„Ich habe einen Fehler gemacht“ – Kevin Doets ringt mit dem Ally-Pally-Lärm und steht trotzdem souverän in Runde drei

PDC
Montag, 22 Dezember 2025 um 22:00
Kevin Doets (4)
Kevin Doets sorgte für spürbar gedrückte Stimmung im Alexandra Palace. Der Niederländer setzte sich in der zweiten Runde der Darts WM klar mit 3:0 gegen Kultheld David Munyua durch. Ein Ergebnis, das auf dem Papier souverän wirkt, sich für Doets aber deutlich komplizierter anfühlte. Nach dem Match sprach er offen über seine Gedanken – und übte auch Selbstkritik.
Auf dem Statistikbogen wirkte der Erfolg mit nur zwei abgegebenen Legs unspektakulär. Für „Hawkeye“ war es das jedoch keineswegs. „Nein“, antwortete Doets klar auf die Frage, ob es ein einfaches Match gewesen sei. „Ich habe Buhrufe erwartet, aber mit diesem Lärm habe ich überhaupt nicht gerechnet.“
Auf der Pressekonferenz gegenüber Dartsnews.de beschrieb er die Atmosphäre drastisch. „Es fühlte sich an, als würde man direkt neben einem startenden Flugzeug stehen. Ich musste fast lachen, so extrem war es.“
Der Niederländer gab zu, dass ihn genau das kurzzeitig aus dem Konzept brachte. Der Fokus litt vor allem im ersten Satz. „Danach war es, als hätte ich auf Autopilot geschaltet. Ab diesem Moment wurde es routiniert.“ Dass er diese Phase ohne größere Probleme überstand, spricht für seine Reife auf der großen Bühne.

Respekt für Munyua und dessen historische WM-Reise

Für David Munyua endete mit der Niederlage ein außergewöhnliches WM-Kapitel. Der Kenianer hatte zuvor für ein echtes Ausrufezeichen gesorgt. In der ersten Runde schlug er den früheren World-Grand-Prix-Sieger Mike De Decker und schrieb Geschichte als erster Kenianer mit einem Sieg bei der Darts WM.
Doets zeigte sich entsprechend anerkennend. „Ich hatte David vor dem Spiel nie getroffen. Hinter der Bühne war er extrem offen und einfach ein richtig netter Kerl“, sagte der 27-Jährige. Er habe Munyua ausdrücklich seinen Respekt ausgesprochen. „Was er für sein Land geleistet hat, ist enorm. Natürlich wollte das Publikum kein 3:0 sehen – aber ich bin zufrieden.“
Dass der Großteil der Aufmerksamkeit dem Außenseiter galt, überraschte ihn nicht. „Nein, das ist völlig okay. Er verdient das. Es ist etwas Besonderes, was er hier geschafft hat.“ Für Doets zählte letztlich nur eines. „Ich stehe in Runde drei. Mehr brauche ich nicht.“
Kevin Doets wirft am Ally-Pally-Board
Kevin Doets in Aktion bei der Darts WM 2026

Noch nicht am Maximum – aber extrem stabil

In seinen letzten beiden Auftritten im Alexandra Palace holte Doets vier Siege. Darunter war auch der Erfolg gegen den früheren Weltmeister Michael Smith beim letztjährigen Turnier. Damals führte sein Weg bis ins Achtelfinale, wo er knapp an Chris Dobey scheiterte. Insgesamt steht er nun bei sechs Siegen bei drei WM-Teilnahmen.
Trotzdem sieht er noch Luft nach oben. „Ich habe hier noch nicht mein bestes Darts gespielt“, gab Doets ehrlich zu. „Ich spiele gut, aber nicht am Limit.“ Was ihm hilft, ist sein Gefühl auf der Bühne. „Ich weiß einfach, wie man hier gewinnt. Auf dem Floor war ich dieses Jahr stark, auch wenn ich mir selbst vorwerfe, nicht mehr Turniere geholt zu haben.“
Ein entscheidender Faktor bleibt das Umfeld. „Aus irgendeinem Grund fühle ich mich auf dieser Bühne sehr wohl. Das hilft mir enorm.“

Eigener Druck nach unglücklichem Interview

Vor dem Duell hatte Doets mit einer Aussage für Aufsehen gesorgt. Er gab offen zu, lieber gegen Munyua als gegen De Decker spielen zu wollen. Eine Formulierung, die ihm später selbst missfiel. „Ich wollte David in keiner Weise respektlos behandeln“, stellte er klar. „Ich bin ein Top-40-Spieler. Wenn du gegen jemanden spielst, der zum ersten Mal hier ist, gehst du natürlicherweise selbstbewusster ins Match.“
Er räumte ein, dass seine Worte arrogant hätten wirken können. „Das war ein Fehler. Ich glaube an mich – und ich habe das heute mit einem 3:0 gezeigt.“ Nervös sei er kaum gewesen. „Im ersten Match war ich nervöser. Heute habe ich mich ab dem ersten Dart sicher gefühlt.“

Lernen, mit einem feindlichen Publikum umzugehen

Dass das Publikum klar auf Munyuas Seite stehen würde, war Doets bewusst. Erfahrungen hatte er bereits gesammelt. „Bei Mike De Decker wurden die Buhrufe schlimmer, als er Chancen liegen ließ“, erklärte er. „Darauf war er vielleicht nicht vorbereitet.“ Er selbst stellte sich mental darauf ein, von Beginn an ausgebuht zu werden. „Und genau das hat mir geholfen.“
Ob es das schwierigste Publikum seiner Karriere war, beantwortete er ohne Zögern. „Definitiv. Vergleichbar war nur die Euro Tour in Deutschland. Aber hier ging es ab dem ersten Leg los.“ Trotz allem habe es sein Spiel nicht beeinflusst.
Die Rolle des Bösewichts gefällt ihm dennoch nicht. „Ich mag das ehrlich gesagt nicht. Ich habe mir das mit meinen Aussagen selbst eingebrockt.“ Seine Haltung bleibt jedoch klar. „Vor, während und nach dem Match war ich überzeugt von mir.“
David Munyua
Begeisterte den Ally Pally: David Munyua

Nächste Hürde: Aspinall oder Gates

In Runde drei wartet voraussichtlich erneut ein Gegner mit Rückhalt von den Rängen. Entweder Nathan Aspinall oder Leonard Gates. Einschüchtern lässt sich Doets davon nicht. „Ich spiele einfach mein Spiel“, sagte er nüchtern.
Gerade gegen Aspinall spricht die Bilanz für den Niederländer. In den letzten fünf Duellen ging er meist als Sieger hervor. Zwei davon fanden in diesem Jahr auf großer Bühne statt. „Heute war es ordentlich, aber ich weiß, dass ich deutlich besser kann“, betonte Doets zum Abschluss. „Wenn ich mein Niveau anhebe, bin ich für jeden Gegner bereit.“
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