In einem Finale, das zweifellos in die Annalen der
WDF Weltmeisterschaft eingehen wird, hat sich
Jimmy van Schie zum neuen Weltmeister gekrönt. Der 32-jährige Niederländer, lange Zeit ein gefährlicher Außenseiter im Circuit, zeigte im entscheidenden Match nicht nur brillantes Scoring, sondern vor allem eine bemerkenswerte mentale Stärke. Gegen die erst 15-jährige Sensation
Mitchell Lawrie – die Entdeckung des gesamten Turniers – drehte van Schie einen 0:3-Rückstand und sicherte sich am Ende verdient den Titel.
Nach dem Triumph sprach der neue Weltmeister offen über seine Gefühlslage. „Das bedeutet mir SO viel“, sagte er mit sichtlich bewegter Stimme. „Ich habe Mitchell die ganze Woche beobachtet. Er ist ein phänomenales Talent. Ich wusste, dass ich heute richtig arbeiten muss.“
Ein 0:3-Rückstand und ein entscheidendes Bullseye
Der Auftakt verlief aus Sicht van Schies ernüchternd. Lawrie startete reif und kontrolliert, als hätte er das Jugendtraining gerade erst hinter sich gelassen – und doch wirkte er wie ein erfahrener Profi. Schnell lag van Schie 0:3 zurück. „In dem Moment dachte ich: ‚Komm schon Jimmy, kämpfe zurück‘“, erinnerte er sich.
Der Wendepunkt folgte im vierten Satz. Van Schie hielt sich mit einem wichtigen Treffer aufs Bullseye im Spiel. Ohne dieses Checkout hätte Lawrie womöglich auf 4:0 erhöht. „Das war ein echter Wendepunkt“, gab van Schie zu. „Aber selbst wenn ich das Bull verfehlt hätte – ich glaube immer an mich. Selbst bei 0:5 würde ich denken, dass ich das noch gewinnen kann. Mental bin ich stark genug.“
Es war genau diese Haltung, die das Endspiel ab diesem Moment komplett veränderte.
180er, Triple-Power und ein hauchdünn verpasster Neun-Darter
Nach dem Satzgewinn fand van Schie spielerisch zu alter Leichtigkeit zurück. Die 180er kamen wie am Fließband, die Triple-20 leuchtete regelmäßig auf den Displays. Kurzzeitig bot sich sogar die Chance auf einen Neun-Darter – das Lakeside-Publikum hielt den Atem an.
Nach einer verfehlten Triple-19 im gestrigen Halbfinale entschied sich van Schie für die Triple-15, eine Wahl, die er tags zuvor noch mit einem Lachen in Frage gestellt hatte. Der letzte Pfeil auf Doppel-18 verfehlte sein Ziel nur um Millimeter. „Ich war einen Tick daneben“, grinste er später. „Aber gut, vielleicht klappt’s beim nächsten Mal.“
So schön ein Neuner gewesen wäre – das große Ziel stand über allem. „Es war nur ein Leg. Großartig für die Fans, aber für mich zählte nur, das Match zu gewinnen.“
Großer Respekt für den 15-jährigen Mitchell Lawrie
Einen großen Teil des Interviews widmete van Schie seinem Gegner. Trotz dessen Enttäuschung fand der Weltmeister klare respektvolle Worte. „Er ist ein unglaubliches Talent. Seine Eltern sind fantastische Menschen. Wenn sie im Trainingsraum sind, herrscht immer eine gute Stimmung.“
Lawrie hatte am am gleichen Tag bereits den Jugendtitel geholt und absolvierte zwei Finals am selben Tag – eine enorme Belastung auch für gestandene Profis. „Das kostet Energie“, betonte van Schie. „Aber er hat großartig gespielt. Er lag völlig verdient 3:0 vorne. Ich wünsche ihm alles Gute. Ich bin sicher: Er wird diesen Titel irgendwann holen.“
Vom Challenge-Tour-Spieler zum WDF-Weltmeister
Van Schies Karriere war nicht geradlinig. Noch vor wenigen Jahren tourte er hauptsächlich auf der Challenge Tour. Dann riet ihm sein Manager zur WDF zu wechseln. „Ich dachte: ‚Okay, ich probiere es.‘ Und dann gewinne ich sofort die Romanian Open. Das fühlte sich an, als wäre ein Feuer in mir entfacht worden.“
Der Rest ist eine Erfolgsgeschichte. Sieg folgte auf Sieg, die Ziele wurden klarer. Erst die World Masters – abgehakt. Dann die Weltmeisterschaft – nun ebenfalls erreicht. „Ich bin SO glücklich, dass es geklappt hat. Zwei große Ziele hatte ich, und ich habe sie beide erfüllt.“
Der Blick nach vorn: Die PDC ruft
Nach diesem Triumph stellt sich die Frage nach dem nächsten Schritt. Für van Schie ist die Antwort eindeutig: „Eine PDC Tour Card. Das ist der nächste Schritt.“ Im Vorjahr scheiterte er nur knapp. „Ich habe es damals nicht konsequent genug durchgezogen“, sagte er selbstkritisch. „Aber rückblickend: Hätte ich die Karte bekommen, wäre ich jetzt wohl nicht Weltmeister. So war es perfekt.“
In den kommenden Tagen denkt van Schie aber weniger an Darts und mehr ans Privatleben. Eine emotionale Reunion steht an: „Meine Hündin hat ein Baby bekommen, und ich habe sie zehn Wochen lang nicht gesehen. Der erste Schritt ist, meine Hunde zu holen und die Welpen zu knuddeln.“
Ein gutes Essen, vielleicht ein Kurzurlaub – dann geht es weiter mit der Vorbereitung auf die Q-School. Doch erst einmal lautet das Motto: feiern. „Das muss gefeiert werden.“