Das Lächeln im Gesicht von Joe Comito sagte alles. Der Australier gewann nicht nur sein allererstes Match bei der PDC Darts WM, sondern sorgte gleichzeitig für eine der größten Sensationen des bisherigen Turniers. Mit einem 3:1-Satzerfolg gegen den Deutschen Niko Springer schrieb Comito am Dienstagabend eine ganz besondere Underdog-Story.
Comito reiste als Nummer eins der Darts Players Australia (DPA) Order of Merit nach London, doch diese Position brachte auch einen enormen Erwartungsdruck mit sich. Seine Leistungen auf Floor-Turnieren und regionalen Circuits waren seit Langem stabil, doch auf den großen TV-Bühnen blieben die Erfolge aus. Genau das setzte ihm sichtbar zu.
Sorgte mit seinem Sieg über Niko Springer für eine waschechte WM-Sensation: Joe Comito
„Das war mein großes Ziel“, erklärte er. „In der Premier League habe ich nicht abgeliefert, ich habe in manchen Momenten nicht das gebracht, was ich wollte. Letztes Jahr war es einigermaßen in Ordnung, aber ich wollte vor allem mir selbst zeigen, dass ich das kann. Ich weiß, dass ich es kann. Wirklich.“
Dieser innere Kampf fiel in dem Moment von ihm ab, als er auf der WM-Bühne sein erstes Leg gewann. „Sobald ich dieses erste Leg holte, war ich komplett angekommen. Der Rest ist Geschichte.“
Kein Blick für die Auslosung
Dabei wartete mit Niko Springer alles andere als ein leichter Gegner. Der Deutsche spielte ein starkes PDC-Jahr und gilt als gefährlicher Akteur auf der TV-Bühne. Comito entschied sich dennoch bewusst gegen jede Form der äußeren Ablenkung.
„Ich schaue nicht auf Auslosungen, nicht auf Statistiken“, sagte er entschlossen. „So bin ich aufgewachsen. Mit Brüdern, immer wettkampforientiert. Ich denke: Wenn du der Beste sein willst, musst du die Besten schlagen. Die Leute haben mir erzählt, was er alles gemacht hat, aber für mich war es simpel: Ich musste ihn schlagen, um in die nächste Runde zu kommen.“
Diese Haltung zahlte sich aus. Auch in engen Momenten blieb Comito ruhig, spielte fokussiert und griff zu, wenn sich Chancen boten.
Der Weg zu diesem WM-Erfolg war jedoch alles andere als einfach. Besonders seine Teilnahme an der ANZ Premier League forderte ihn physisch und mental. Lange Reisen, kaum Erholungsphasen und das permanente Spielen auf großen Bühnen hinterließen Spuren.
„Ich hatte wegen all der Reisen eine schreckliche Zeit“, sagte er offen. „Aber es hat mir gebracht, was ich wollte: Bühnenerfahrung. Das war das Ziel.“
Und genau diese Erfahrung zeigte Wirkung. „Als ich heute Abend auf die Bühne ging, fühlte ich mich gut. Schon vor dem ersten Leg war ich ruhig. Vor zwei Jahren war ich das nicht. Das hat sich wirklich geändert.“
Vielleicht der wichtigste Faktor dieses Sieges war die mentale Befreiung. Über Jahre hatte Comito gehört, dass er seine starke Floorform nicht ins Fernsehen bringen könne. Diese Zweifel setzten sich fest.
„Die Leute haben keine Ahnung, wie frustrierend das ist“, sagte er. „Die Leute zu Hause wissen, dass ich gut spielen kann. Sie sagen immer: ‚Mach es einfach.‘ Aber solange du es nicht wirklich machst, sitzt es nur im Kopf.“
Diese Last ist nun verschwunden. „Jetzt kann ich entspannen. Im nächsten Match kann ich mich fokussieren, ohne Druck. Denn ich weiß, dass ich frei spielen kann. Das war das Schlimmste: Ich wusste es, aber ich zeigte es nicht.“
Kritiker eines Besseren belehren
Was sich konkret verändert hat, kann selbst Comito nicht exakt benennen. „Ich weiß es nicht, um ehrlich zu sein“, sagte er. „Aber eines weiß ich: Ich liebe es, wenn Leute sagen, dass ich es nicht kann. Vor fünf Jahren war ich abgeschrieben. Ich warf in einem Finale einen Average von 58. Schau jetzt, fünf Jahre später: Ich habe ein Match bei der WM gewonnen.“
Diese Zweifel von außen treiben ihn an. „Jetzt sagen die Leute wieder, dass ich dieses Niveau nicht halten kann. Das motiviert mich nur noch mehr. Ich habe Joe Cullen das auch sagen hören, und ich bin genau gleich. Ich hoffe, noch mehr Leute zweifeln an mir.“
Comitos Erfolg steht zugleich sinnbildlich für die Stärke der ozeanischen Dartszene. „Hoffentlich ist das der ‚sparkle‘, den wir gebraucht haben“, sagte Comito. „Mit der Premier League, mit der ADA, alles ist wieder in Australien zurück. Es gibt so viele Spieler, die ein hohes Niveau erreichen können. Tim Pusey spielt am Freitag. Ich könnte locker dreißig Namen nennen.“
Nach seiner Einschätzung fehlt es weniger an Qualität als an Bühnenerfahrung. „Auf dem Floor spielen wir gut. Das tun wir wirklich. Es ist diese Bühne.“ Gerade für junge Spieler sieht er große Chancen. „Ich sage es zu Hause immer: Wenn du achtzehn bist und Darts liebst, ist dies deine Zeit. Junior Worlds, ANZ, Tours … wenn du es ernst meinst, ist jetzt der Moment.“
Auch auf den Rängen erhielt Comito Unterstützung aus Australien und Neuseeland. Tim Pusey verfolgte das Match ebenso wie weitere Wegbegleiter aus der ozeanischen Dartszene.
„Das ist so wichtig“, betonte Comito. „Wir waren alle da, als Haupai Puha gespielt hat. Wenn du so weit von zu Hause weg bist, brauchst du das.“
Der entscheidende Moment
In der Schlussphase bekam Niko Springer die Chance, einen entscheidenden fünften Satz zu erzwingen. Comito spürte in diesem Moment den Druck deutlich.
„Ich hatte, glaube ich, 56 Rest“, erinnerte er sich. „Ich traf die 16 und dann verpatzte ich die 40. Ich dachte: Jetzt gehst du in einen fünften Satz, weil du dumm bist.“
Als Springer seine Möglichkeit liegen ließ, schaltete Comito sofort um. „Da dachte ich nur: Komm schon, das ist deine Chance. Du musst das alles vergessen.“ Er nutzte sie. „Es dann zuzumachen … das war unwirklich.“
Selbst das verpasste 170er-Finish zuvor änderte nichts an seiner Freude. „Im Training diese Woche habe ich den Bigfish so oft geworfen. Ich dachte: Der geht rein. Und dann verfehlst du ihn … ja, das ist Darts.“
Zum Abschluss richtete Comito noch Worte an die Menschen in der Heimat. „Ich bin froh, dass ich euch nicht umsonst habe aufstehen lassen. Alle saßen um 5:30 Uhr bereit.“ Besonders seine Familie bedeutete ihm viel. „Ich wollte mich selbst nicht enttäuschen, aber sie auch nicht. Sie sind riesige Unterstützer. Ich mag es nicht, Menschen zu enttäuschen.“