Daryl Gurney adelt Beau Greaves nach WM-Thriller: „Ich glaube wirklich, dass sie nächstes Jahr Pro Tours oder sogar eine European Tour gewinnt“

PDC
durch Nic Gayer
Samstag, 20 Dezember 2025 um 10:00
Daryl Gurney (2)
Daryl Gurney stand nach seiner Erstrundenpartie bei der Darts WM 2026 nicht erschöpft, sondern vor allem erleichtert vor der Kamera. Der Nordire hatte soeben einen echten Thriller gegen Beau Greaves überstanden, die einmal mehr unter Beweis stellte, warum sie als eines der größten Talente im Dartsport gilt. Am Ende entschied ein winziger Moment über Sieg und Niederlage – und genau dieser Moment trug Gurneys Handschrift: ein herausragendes 144er-Finish im entscheidenden Augenblick.
„Nicht wirklich müde, eher erleichtert“, beschrieb Gurney seine Gefühlslage gegenüber Medienvertretern wie Dartsnews (YouTube). „Beau ist so eine großartige Spielerin. Als die Auslosung stand, habe ich nichts anderes erwartet. Ich bin einfach froh, dass ich die Ziellinie überquert habe.“

Eine Aufnahme, die alles veränderte

Ein Blick auf die Zahlen unterstreicht, wie ausgeglichen diese Partie verlief. Statistisch trennten beide kaum Nuancen, Greaves gewann das Match sogar mit 11:10 Legs. Dennoch war es Gurney, der den entscheidenden Satz für sich entschied. Für ihn lag der Schlüssel klar in jener einen Aufnahme, in der er 144 Punkte aus dem Board räumte.
Daryl Gurney trifft in der zweiten Runde der WM Darts 2026 auf Callan Rydz
Daryl Gurney trifft in der zweiten Runde der WM Darts 2026 auf Callan Rydz
„Ich hatte zuvor schon 146 und 148 verpasst“, erklärte er rückblickend. „Aber ich war so froh, dass die 144 fiel. Beau stand auf 52 oder 51, also wenn ich die verfehle, liege ich wahrscheinlich 1:2 in Sätzen hinten. Dann schwimmst du plötzlich gegen den Strom.“
Genau dieser Moment beschreibt Gurney als Spieler. Wenn der Druck am größten ist, scheut er nicht davor zurück, alles zu riskieren. „Diese 144 war pure Klasse“, sagte er. „Und ich bin froh, dass ich sie genau in diesem Moment produziert habe.“

„Ich habe sie nicht als Frau gesehen“

Besonders auffällig war der Respekt, mit dem Gurney über seine Gegnerin sprach. Kein einziges Mal stellte er heraus, dass er gegen eine Frau gespielt hatte. Im Gegenteil. „Ich habe sie nicht als Frau gesehen, sondern als eine großartige Darterin“, stellte er klar. „Jeder in dieser Halle kann akzeptieren, dass sie eine der besten Dartspielerinnen der Welt ist. Sie gehört hierher.“
Für Gurney ist es nur eine Frage der Zeit, bis Greaves große Titel auf der PDC-Tour gewinnt. „Ich glaube wirklich, dass sie nächstes Jahr Pro Tours oder sogar eine European Tour gewinnen wird. Sie ist so gut. Sie kann jeden outscoren, gegen jeden checken.“
Diese Einschätzung erklärt auch seine sichtbare Erleichterung nach dem Match. „Wenn ich jemanden wie Beau schlagen kann, weiß ich, dass ich kämpfen, überleben und mich gegen die absolute Spitze festbeißen kann.“
Viel Zeit zum Durchatmen bleibt ihm allerdings nicht. In Runde zwei wartet Callan Rydz – ein Gegner, vor dem Gurney großen Respekt hat. „Für mich ist Callan einer der besten Dartspieler der letzten Jahre“, sagte er. „Ein enormer Scorer, ein guter Finisher. Das wird noch schwieriger.“
Schon vor dem Turnier hatte Gurney seine Wertschätzung deutlich gemacht und Rydz eine Nachricht geschickt. „Er ist einer der talentiertesten Spieler, die ich je gesehen habe. Er muss es nur im Kopf noch ein wenig besser in den Griff bekommen.“

Der Druck der Aufmerksamkeit

Im Vorfeld der Partie lag fast die gesamte Aufmerksamkeit auf Beau Greaves. Für Gurney stellte das kein Problem dar. „Meine Vorbereitung änderte sich nicht“, erklärte er. „Ich mache alles auf meine Art. Ich trainiere allein, stecke meine Stunden rein und bereite mich mental vor.“
Gleichzeitig räumte er ein, dass sein Spiel nicht ganz dem entsprach, was er sich erhofft hatte. „Ich fühlte mich eigentlich besser, als ich spielte. Ich hatte das Gefühl, wenn ich sie im ersten Satz breaken kann, bin ich im Fluss. Aber wir konnten beide unsere Legs nicht halten.“
Getragen wurde er letztlich von seinem Kampfgeist. „Ich dachte nicht mal an Sätze oder Abläufe. Ich habe einfach weiter gegraben und auf meine Chance gewartet. Und die kam.“
Dass Greaves erst zum zweiten Mal auf dieser Bühne stand, spielte für Gurney durchaus eine Rolle. „Erfahrung hilft manchmal in solchen Momenten“, gab er zu. „Aber ehrlich gesagt hatte ich das Gefühl, dass ich noch mehr Gänge parat hatte.“
Er selbst fühlte sich im Vorfeld ausgezeichnet, wurde jedoch massiv unter Druck gesetzt. „Das sagt alles darüber, wie gut Beau gespielt hat. Aber in dem Moment, in dem es musste, habe ich alles gegeben.“
Für Gurney war es eine seiner schwierigsten WM-Partien überhaupt. „Zweifellos“, betonte er. „Aber was mir wirklich auffiel: Das Publikum war unglaublich respektvoll. Dafür möchte ich mich bedanken.“

„Dann bin ich am besten“

Obwohl große Teile der Halle klar hinter Greaves standen, störte das Gurney keineswegs. Im Gegenteil. „Wenn das Publikum gegen mich ist, macht mich das nur stärker“, sagte er lächelnd. „Stellt mich gegen den Spieler und die Halle. Dann bin ich am besten.“
Er erinnerte dabei an ein früheres Match in Österreich. „Das beweist, wie mental stark ich bin. Leider kann ich das nicht immer zeigen, aber wenn es darauf ankommt, fühle ich mich am stärksten.“
Trotz des Sieges blieb Gurney auffallend selbstkritisch. „Ich fühle mich eigentlich nicht mal so gut“, erklärte er. „Ich bin vor allem sehr konstant. Und das frustriert mich manchmal, denn ich weiß, dass ich mehr kann.“
Als Nummer 22 der Weltrangliste zählt Gurney weiterhin zur erweiterten Weltspitze, doch aus seiner Sicht ist noch deutlich Luft nach oben. „Ich habe meine besten Darts noch nicht gezeigt. Das ärgert mich. Ich muss mein Material und meinen Wurf komplett in den Griff bekommen, dann kann ich wirklich mitmischen.“

Respektvoller Abschied, vielversprechende Zukunft

Nach dem Match folgte eine herzliche Umarmung mit Beau Greaves. „Ich habe ihr gesagt, dass sie mir graue Haare beschert hat“, erzählte Gurney lachend. „Vor allem aber, dass sie nächstes Jahr Turniere gewinnen wird.“
Sein abschließendes Fazit ließ keinen Zweifel zu: Dieser Auftritt war kein Zufall. „Nach einem vollen Jahr auf der Pro Tour wird sie nur noch besser“, sagte er. „Und das ist ehrlich gesagt ein beängstigender Ausblick.“
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