„Vielleicht bin ich jetzt schon der beste Dartspieler Deutschlands“ – Ricardo Pietreczko ringt Jose de Sousa nieder und zieht bei der Darts WM 2026 souverän in die zweite Runde ein

PDC
Mittwoch, 17 Dezember 2025 um 9:43
Ricardo Pietreczko (3)
Ricardo Pietreczko hat erneut gezeigt, dass ihm die Darts WM im Alexandra Palace besonders liegt. Der Nürnberger setzte sich in einem intensiven Duell gegen Jose de Sousa durch und zog damit verdient in die zweite Runde ein. Es war kein glatter Sieg, aber einer, der seine mentale Stärke unterstrich. Pietreczko bestand den Härtetest.
Schon in den ersten Minuten wurde deutlich, dass es ein Abend voller Arbeit werden würde. De Sousa startete aggressiv, druckvoll, mit dem klaren Ziel, die Kontrolle zu übernehmen. Pietreczko suchte anfangs noch seinen Rhythmus, doch wie so oft in diesem Jahr reagierte er in den entscheidenden Momenten. Während de Sousa Chancen liegen ließ, nutzte Pietreczko die kleinen Lücken eiskalt. „Jose hat gut gekämpft“, sagte er danach respektvoll. „Aber in den entscheidenden Momenten habe ich mein bestes Spiel abgerufen – das machte den Unterschied.“

Zäher Start, starker Schluss

Diese Fähigkeit, genau dann zu liefern, wenn der Druck am größten ist, prägt Pietreczkos Spiel zunehmend. Er gewinnt Matches nicht immer durch Glanz, sondern durch Effizienz. Das spiegelt sich in seinen jüngsten Fernsehauftritten wider: solide, oft unauffällig – aber erfolgreich. Pietreczko hat sich zu einem Spieler entwickelt, der auf der Bühne ruhig bleibt, auch wenn das Tempo steigt.
Ricardo Pietreczko in Aktion auf der WM-Bühne
Ricardo Pietreczko besiegte Jose de Sousa in der ersten Runde der Darts-WM 2026
Gegen de Sousa war genau das gefragt. Der Portugiese, selbst ein erfahrener Bühnenakteur, forderte ihn bis zum Schluss. Doch Pietreczko behielt den Fokus, nutzte Breakchancen und traf, wenn es zählte. Dass er dabei nicht nur kämpferisch, sondern auch sportlich fair agierte, zeigte sich in seinen Aussagen nach dem Match. Er lobte de Sousa und äußerte die Hoffnung, dass dessen PDC Tour Card nicht verloren geht. „Ich wünsche ihm das Beste“, sagte er ehrlich. „Aber während des Spiels darf ich nicht daran denken. Ich muss an mich glauben – das ist manchmal schwierig.“
Der Respekt vor einem Spieler, den er schätzt, macht solche Partien mental noch anspruchsvoller. Doch Pietreczko lernt, damit umzugehen. „Es bleibt nie ganz einfach, gegen Freunde oder Kollegen zu spielen. Aber ich wachse an solchen Aufgaben.“

Respekt für einen Kollegen

Dieser Respekt ist Teil seines Charakters – und einer seiner größten Stärken. Pietreczko spielt mit Leidenschaft, aber ohne Überheblichkeit. Er nimmt Siege als Ergebnis harter Arbeit, nicht als Selbstverständlichkeit. Das spüren Gegner und Zuschauer gleichermaßen.
Bei dieser WM wirkt er gereift. Seine Körpersprache zeigt Ruhe, sein Spiel Selbstbewusstsein. Die Mischung aus mentaler Stärke und technischem Können lässt erahnen, dass noch mehr möglich ist. Schon 2025 war für ihn ein Erfolgsjahr: Viertelfinals bei der EM, ein Halbfinale beim World Cup of Darts, mehrere starke TV-Auftritte. Darauf kann man aufbauen.
„Warum nicht das Turnier gewinnen?“, sagte er im Interview. Pietreczko kennt das Niveau bei dieser WM genau, doch er vertraut auf seine Entwicklung. „Ich bin hier, um zu gewinnen. Ich fühle mich auf der Bühne wohl“, erklärte er – und das nimmt man ihm sofort ab.
In der zweiten Runde wartet nun Dave Chisnall oder Fallon Sherrock – zwei völlig unterschiedliche Charaktere. Chisnall, bekannt für sein kompromissloses Scoring, gegen Sherrock, die Fan-Liebling mit Kultstatus. Für Pietreczko spielt das keine Rolle. „Wenn du das Turnier gewinnen willst, musst du jeden schlagen“, stellte er nüchtern fest. „Mir ist egal, wer es wird.“

Deutsches Darts im Aufwind

Neben seinen eigenen Leistungen sprach Pietreczko auch über die Entwicklung des deutschen Darts. Namen wie Max Hopp, Martin Schindler oder Niko Springer zeigen, wie breit Deutschland mittlerweile aufgestellt ist. „Wir haben viele gute Spieler“, sagte er stolz. „Max war früher das Gesicht des deutschen Darts. Er hat Geschichte geschrieben, und ich freue mich, dass er zurück ist.“
Auf die Frage, ob er inzwischen selbst die deutsche Nummer eins sei, reagierte er zurückhaltend. „Vielleicht bin ich es. Vielleicht ist es Martin. Wir haben mehrere starke Spieler – und das ist das Beste, was uns passieren konnte.“
Die Szene profitiert von dieser Mentalität. Ob Schindler, Hopp oder Pietreczko – die deutsche Fahne weht bei internationalen Turnieren so hoch wie nie zuvor. Das spürt auch das Publikum im Alexandra Palace, das auf die deutschen Starter mit wachsender Begeisterung reagiert.

Umgang mit dem Publikum

Überhaupt: das Publikum. Kein Ort im Darts ist so speziell wie der „Ally Pally“. Tausende Fans, laute Gesänge, volle Emotion – ein Faktor, der Matches kippen kann. Pietreczko kennt das Gefühl, wenn die Stimmung einen mitreißt, aber mittlerweile geht er souverän damit um. „Ich höre das Publikum natürlich, aber es lenkt mich nicht mehr ab“, erklärte er. „Ich bleibe bei mir und spiele mein Spiel.“
Dieses bewusste Abgrenzen ist für ihn ein Zeichen von Erfahrung. „Früher habe ich manchmal zu viel nach außen geschaut. Heute weiß ich, dass der Fokus nur bei mir liegen darf.“ Die Arena liebt er trotzdem: „Ich mag es hier. Die Atmosphäre ist einzigartig – und ich liebe es, auf der Bühne zu stehen.“
Trotz Austragung in England ist die deutsche Unterstützung eindrucksvoll. Auch gegen de Sousa waren die Rufe aus der deutschen Fanecke nicht zu überhören. „Es gibt viele englische, aber auch viele deutsche Fans“, sagte Pietreczko mit einem Lächeln. „Ich höre beide Seiten – und das gefällt mir. Es motiviert mich.“
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