„Wollte nicht weinen, dann sah ich meine Freundin mit Tränen" - Gian van Veen emotional nach erstem großen Titel

PDC
Dienstag, 28 Oktober 2025 um 7:30
Gian van Veen
Was für eine Nacht, was für eine Geschichte. Gian van Veen schrieb am Sonntag Dartgeschichte, als er sich in Dortmund den europäischen Titel holte. Der erst 23-jährige Niederländer war in den letzten Monaten in Topform, wurde dafür aber selten mit Ergebnissen belohnt. Bis zu diesem Wochenende. Trotz einer Schnittwunde am Daumen, nervenaufreibender Momente und verpasster Matchdarts holte sich van Veen seinen allerersten großen Titel - und wie.
Gegen zwei Uhr morgens, nur wenige Stunden nach seinem größten Triumph, betrat van Veen sein dunkles Haus in der brabantischen Stadt Andel. Die Kontraste hätten nicht größer sein können: „Du gewinnst einen so großen Titel und 2,5 Stunden später liegst du in deinem eigenen Bett, als ob nichts passiert wäre", so van Veen gegenüber Nu.nl. „Meine Freundin musste um 5.45 Uhr aufstehen, um ihren Job bei Jumbo anzutreten, also sind wir direkt ins Bett gegangen. Keine Party, kein Champagner - nur ins Bett."
Was jedoch in seinem Telefon geschah, war eine Party für sich: Über 130 ungeöffnete Glückwünsche trafen ein. „Mein Telefon ist explodiert", sagt er. „So viele süße Nachrichten, ich habe bei weitem nicht alles lesen können."

Ein Traumfinale voller Spannung und Emotionen

Der Weg zu diesem European Championship-Titel war alles andere als einfach. Nach einem beeindruckenden 11:9-Sieg über Michael van Gerwen im Halbfinale traf van Veen im Finale auf keinen Geringeren als Luke Humphries, die Nummer eins der Welt.
Der Niederländer schien das Spiel zu entscheiden: zwei Matchdarts auf der Spitze und der Pokal in Reichweite. Doch beide Darts verfehlten ihr Ziel knapp. „In diesem Moment dachte ich: Das war meine Chance. Das wird ein Wochenende, an das du dich nur als Katastrophe erinnern wirst. Einer meiner Matchdarts traf das Eisen... Ich dachte wirklich, es sei vorbei", erinnerte sich van Veen.
Aber das Drehbuch nahm eine andere Wendung. Humphries vergab seinen Matchdart auf Tops, woraufhin Van Veen mit der Doppel 16 100 Punkte auswarf. Die Emotionen waren enorm. Ein Urschrei, gefolgt von Tränen: "Ich wollte überhaupt nicht weinen", sagt er mit einem Lächeln. "Immer wenn ich mit meiner Freundin Dart schaue und jemand auf der Bühne weint, sage ich immer: 'Das würde ich nie tun'. Und dann steht man selbst da, und es passiert trotzdem. Ich habe meine Freundin und meinen Manager in der Halle weinen sehen, und dann war es geschafft. Alles ist rausgekommen."

Von der Kritik zur Bejahung

Die Emotionen waren groß - und das ist auch nicht verwunderlich. In den letzten Monaten hat van Veen fantastisch gespielt, mit himmelhohen Averages und beeindruckenden Leistungen. Die Niederlage gegen Luke Littler beim World Grand Prix war das schmerzlichste Beispiel: ein Average von 106,47, aber trotzdem eine Niederlage.
Diese Gegensätze brachten ihm neben Lob auch Kritik ein: „Natürlich habe ich das bekommen", sagt er ehrlich. „Die Leute sind schnell dabei zu sagen: 'Der kann das nicht im Fernsehen machen.' Aber ja, ich bin nur oft auf jemanden gestoßen, der noch besser gespielt hat. Man vergisst manchmal, wie klein die Unterschiede auf diesem Niveau sind. Trotzdem ist es schön, dass ich jetzt gezeigt habe, dass ich aus dem richtigen Holz geschnitzt bin."
Gian van Veen posiert stolz mit der Trophäe der European Championship
Gian van Veen posiert stolz mit der Trophäe der European Championship

Ein Schnitt am Daumen und trotzdem der Titel

Als ob der mentale Druck nicht schon genug wäre, musste van Veen auch noch körperliche Rückschläge hinnehmen. Im Viertelfinale zog er sich eine Schnittwunde am Daumen zu, die im Halbfinale und Finale weiter blutete: „Ich benutze Darts mit einem Griff aus kleinen Diamanten", erklärte er. „Da hat sich ein Stück gelöst, und ich habe mir den Finger aufgeschnitten. Es blutete weiter und ich hatte nicht immer einen guten Griff. Manchmal flog ein Pfeil wirklich in die falsche Richtung. Zum Glück lief es gut genug, um zu gewinnen."
Dieses Detail macht seine Leistung umso beeindruckender. Während andere Spieler sich behandeln oder ablenken ließen, blieb van Veen ruhig und konzentriert: „Es ist nicht ideal, aber man muss einfach weitermachen. Man hat nur eine Chance, so einen Titel zu holen."

Ein Sprung in der Weltrangliste

Mit seinem European Championship-Titel klettert van Veen in der PDC-Weltrangliste auf den siebten Platz. Damit ist er nun der zweitbeste Niederländer, direkt hinter Michael van Gerwen. Außerdem bringt ihm der Sieg ein Preisgeld von 120.000 Pfund (ca. 145.000 Euro) ein - eine Belohnung für monatelange harte Arbeit und mentale Belastbarkeit.
Aber noch wichtiger ist, dass sein Name jetzt zu den größten Dartspielern der Gegenwart gehört. Und das öffnet Türen. Van Veen wird wahrscheinlich nächstes Jahr sein Debüt in der prestigeträchtigen Premier League Darts geben. Schon vor der Darts-Europameisterschaft wurde er als möglicher Teilnehmer genannt, aber nach diesem Titel wird dieser Ruf nur noch lauter werden.
„Das wäre wirklich das Nonplusultra", sagt er mit funkelnden Augen. „Die Premier League Darts ist etwas, das man als Dartspieler nur einmal im Leben erleben möchte. Ich habe Leute sagen hören: 'Gian hat noch nichts im Fernsehen gezeigt.' Nun, das können sie jetzt nicht mehr sagen."

Ein neues Kapitel im niederländischen Dartsport

Mit seinem Sieg reiht sich van Veen in eine ausgewählte Gruppe niederländischer Darter ein, die ein großes internationales Fernsehturnier gewonnen haben. Und was vielleicht noch wichtiger ist: Er tut dies zu einer Zeit, in der sich die Niederlande nach van Gerwens Dominanz im letzten Jahrzehnt nach neuen Erfolgen sehnen.
Seine Spielweise - energisch, emotional und mit einer grundsoliden Torgefährlichkeit - macht ihn bei den Fans beliebt und bei den Gegnern gefürchtet: „Gian spielt mit Flair", sagte Kommentator Wayne Mardle anschließend. „Er hat etwas, das man ihm nicht beibringen kann: Mut in den großen Momenten."
Von einer ruhigen Nacht in Andel bis zum tosenden Applaus in Dortmund - der Kontrast ist bezeichnend für Gian van Veens Bodenständigkeit: Er genießt, bleibt aber mit beiden Beinen auf dem Boden. „Ich will nicht neben meinen Schuhen herlaufen", sagt er. „Das ist großartig, aber es ist auch erst der Anfang. Es gibt noch viel mehr zu tun."
Wenn seine derzeitige Form etwas vorhersagt, dann, dass wir den Namen Gian van Veen noch oft hören werden. Der Junge, der seinen Daumen öffnete, seine Tränen nicht zurückhalten konnte und trotzdem Europa eroberte.
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