Vor Kurzem durften Sportfans erneut den Ryder Cup im Golf genießen – das traditionsreiche Duell zwischen Europa und den USA, das alle zwei Jahre ausgetragen wird. In diesem Jahr sorgte Europa mit einem 13:15-Auswärtssieg in den Vereinigten Staaten für eine kleine Überraschung. Die Veranstaltung bot einmal mehr großes Spektakel und zog Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer vor die Bildschirme. Wir haben uns gefragt, ob ein ähnliches Format auch im Dartsport denkbar wäre – und wie ein solches Turnier aussehen könnte.
Der Ryder Cup wurde erstmals 1927 zwischen den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich ausgetragen. Damals kamen die erfolgreichsten Golfer traditionell aus diesen beiden Nationen. Erst 1979 änderte sich das Format – seither tritt das US-Team alle zwei Jahre gegen eine Auswahl Europas an.
Im Laufe der Jahrzehnte hat das Turnier enorm an Prestige und Popularität gewonnen. Golf ist eigentlich eine Einzelsportart, doch beim Ryder Cup sorgt gerade der Teamaspekt für zusätzliche Motivation. Dass Amerikaner mit Stolz für ihr Land antreten, überrascht nicht – doch ist es für Europäer wirklich etwas Besonderes, für einen ganzen Kontinent zu spielen? Für das eigene Land, ja – aber für Europa?
Die Antwort lautet eindeutig: Ja! Und das liegt vor allem an der besonderen Dynamik innerhalb des Teams. Zwölf Spielerinnen und Spieler, die das Jahr über sonst als Einzelkämpfer unterwegs sind, treten hier als Einheit auf. Ein verfehlter Schlag oder ein verpasster Putt enttäuscht nicht nur einen selbst, sondern das gesamte Team. Umgekehrt bringt ein perfekter Drive oder Putt die Anerkennung aller Mitspieler. Für viele Golferinnen und Golfer ist dieses Gemeinschaftsgefühl der Höhepunkt des Jahres – ein Erlebnis, das sie sonst nur aus Mannschaftssportarten wie Fußball, Basketball oder Volleyball kennen. Es geht weniger darum, einen Kontinent zu repräsentieren, sondern vielmehr darum, Teil eines Teams zu sein, das füreinander einsteht.
Auch das Publikum liebt dieses Turnier. Die Tickets sind Monate im Voraus ausverkauft, die Tribünen bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Atmosphäre ist elektrisierend – auch wenn in diesem Jahr einige US-Fans etwas zu ausgelassen feierten – und die Spieler genießen den intensiven Kontakt zu den Zuschauern. Der Ryder Cup ist längst ein fixer Höhepunkt im Sportkalender, ein Event, das Athleten wie Fans gleichermaßen begeistert.
Eines der Highlights des Golf-Kalenders: Der Ryder Cup
Die Rufe nach einem „Ryder Cup of Darts“ werden lauter
Ein Traum, der vielleicht bald Wirklichkeit wird? Immer häufiger wird in der Dartwelt der Wunsch nach einem internationalen Mannschaftsturnier im Stil des Ryder Cups laut – einem Wettbewerb, bei dem nicht Einzelspieler, sondern ganze Teams gegeneinander antreten. Diese Idee kursiert schon seit Jahren unter Spielern und Fans, doch mittlerweile gewinnt sie immer mehr an Fahrt. Was würde passieren, wenn die PDC tatsächlich den Mut hätte, einen echten „Ryder Cup of Darts“ auf die Beine zu stellen?
Während die USA im Golf von Beginn an eine dominierende Rolle spielten, stellt sich die Situation im Darts völlig anders dar. Traditionell war der Sport vor allem in England zu Hause, wo er in zahllosen Pubs mit Leidenschaft gepflegt wurde. Erst 1994 durchbrach der Kanadier John Part die britische Dominanz, als er als erster Nicht-Brite den Weltmeistertitel gewann.
Nur ein Jahr später schrieb
Raymond van Barneveld Geschichte: Er erreichte als erster Niederländer das Finale einer Weltmeisterschaft. Zwar verlor „Barney“ dieses Endspiel, doch vier Jahre später krönte er sich selbst zum Weltmeister – dem ersten seiner insgesamt fünf Titel.
Dieser Triumph markierte den Beginn eines wahren Darts-Booms in den Niederlanden, der sich in den folgenden Jahren über ganz Europa ausbreitete. Mit Sicherheit lässt sich sagen: Van Barneveld war der Wegbereiter für den Aufstieg des Dartsports auf dem Kontinent – und ein Schlüsselfigur seiner modernen Geschichte.
Raymond van Barneveld war der erste Weltmeister aus Kontinentaleuropa
Aktuell bleibt England die führende Nation im Dartsport und stellt die meisten Spieler an der Spitze der Weltrangliste. Daher erscheint es nur folgerichtig, dass ein mögliches Turnier im Stil des Ryder Cup of Darts ein englisches Team aufstellt – und diesem ein „Rest of the World“-Team gegenüberstellt, bestehend aus internationalen Topspielern aus anderen Nationen.
Warum die Dartswelt dieses Turnier braucht
Die derzeitigen Formate – Premier League Darts, World Series of Darts und der World Cup of Darts – sind zweifellos erfolgreich, doch sie bleiben entweder individuell oder national geprägt.
Was dem Dartsport bislang fehlt, ist eine kontinentale Rivalität, die von Prestige, Ehre und Emotionen getragen wird.
Spieler wie
Gerwyn Price und Michael Smith haben bereits den Wunsch geäußert, außerhalb des World Cup of Darts mehr Teamgeist zu erleben. Price verteilte außerdem im Rahmen des diesjährigen World Cups bereits eine Spitze an das englische Team:
„Ich glaube, man braucht eine Verbindung. Man muss diesen Teamgeist und die Kameradschaft auch abseits der Bühne haben. Als wir am ersten Tag angetreten sind – und ich sage das nicht nur, weil sie verloren haben – waren sie die einzigen beiden Spieler, die nicht gemeinsam erschienen, nicht zusammensaßen und nicht als Team aufgetreten sind“, sagte er damals.
Ein solcher Wettbewerb wäre zudem eine großartige Werbung für den Sport außerhalb Europas. Die Spieler des „Rest of the World“-Teams erhielten endlich eine gleichberechtigte Plattform – etwas, das bislang nur selten der Fall ist.
Die Trophäe
Selbstverständlich bräuchte ein solches Turnier auch einen besonderen Namen. Ryder Cup of Darts beschreibt zwar prägnant, worum es geht, doch die Dartswelt verdient eine eigene Identität für dieses Event.
Viele große Namen des Sports wurden bereits mit einer Trophäe geehrt:
Der Sieger der Darts WM erhält die Sid Waddell Trophy,
der Champion des World Matchplay die
Phil Taylor Trophy,
und beim Grand Slam of Darts winkt die Eric Bristow Trophy.
Wie bereits erwähnt, war Raymond van Barneveld ein echter Pionier des europäischen Darts. Als fünffacher Weltmeister – ein Kunststück, das nur Phil Taylor und Eric Bristow ebenfalls gelang – wäre er ein würdiger Namensgeber.
Der „Barney Cup“ wäre somit eine naheliegende und zugleich ehrende Bezeichnung für dieses Turnier.
Natürlich gäbe es auch andere Kandidaten: etwa John Part oder Paul Lim, zwei internationale Darts-Ikonen, oder beliebte britische Legenden wie Dennis Priestley und Jocky Wilson.
Und wer weiß – vielleicht wäre Barry Hearn selbst eitel genug, seinen Namen auf dem Pokal zu verewigen.
Das Konzept
Wie könnte ein solcher Wettbewerb aussehen?
Ein mögliches Format des „Barney Cups“ sähe folgendermaßen aus:
- Zwei Teams:
Team England
Team Rest of the World
- Teamkapitäne:
Legendäre, inzwischen inaktive Spieler, die als Trainer und Mentoren fungieren – etwa Phil Taylor, Dennis Priestley, Steve Beaton oder Wayne Mardle für England sowie John Part oder Simon Whitlock für das internationale Team.
- Spieldauer:
Drei Tage – von Freitag bis Sonntag.
Jeder Tag folgt einem eigenen Format mit einer individuellen Wertung, ähnlich dem Prinzip des Ryder Cups im Golf.
Könnte beim „Barney Cup“ als Teamkapitän ins Scheinwerferlicht zurückkehren: Phil "The Power" Taylor
Auswahlkriterien und Teamzusammensetzung
Eine der zentralen Fragen wäre natürlich: Wer darf teilnehmen?
Wie beim Golf könnten insgesamt zwölf Spieler pro Team nominiert werden – neun über die aktuelle Weltrangliste und drei sogenannte „Captain’s Picks“, also Spieler, die von den jeweiligen Teamkapitänen persönlich ausgewählt werden.
Nach dem derzeitigen Stand der Weltrangliste würde sich daraus folgende Zusammensetzung ergeben:
Nr. |
Team Engeland |
Team Rest of the World |
1 | Luke Humphries | Michael van Gerwen |
2 | Luke Littler | Jonny Clayton |
3 | Stephen Bunting | Josh Rock |
4 | James Wade | Damon Heta |
5 | Rob Cross | Gerwyn Price |
6 | Chris Dobey | Danny Noppert |
7 | Ross Smith | Gary Anderson |
8 | Dave Chisnall | Gian van Veen |
9 | Ryan Searle | Martin Schindler |
10 | Captain’s pick | Captain’s pick |
11 | Captain’s pick | Captain’s pick |
12 | Captain’s pick | Captain’s pick |
Das Format
Das dreitägige Turnier bringt zwei Teams in einer Reihe spannender Sessions gegeneinander, die sich über das gesamte Wochenende erstrecken.
Insgesamt können 29 Punkte erzielt werden – das Team, das mindestens 15 Punkte erreicht, krönt sich zum Sieger des Barney Cups.
Tag 1 – „Speedy Friday“
Mittagssession
Der Auftakt steht ganz im Zeichen der Teamduelle (4 gegen 4). Dabei treten jeweils zwei Mannschaften parallel an zwei nebeneinander stehenden Dartboards gegeneinander an.
Regeln:
- Gespielt wird im 501-Modus.
- Die Mannschaft, die ihren Durchgang am schnellsten beendet, gewinnt den Durchgang.
- Bei identischer Anzahl von Würfen werden die Punkte geteilt.
- Gespielt wird im Best-of-21-Legs-Format.
- Ein Sieg bringt einen Punkt, ein Unentschieden 0,5 Punkte.
- In der Mittagssession sind drei Punkte zu vergeben.
Abendsession
Am Abend liegt der Fokus auf Doppelpartien (2 gegen 2). Es werden vier Matches auf zwei Boards gespielt.
Nur acht Spieler pro Team kommen zum Einsatz – die Auswahl trifft der Kapitän.
Format:
- Ebenfalls Best-of-21-Legs.
- Das schnellste Team gewinnt, bei Gleichstand Punkte-Teilung.
- Ein Sieg bringt einen Punkt, ein Unentschieden 0,5 Punkte.
- In der Abendsession können insgesamt 4 Punkte geholt werden.
Tag 2 – „Duo Saturday“
Mittagssession
Sechs Doppel-Paare treten gegeneinander an. Jeder Spieler absolviert zunächst ein Einzelspiel, bevor gegebenenfalls ein Entscheidungsduell im Doppel folgt.
Regeln:
- Jedes Einzel im Best-of-9-Legs-Format.
- Das Duo, das zuerst zwei Spiele gewinnt, erhält einen Punkt.
- Ein Match kann also 2:0 oder 2:1 enden.
- In der Mittagssession sind sechs Punkte zu vergeben.
Beispiel:
- Luke Littler – Mike De Decker: 5:4
- Gerwyn Price – Michael van Gerwen: 3:5
- Steht es 1:1, entscheidet ein zusätzliches Doppel-Duell über den Punkt.
Abendsession
Am Abend folgen vier Doppel-Matches, diesmal mit einem höheren Schwierigkeitsgrad:
- Gespielt wird ab 1001 Punkten, nicht 501.
- Format: Best-of-9-Legs.
- Jedes Duell zählt einen Punkt.
- Gesamtpunktzahl der Abendsession: vier Punkte.
Tag 3 – „Singles Sunday“
Der Finaltag steht ganz im Zeichen der Einzelduelle – Spannung pur bis zum letzten Dart.
- 12 Einzelspiele im 501-Modus
- Best-of-13-Legs
- Jedes Duell bringt einen Punkt
Gesamtpunkteverteilung im Turnier:
- Freitag: 7 Punkte
- Samstag: 10 Punkte
- Sonntag: 12 Punkte
= 29 Punkte insgesamt
Das Team, das 15 Punkte oder mehr erreicht, gewinnt den Barney Cup.
Im darauffolgenden Jahr genügt dem Titelverteidiger bereits ein Unentschieden (14,5 Punkte), um die Trophäe zu behalten.
Ähnliche Wettbewerbe
Der Vergleich mit dem Ryder Cup im Golf liegt nahe – doch auch in anderen Sportarten gibt es erfolgreiche Vorbilder:
Im Poolbillard existiert seit Jahren der Mosconi Cup (Europa vs. USA) sowie der neuere Reyes Cup (Europa vs. Asien).
Im Tennis wurde auf Initiative von Roger Federer der Laver Cup ins Leben gerufen.
All diese Wettbewerbe haben eines gemeinsam: Sie bieten spektakuläre, emotionsgeladene Duelle, bei denen Teamgeist, Leidenschaft und Stolz im Vordergrund stehen – und das Publikum begeistert mitreißen.
Kommerzielles Potenzial
Ein Turnier wie der Barney Cup hätte enormes kommerzielles und mediales Potenzial.
Das dreitägige Teamformat wäre ein TV-Magnet – perfekt für Sender wie Sky Sports, DAZN, Viaplay oder VTM, die sowohl von den Geschichten rund um Spieler und Teams als auch von der einzigartigen Atmosphäre profitieren würden.
Auch Sponsoren dürften Schlange stehen. Das Event ließe sich hervorragend mit einem Fanfest verbinden – inklusive Showmatches, Jugendturnieren oder Meet & Greets mit Spielern und Kapitänen.
Was den Ryder Cup so besonders macht, ist die Rivalität: intensiv, aber stets respektvoll.
Und der Dartsport hat die Persönlichkeiten dafür – man denke nur an die elektrisierenden Duelle zwischen
Michael van Gerwen und
Luke Littler.
In einem Teamformat könnten sich zudem völlig neue Dynamiken ergeben – vielleicht sogar überraschende Duos:
Luke Littler & James Wade als Doppel? Oder Van Gerwen & Mike De Decker, die sich gegenseitig pushen?
Solche Konstellationen würden Geschichten schreiben, über die Fans und Medien noch wochenlang sprechen.
Wäre definitiv im englischen Team gesetzt: Luke "The Nuke" Littler
Wer wäre der Favorit?
Ein Blick auf das potenzielle Teilnehmerfeld zeigt: England wäre nach der aktuellen Weltrangliste klarer Favorit. Doch angesichts der stetig wachsenden Popularität des Dartsports weltweit und der sich wandelnden internationalen Konkurrenz dürfte dieser Vorsprung in Zukunft schwinden.
Denn bei einem Turnier wie dem Barney Cup geht es nicht allein um Platzierungen oder Statistiken – sondern um Teamgeist, Nervenstärke und das Momentum im entscheidenden Moment.
Auch im Golf galt beim letzten Ryder Cup die US-Mannschaft als großer Favorit – auf dem Papier. Am Ende jubelte jedoch Europa. Genau diese Unberechenbarkeit macht Teamwettbewerbe so einzigartig und faszinierend.
Standort: Symbolisch und spektakulär
Eine Veranstaltung dieser Größenordnung verdient einen ebenso beeindruckenden Austragungsort.
Die Premiere des Barney Cup sollte idealerweise dort stattfinden, wo der moderne Dartsport seine Wurzeln hat – in London.
Die O2 Arena oder der legendäre Alexandra Palace wären perfekte Schauplätze für das Debüt.
In den Folgejahren könnten weitere Austragungsorte dazukommen – zunächst die Niederlande, die in der modernen Dartgeschichte eine Schlüsselrolle spielten, und anschließend Nationen wie die USA, Kanada oder Australien.
Ein solcher Rotationsmodus würde die fortschreitende Globalisierung des Dartsports eindrucksvoll unterstreichen.
Die PDC treibt diese Entwicklung bereits seit Jahren voran – Turniere in Asien und Nordamerika haben den Weg bereitet.
Ein „Barney Cup“ würde diesen Prozess nicht nur fortsetzen, sondern auf ein neues, internationales Level heben.
Fazit: Die Zeit ist reif
Die PDC hat mit dem World Cup of Darts längst bewiesen, dass Mannschaftswettbewerbe Spieler und Fans gleichermaßen begeistern.
Doch ein Format nach dem Vorbild des Ryder Cup würde den Sport noch einmal auf eine andere Ebene heben – mit Rivalität, Emotion, Ehre und globaler Strahlkraft.
Ob der Traum jemals Realität wird, hängt von Mut, Vision und dem richtigen Timing ab.
Aber eines steht fest: Die Dartswelt ist bereit für ein Turnier, bei dem die Spieler nicht nur für sich selbst, sondern für ein Team - auch verschiedenster Nationen - an die Oches treten.
Um die Leidenschaft und die Spannung, die ein solches Event auslösen könnte, noch greifbarer zu machen, folgt unten ein Video mit den Highlights des letzten Ryder Cups – als Inspiration für das, was auch im Darts möglich wäre.