Scott Williams startete am Freitagnachmittag mit einem hart erkämpften Sieg in seine
Players-Championship-Finals-Kampagne – doch Freude kam beim WM-Halbfinalisten von 2024 kaum auf. Obwohl er auf der Bühne immer wieder sein enormes Potenzial zeigte, kämpft er seit Monaten mit einem Problem in seiner Wurfbewegung, das ihn sichtbar belastet.
Der Engländer stand zuletzt verstärkt im Fokus einer Social-Media-Debatte über seine Technik. Im Training lief seinem Gefühl nach alles rund, doch unter dem Scheinwerferlicht fand er diesen Rhythmus nicht wieder.
Wieder da, wo er sein will
„Ich bin wirklich enttäuscht“, sagte Williams nach dem Spiel offen. „Im Hinterzimmer lief es richtig gut. Ich habe mich mit ein paar Leuten aufgewärmt, und alles ging rein. Aber auf der Bühne hatte ich das Gefühl, dass es ein bisschen mehr braucht, um zu werfen – was eigentlich gar nicht nötig wäre. Das Gefühl auf dieser Bühne ist richtig gut. Ich liebe es. Aber ich habe gewonnen – und dafür sind wir ja hier.“
Nach mehreren Monaten Pause stand Williams erstmals wieder auf einer Major-Bühne – ein Ort, an dem er sich am wohlsten fühlt. „Die große Bühne ist der Ort, an dem ich sein möchte – dort sind die Fans und der Lärm“, sagte er. „Reds ist großartig, aber es ist wie in Lakeside: Die Leute respektieren dein Spiel. Manchmal braucht man einfach ein bisschen Lärm, um zur Ruhe zu kommen. Wenn man anfängt, zu viel nachzudenken, wird es schwierig.“
Ein Kampf mit dem eigenen Spiel
Natürlich kam auch das Thema zur Sprache, das derzeit überall diskutiert wird:
die Stotter-Bewegung in seinem Wurf, die während eines Pro-Tour-Matches im Livestream sichtbar wurde und sofort eine Dartitis-Diskussion hervorrief.
„Das ist etwas, woran ich schon eine Weile leide“, gab Williams zu. „Sobald meine Wurfbewegung einen bestimmten Punkt erreicht hat, fange ich an zu kämpfen. Ich konnte es heute spüren. Hinterher sagte mein Manager, es sah schön und flüssig aus. Aber ich fühlte mich furchtbar.“
Trotz dieser Belastung lieferte Williams mehrere 180er und starke Finishes. Doch hinter den Kulissen musste der Engländer eine Menge Arbeit in sein Spiel investieren. „Ich musste mein Equipment massiv verändern. Letztes Jahr bin ich auf die Softdart-Barrels umgestiegen, 18 Gramm, und heute habe ich das Gleiche gemacht. Das ist eine große Umstellung und hat wirklich geholfen. Hoffentlich kann ich morgen, egal ob gegen Josh oder Gabriel, dasselbe machen – nur ein bisschen besser.“
Geistig? Körperlich? Selbst Williams tappt im Dunkeln
Auf die Frage, ob die Ursache eher körperlich oder mental sei, antwortete der Engländer ehrlich: „Ich wünschte, ich könnte es Ihnen sagen, denn ich habe keine Ahnung. Jeder weiß, wie stark ich mental bin. Es hat einfach irgendwann angefangen.“
Gleichzeitig betonte Williams, dass die öffentliche Diskussion manchmal mehr Druck erzeugt: „Ich schätze es, dass die Leute darüber sprechen. Aber es ist eines dieser mentalen Dinge – Leute behandeln dich, als ob du Krebs hättest. Je mehr sie darüber reden, desto mehr denke ich darüber nach. Wenn das Thema aufkommt, schließe ich es normalerweise aus. Ich bin viel zu gut, viel zu stark mental, um mich damit zu beschäftigen.“
Williams sparte auch nicht mit Kritik an seinem Gegner: Die Leistung von Ian White bezeichnete er als „furchtbar“. Dennoch rückte er sofort den Fokus wieder auf das Wesentliche: „Ich bin hier, um zu gewinnen, egal, wer es ist. Vielleicht spiele ich als Nächstes gegen einen meiner besten Freunde. Wenn ich ihn schlagen muss, dann muss ich ihn schlagen.“
Im Gespräch verriet er zudem, wann das Problem erstmals auftauchte: „Wahrscheinlich im Juni oder Juli. Zuerst habe ich mir nichts dabei gedacht, aber bei ein paar Pro Tours habe ich es bemerkt: Ich brachte den Dart zurück und hatte das Gefühl, dass ich ein bisschen mehr Zeit brauchte – auch wenn ich nicht darüber nachgedacht habe.“
Der Materialwechsel und der Versuch, den mentalen Fokus zu verschieben, hätten geholfen, doch die lange Pause von der großen Bühne machte es nicht leichter. „Ich habe seit acht Monaten nicht mehr auf der Bühne gespielt, seit München. Ich versuche, diese Liebe und Entschlossenheit wiederzufinden.“
Williams ist überzeugt, dass er die besten Leistungen vor Publikum zeigt – und hofft, dass dieser Turnierlauf den Funken wieder entzündet. „Ich habe unglaubliche Spiele auf der Bühne erlebt, aber auch Dramen“, sagte er schmunzelnd. „Ich brauche etwa sechs Stunden hierher – ich habe die Fahrt satt – aber ich genieße die Zeit mit meinen Freunden und den Jungs. Ich muss einfach weniger nachdenken.“
Selbst in Minehead spürte er, dass er sich unnötigen Druck machte, den Sieg ins Ziel zu bringen. „Als ich 2:0 oder 3:0 führte, dachte ich mir: ‚Du bist besser als das.‘ Ich habe ein paar 13-Darter, 14-Darter geworfen, bin drangeblieben und noch ein Stück weitergekommen. Ich fühle mich gut. Es sind nur ein oder zwei Würfe, bei denen der Dart ins Triple geht und der nächste Dart zweieinhalb Zentimeter oben hängt. Das ist peinlich. Aber ich werde das für morgen hinbekommen.“
„Es ist kein Dartitis“
Die Gerüchte im Netz wies Williams entschieden zurück. „Ich habe noch nie Dartitis gehabt. Ich weiß nicht, was es ist. Die Leute labeln ständig irgendetwas. Dartitis ist wie Voldemort – es soll nicht genannt werden“, sagte er lachend. „Sobald die Leute darüber reden, fängt man an, es zu glauben. Aber das ist bei mir nicht der Fall. Ich habe nur eine Phase, in der es nicht so toll läuft. Ich werde in den nächsten Tagen alles geben, damit es besser wird und ich für den Ally Pally bereit bin.“
Blick auf die Weltmeisterschaft
Bei der kommenden Weltmeisterschaft – erstmals mit einem Preisgeld von 1 Million Pfund – verteidigt Williams 100.000 Pfund. Dennoch bleibt seine Herangehensweise nüchtern. „Es ist wie bei jedem Turnier: ein Spiel gewinnen, dann das nächste. Der Unterschied ist, dass man dort nur ein Match pro Tag spielt, nicht zwei, drei oder vier wie auf der Pro Tour. Ich kann mich besser vorbereiten. Ich fühle mich gut.“
Die Qualifikation für die
Players Championship Finals und die WM gilt für ihn als Maßstab einer gelungenen Saison. „Solange ich mich für dieses Turnier und den Ally Pally qualifiziere, weiß ich, dass ich gut genug gespielt habe, um meine Tour Card für ein oder zwei weitere Jahre zu behalten. Ich kann einer der besten 16 oder 32 der Welt sein, aber für mich ist es ein Job, der wirklich gut bezahlt wird. Die Leute kommen, um mich zu sehen, ich habe Fans. Ich gehe von Spiel zu Spiel und genieße die Matches.“