes.“
Verbesserungspotenzial sieht er dennoch: „Sie ist jetzt voll auf der Women’s Series, der Development Tour und der Challenge Tour angekommen. Sie braucht einfach Zeit. Diese verpassten Matchdarts gegen Michael… das gehört dazu. Aber das passiert nicht jede Woche. Es würde mich nicht überraschen, wenn sie in diesem Jahr weit kommt.“
Der Moderator neckt Cross anschließend damit, dass Greaves ihn derzeit wohl schlagen würde. Cross lacht: „So wie ich jetzt spiele? Peter Hase würde mich aktuell schlagen.“
Die alte Vorbereitung soll das Feuer neu entfachen
Fast drei Monate sind vergangen, seit Cross ein Halbfinale oder Finale erreicht hat. Seine WM-Vorbereitung hingegen bleibt klassisch – und bewusst unverändert. „Ich gehe zurück nach Hastings. Vier Stunden Training am Tag mit ein paar Kumpels. Keine Ablenkungen, nur Fokus.“
Diese Routine hat ihm bereits früher Stabilität gegeben. „Wenn ich das tue, bin ich bereit für die WM“, sagt er. Die vielen frühen Niederlagen in diesem Jahr? Cross sieht das differenziert: „Ich habe nicht schlecht gespielt, weil ich schlecht bin, sondern weil mir die Routine fehlte. Ich habe einfach nicht hart genug gearbeitet.“
Dann der Satz, der hängen bleibt: „Ich habe die Weltmeisterschaft schon einmal gewonnen. Ich weiß, was es dazu braucht.“
Titelchancen? „100 %“
Ob er sich zutraut, noch einmal um den Titel mitzuspielen? Cross antwortet ohne Zögern: „100 %. Ich bin nie ausgeschieden, bis ich wirklich ausgeschieden bin. Anfang des Jahres bin ich in Bahrain mit einem 78er Average rausgeflogen – eine Woche später habe ich die Dutch Darts Masters gewonnen. Ich bin spontan, so bin ich nun mal. Aber die Vorbereitung wird entscheidend sein.“
Sein WM-Triumph 2018 brachte eine schwierige Phase mit sich. „Das war das einzige Mal, dass mich der Druck wirklich getroffen hat. Ich war ein ganz normaler Typ: arbeiten, nach Hause, Kinder ins Bett. Und plötzlich bist du jede Woche im Fernsehen.“ Diese Umstellung dauerte. „Ich habe in dem Jahr danach nicht meine besten Darts gespielt.“
Doch Druck verspürt er seit Jahren kaum noch. „Ich achte nicht auf Ranglisten. Ich war fast immer in den Top 10. Wenn ich rausfalle, komme ich zurück. Nach meinem letzten Einbruch war ich plötzlich wieder Nummer vier der Welt. Wenn man nicht 110 % gibt, bekommt man auch keine 110 %. So einfach ist das.“
Rücktritt? „Ganz sicher nicht“
Vor Kurzem kursierte die Aussage, Cross habe ans Aufhören gedacht. Er stellt klar: „Wenn ich nicht mehr auf höchstem Niveau spielen kann, warum sollte ich jede Woche für 80.000 Pfund verlieren? Das ist doch kein Leben.“ Doch ein Karriereende? „Ganz sicher nicht. Ganz und gar nicht.“
Eine Million Pfund – Anreiz oder Ablenkung?
Das Rekordpreisgeld von einer Million Pfund für den Sieger der diesjährigen Weltmeisterschaft lässt Cross erstaunlich kalt. „Einige sagen, es sei zu viel. Aber kommt schon: Es ist die WM. Dieser Titel ist die Crème de la Crème des Dartsports. Ein Weltmeistertitel bringt dir mehr Respekt ein als fünf andere Majors.“
Natürlich würde er den Scheck gerne mitnehmen. „Ich wäre der erste, der eine Million gewinnt. Aber dafür muss alles passen.“