Nach einer turbulenten Zeit voller Hassbotschaften, mentaler Kämpfe und tiefer Tiefs hat
Noa-Lynn van Leuven ihren Platz auf der höchsten Dartbühne zurückerobert. Die 29-jährige Dartspielerin aus Beverwijk hat sich kürzlich wieder für die Dartweltmeisterschaft qualifiziert, eine Leistung, die nicht nur ihre sportliche Belastbarkeit unterstreicht, sondern auch ihren persönlichen Sieg symbolisiert: „Vor ein paar Monaten wusste ich nicht einmal, ob ich in der nächsten Woche noch dabei sein würde", sagt sie offen zu
Nu.nl. „Dass ich es jetzt wieder genieße, hinter dem Brett zu stehen, fühlt sich wie ein Wunder an."
Vom Gipfel ins tiefe Tal
Vor einem Jahr schrieb van Leuven Geschichte, als sie sich als erste Niederländerin überhaupt für die
Darts WM qualifizierte. Es sollte der Höhepunkt ihrer Karriere werden - aber der Traum wurde schnell zum Albtraum.
Als Transfrau sah sie sich einer Welle negativer Reaktionen, Todesdrohungen und Hassbotschaften ausgesetzt. Die Aufmerksamkeit wurde zu viel für sie: „Ich konnte es nicht mehr genießen", sagt sie. „Der Druck, der Hass, die Medien - das hat mich völlig ausgelaugt."
Was folgte, war eine harte Zeit des psychischen Kampfes. Van Leuven meldete sich bei der Arbeit krank und verfiel in Depressionen. „Ich lag wochenlang im Bett, sah mir Serien an und fragte mich, wozu das alles noch gut sein sollte. Alles fühlte sich dunkel an. Professionelle Hilfe durch ein IBT-Krisenteam (Intensive Treatment at Home) erwies sich schließlich als ihre Rettung. Vierzehn Wochen lang erhielt sie eine intensive Beratung. „Das war notwendig. Ich war an einer Bruchstelle."
Alte Traumata tauchen auf
Der mentale Schlag kam nicht aus heiterem Himmel. Der Sturm um ihre Teilnahme an der Darts Weltmeisterschaft hat alte Wunden wieder aufgerissen. „Früher wurde ich in der Schule gemobbt und fühlte mich immer anders. Dieses Gefühl der Ausgrenzung kam zurück. Auch die Dartwelt kann manchmal hart sein."
So verließen beispielsweise bekannte niederländische Dartspielerinnen wie Anca Zijlstra und Aileen de Graaf die Nationalmannschaft, weil sie nicht mit einem „biologischen Mann" spielen wollten. Außerdem beschloss der Dartverband WDF, Transfrauen von Frauenturnieren auszuschließen - eine Maßnahme, die Van Leuven persönlich berührte: „Es war zu heftig", blickt sie zurück. „Ich habe SO viele Nachrichten bekommen, auch von den Medien. Alles riss alte Traumata auf. Ich habe meine Nummer geändert, ich konnte es nicht mehr ertragen."
Pride veränderte alles
Im Juli erhielt van Leuven eine Nachricht, ob sie während der Pride Amsterdam an einem Boot teilnehmen wolle. Zuerst fühlte sie sich zu trübsinnig, um mitzufahren, aber etwas in ihr sagte ihr, dass sie es versuchen sollte. „Das Boot von The Lesbian League war der einzige Grund, warum ich an diesem Tag aufgestanden bin", sagt sie lächelnd.
„Zum ersten Mal seit Monaten fühlte ich mich frei. Das Gefühl der Verbundenheit gab ihr neue Energie. „Mir wurde klar: Das Leben KANN Spaß machen. Dieser Moment hat mich wirklich gerettet."
Die harte Realität des Hasses
Obwohl es ihr besser geht, bleibt die Dartwelt nicht immer freundlich. Bei Turnieren weigern sich einige Spieler immer noch, gegen sie zu spielen. Deta Hedman zum Beispiel tat dies kürzlich. Und beim World Matchplay wurden Frauen vom Veranstaltungsort verwiesen, weil sie ein provokantes Transparent hochhielten: „Er ist ein Mann."
„Das tut weh", sagt van Leuven ehrlich. „Man versucht, seinen Sport zu genießen, aber manchmal hat man das Gefühl, ständig beweisen zu müssen, dass man dabei sein darf", sagt sie, und weigert sich, ihre Identität zu verteidigen. „Ich halte mich an alle Regeln. Punktum. Ich werde nicht den ganzen Tag damit verbringen, zu erklären, wer ich bin."
Der Weg nach oben
Mit Hilfe von Therapeuten, Freunden und ihrem treuen Hund Bob fand van Leuven langsam wieder zu Kräften. Sie begann zu wandern, zu klettern und zu bouldern - neue Hobbys, die ihr halfen, wieder Freude am Leben zu finden. „Es sind die kleinen Dinge, die mich glücklich machen", sagt sie. „Zum Beispiel eine Nachricht von einer Mutter, die sagte, dass sie durch meine Geschichte ihre transsexuelle Tochter besser versteht. Solche Momente geben mir Kraft."
Auch der Dartsport begann wieder zu jucken. Die Liebe für das Spiel - für die Präzision, die Konzentration und den Kampf mit sich selbst - schien nie zu verschwinden. „Langsam kam die Lust zurück. Erst mit Training, dann mit kleinen Turnieren. Und jetzt wieder die Darts Weltmeisterschaft. Das hatte ich wirklich nicht zu träumen gewagt."
Kritisch gegenüber Politik und Zukunft
Kürzlich hat die NOC*NSF den Entwurf eines Handbuchs für Sportverbände über Transfrauen im Sport veröffentlicht. Darin heißt es, dass ein „fairer Wettbewerb" wegen möglicher körperlicher Vorteile nicht immer möglich ist. Van Leuven stört sich an der Art und Weise, wie dies in den Medien dargestellt wurde: „In diesem Leitfaden geht es um den Breitensport, nicht um den Spitzensport. Und außerdem: Darts ist kein körperliches Kräftemessen. Niemand gewinnt, weil er einen stärkeren Rückschwung hat", sagt sie scharf.
Im Moment scheint die PDC, der Verband, der die Darts WM organisiert, keine Pläne für ein Verbot von Transfrauen zu haben. Aber van Leuven weiß, dass sich das ganz schnell ändern kann. „Wenn das passiert, werden sie im Grunde über meinen Rücktritt entscheiden. Das würde nicht nur mich betreffen, sondern die gesamte Trans-Gemeinschaft."
Hoffnung und Inspiration
Doch van Leuven blickt vor allem nach vorne. Ihre Platzierung bei der Darts WM ist ein Symbol der Genesung und Hoffnung. „Ich bin stolz, dass ich durchgehalten habe. Sie weiß, dass sie ein Vorbild geworden ist, auch wenn sie nie darum gebeten hat. „Wenn meine Geschichte jemandem hilft, nicht aufzugeben, dann ist das alles wert. Das Leben kann hart sein, aber es gibt immer einen Grund, weiterzumachen."
Mit einem Lächeln sagt sie: „Ich bin froh, dass ich an diesem Tag zur Pride gegangen bin. Sonst wäre ich vielleicht nicht hier gewesen. Und jetzt kann ich wieder zur Weltmeisterschaft gehen - es fühlt sich wie eine zweite Chance für mich an."