„Ich habe die Liebe zum Spiel verloren - aber das war wichtig, jetzt habe ich den Funken wieder“ – Graham Hall kämpft sich über die MODUS Super Series zurück

MODUS
durch Nic Gayer
Sonntag, 03 August 2025 um 20:00
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Als Graham Hall zum ersten Mal das Live-League-Studio im südenglischen Southampton betrat, ahnte kaum jemand, wie sehr diese Bühne seine Karriere prägen würde. Für einen Spieler, der erst spät und eher zufällig zum Dartsport fand, wurde die MODUS Super Series schnell mehr als nur ein Versuchsfeld: Sie wurde zur Startrampe, zum Neustart – und zur Erinnerung an den ursprünglichen Reiz des Spiels.
„Die Super Series hat meinem Spiel auf jeden Fall sehr geholfen“, sagte Hall im Tungsten Talk in Portsmouth. „Wenn man gegen bessere Spieler antritt, wird man selbst besser – ganz einfach.“ Und genau das tat er.

Vom Jugendzimmer auf die große Bühne

Alles begann, im wahrsten Sinne des Wortes, im Schlafzimmer eines Freundes. „Ich war etwa 18 Jahre alt“, erinnert sich Hall. „Während meine Freunde an der Xbox spielten, schnappte ich mir die Darts und war plötzlich mittendrin.“ Schon früh zeigte sich sein Talent: „Man hat gemerkt, da ist was – ich konnte von Anfang an gut werfen.“
Ein Freund holte ihn in die örtliche Kneipenliga, er gewann erste Turniere, der Ehrgeiz wuchs. „Ich dachte mir: Ich probiere es einfach – und fing an zu gewinnen.“ County Darts reizte ihn dabei nie besonders. Stattdessen prägten ihn die Pub-Wettkämpfe, das Reisen und die Gemeinschaft am Board.
Sein Werdegang unterscheidet sich von vielen anderen. „Neun von zehn Topspielern sagen dir, dass ein Freund eines Freundes sie in ein Team gebracht hat. Plötzlich bist du mittendrin – Super League, lokale Turniere, ein bisschen Preisgeld…“
Doch es war die Super Series – damals noch als Live League bekannt – die Hall wirklich ins Rampenlicht rückte. „Die Aufmerksamkeit dort – die ist unbezahlbar“, sagt er. „Wenn du dich ans Gewinnen gewöhnst und dann plötzlich ordentlich verlierst, lernst du am meisten.“ Diese Lernkurve zwang ihn zur Weiterentwicklung – technisch und mental. „Niemand verliert gern. Aber irgendwann bringt dich jede Niederlage zurück ans Practice Board.“

Der erste Durchbruch

Hall war einer der ersten Spieler, die über die MODUS-Plattform den Sprung nach oben schafften. Co-Kommentator Scott Mitchell erinnert sich: „Die kamen in dieses Studio, standen plötzlich unter Druck – und lieferten ab. Und bei Graham dachte man sofort: Wer ist dieser Typ?“
Er überzeugte nicht nur – er dominierte. In einer Woche bei der Super Series, noch in Southampton, spielte er sich mit beeindruckender Konstanz durch eine starke Gruppe. „Das war definitiv eine meiner besseren Wochen“, sagte er. „Ich spiele gerade wirklich gut – verschenke nur noch zu viele Matches zu dummen Zeitpunkten.“
Er gewann die Gruppe A mit einem Vorsprung, der laut MODUS „selten – wenn überhaupt je – gesehen wurde“ und qualifizierte sich für das neue Event im MODUS-Studio in Portsmouth. „Wir wussten nicht, was uns erwartet – aber es ist definitiv ein besserer Ort zum Spielen als Southampton“, sagte Hall offen.

Der Rückschlag – und was er daraus machte

Heute ist die Super Series ein etablierter Bestandteil des professionellen Dartscircuits – mit globaler Reichweite über Plattformen wie Pluto TV. „Spieler wollen hierher kommen, um zu zeigen, was sie draufhaben“, so Mitchell. Hall nutzte genau diese Bühne, um sich für die PDC Tour Card zu qualifizieren. Doch dort wartete eine neue Realität.
„Im zweiten Jahr habe ich ein bisschen die Liebe zum Spiel verloren“, sagt Hall offen. „Aber genau das war im Nachhinein wichtig. Jetzt macht es mir wieder Spaß. Ich habe den Funken wieder.“
Mitchell bestätigt: „Im zweiten Tourjahr weißt du: Du musst liefern, sonst ist die Karte weg. Dieser Druck ist enorm.“ Doch Hall ließ sich davon nicht brechen. Im Gegenteil – er nutzte die Rückkehr in die Super Series, zur ADC und zur Challenge Tour als Neuanfang.

Comeback durch Freude am Spiel

„Du hattest einen großartigen Lauf auf der ADC-Tour“, lobte der Moderator. „Du wirst wahrscheinlich bei den Tour Finals dabei sein – vielleicht sogar bei der Global Championship.“ Hall sieht es ähnlich: „Ich brauchte einfach diese Pause. Spaß haben. Mein Spiel spielen.“
Und plötzlich sind die Resultate wieder da: Top Ten bei der Challenge Tour, starke Auftritte in der ADC, zurückgewonnenes Selbstvertrauen. „Manche fallen von der Tour und das bricht sie“, so Mitchell. „Graham ist das Gegenteil. Er nutzt seine Erfahrungen aus der PDC, um jetzt noch besser zu sein.“
Halls Blick richtet sich nach vorne: „Ich will zur Global Championship. Es gibt inzwischen gutes Preisgeld – auch bei der ADC.“
Damit ist er nicht allein: Auch Bradley Brooks fand über Super Series und ADC zurück zu alter Stärke – ein möglicher Weg. Mitchell meint: „Im Januar ist Q-School. Da musst du bereit sein. Und das wirst du nur, wenn du daheim am Board arbeitest.“

Ziel: Zurück auf die große Bühne

Hall weiß, dass der Weg noch lang ist – aber er fühlt sich gerüstet. „Ich habe gelernt, die Nerven zu behalten“, sagt er. „Klar, Nervosität ist da – aber das gehört dazu.“
Sein Selbstverständnis hat sich verändert. „Ich gehe in jedes Spiel mit der Überzeugung, es zu gewinnen. Das klappt nicht immer – aber man muss daran glauben.“
Auch Mitchell sieht den Wandel: „Vor einem Jahr hatte niemand Angst, gegen dich zu spielen. Jetzt bist du ein anderes Kaliber. Du kommst mit einem Blick ans Oche, der sagt: Ich gewinne das – und du musst schon was Besonderes bringen, um mich zu stoppen.“
Was also wäre ein gutes Jahr für Graham Hall?
„Meine Tour Card zurückholen. Und auf die große Bühne: Players Championship, Weltmeisterschaft – das ist das Ziel.“
Ein Mann, der die Liebe zum Spiel verlor – und damit seine Leidenschaft neu entdeckte. Graham Hall ist zurück. Und vielleicht stärker als je zuvor.
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