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Gabriel Clemens warten im Londoner Ally Pally die Wochen der Wahrheit. Nach seinem sensationellen Halbfinal-Einzug bei der PDC
Darts WM 2023 muss der German Giant in diesem Jahr 100.000 Pfund und somit fast ein Drittel seines gesamten Ranglisten-Preisgelds verteidigen. In einer Pressekonferenz der PDC Europe im Vorlauf der Weltmeisterschaft hatten Medienvertreter wie Dartsnews.de die Möglichkeit, den 41-Jährigen zu interviewen. Clemens sprach über seine WM-Ziele, reagierte auf seine Auslosung und blickte auf ein durchwachsenes Jahr 2024 zurück.
Auch die Wichtigkeit der bevorstehenden Darts WM war natürlich Gesprächsthema der Medienrunde. "Dank den Pressevertretern werde ich bei jedem
Interview darauf angesprochen", scherzte Clemens. "Aber das gehört natürlich dazu und beeinträchtigt mich überhaupt nicht. Ich bereite mich wie jedes Jahr vor und versuche so viel Preisgeld wie möglich zu verteidigen. Was am Ende dabei herauskommt, kann man sowieso nicht vorhersagen, aber die 100.000 Pfund beschäftigen mich grundsätzlich nicht."
Dennoch gesteht sich der German Giant ein, das Momentum seines größten Karriereerfolgs nicht voll ausgenutzt zu haben. "Mit Sicherheit habe ich auch Fehler gemacht. Da die gesamte Situation ganz neu für mich war, gehörte das aber wahrscheinlich auch dazu. Im ersten halben Jahr nach dem Halbfinal-Einzug habe ich das Training zu sehr vernachlässigt, das muss ich leider ganz ehrlich so zugeben. Das würde ich jetzt anders machen."
Mittlerweile hat Clemens seine Fehler der Vergangenheit abgehakt - die Vorfreude auf die kommende Weltmeisterschaft überwiegt: "Für uns Dartspieler ist die WM das größte Turnier. Man muss sich das ganze Jahr darauf vorbereiten und um die Qualifikation kämpfen. Wenn das gelingt, ist es immer ein Highlight." Seit 2018 gehört Clemens fest zum Inventar der PDC Weltmeisterschaft. Neben seinem unvergesslichen Halbfinal-Einzug vor zwei Jahren verbindet Clemens weitere besondere Erinnerungen, unter anderem seinen Sensationssieg über Peter Wright im Jahr 2020 mit dem Ally Pally. "Das Turnier ist einfach etwas besonderes. Außerdem mag ich die WM auch wegen des Setmodus, der mir ganz gut entgegenkommt. Ich liebe es einfach im Ally Pally zu spielen", sagt Clemens.
Clemens verbindet unvergessliche Erinnerungen mit der Ally Pally-Bühne
Dieser besonderen Liebesbeziehung möchte der Saarländer am 19. Dezember ein weiteres Kapitel hinzufügen. Zum Auftakt in die diesjährige Weltmeisterschaft bekommt es Clemens mit dem Gewinner der Partie zwischen
Niels Zonneveld und
Robert Owen zu tun. "Beide sind gute Spieler, die auch einen angenehmen Rhythmus spielen, da sie nicht zu schnell oder zu langsam werfen. Allgemein mache ich mir nicht zu viel Stress darüber, wer mein Gegner wird. Ich muss mich auf mich konzentrieren und ein gutes Spiel zeigen", sagt Clemens.
Auch auf die Frage nach seinen Zielen reagiert Clemens gewohnt unaufgeregt. "Bei der Weltmeisterschaft muss man immer von Spiel zu Spiel gucken. Nach der zweiten Runde kommt erst mal eine längere Weihnachtspause, danach fühlt es sich dann wie ein neues Turnier an. Primär ist mein Ziel, ein gutes erstes Match zu spielen, denn dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass man gewinnt am größten."
"Ein Jahr wie eine Achterbahnfahrt"
Aufgrund ihrer Bedeutung für die Rangliste kann die Weltmeisterschaft die gesamte Saison eines Spielers retten. Während Clemens sich in der zweiten Saisonhälfte in einer stärkeren Verfassung präsentierte und sich im Qualifikations-Rennen für die Major-Turniere im nächsten Jahr positionierte, erlebte der Deutsche insgesamt durchwachsene 12 Monate. "Es waren gute Dinge, aber auch schlechte Dinge dabei. Insgesamt hat es sich ein wenig wie eine Achterbahnfahrt angefühlt. Mit dem Spielerischen bin ich aber trotzdem gar nicht so unzufrieden. Im Endeffekt war ich nicht viel schlechter als in den letzten Jahren, habe aber hier und da das richtige Timing vermissen lassen", resümiert Clemens.
Das richtige Timing wird auch bei der Reiseplanung für die Weltmeisterschaft gefragt sein. Clemens wird zwei Tage vor seinem Erstrunden-Auftritt mit dem Flugzeug nach England aufbrechen, um jeglichen Strapazen aus dem Weg zu gehen. "Am 20. Dezember werde ich auf jeden Fall wieder nach Hause reisen, um Weihnachten mit der Familie feiern zu können. Während der Pandemie habe ich Heiligabend zwei Mal im Hotel gesessen, da ist man schon froh, wenn man Weihnachten mit der Familie verbringen kann", erklärt der 41-Jährige.
Bis dahin wird Clemens den Großteil seiner Freizeit mit der optimalen WM-Vorbereitung verbringen. Neben vier bis fünf täglichen Trainingsstunden am Practice-Board besucht Clemens den Olympiastützpunkt in Saarbrücken, um sich auch körperlich auf die Duelle im Ally Pally vorzubereiten. Ein wichtiges Element für den German Giant, der aufgrund seines imposanten Dart-Setups in der deutschen Community gerne mit einem Speerwerfer verglichen wird. "Da geht es in erster Linie um den Steckwinkel im Board. Die Dartscheiben auf der Tour sind relativ weich, weshalb man auch immer häufiger lange Spitzen sieht. So hat man optisch etwas mehr Platz im Triple-Segment."