„Mühelos, ein Vorbild für die Jugend – einer der besten Würfe im Sport“: Glen Durrant schwärmt von Raymond van Barneveld

PDC
Donnerstag, 21 August 2025 um 11:30
Raymond van Barneveld (1)
Nur wenige Namen im Dartsport beflügeln die Fantasie so sehr wie jener von Raymond van Barneveld. Für viele Fans ist der fünffache Weltmeister eine lebende Legende. Seit mehr als drei Jahrzehnten prägt er das Geschehen auf den Bühnen der Welt. Doch nicht nur seine Titel und Rekorde sorgen für Gesprächsstoff, auch seine Technik ist ein Phänomen. Denn wie bei allen Größen des Sports blieb auch bei Van Barneveld nichts unverändert: Sein einst jugendlicher, einfacher Wurf hat sich zu einer der elegantesten Bewegungen im modernen Darts entwickelt.
Kürzlich stand „Barney“ im Mittelpunkt der Analyse-Reihe MODUS Super Series – Break or Throw. Dort nahm der ehemalige Lakeside-Champion und Trainer Glen Durrant seinen Wurf, seine Einstellung und seine Mentalität genauer unter die Lupe. Heraus kamen faszinierende Einblicke in die Technik eines Champions – und wertvolle Lektionen für junge Spieler, die ihr Spiel verbessern möchten.

Einer der besten Würfe aller Zeiten?

Für Durrant zählt Van Barnevelds Wurf zu den schönsten im Sport. Das Geheimnis liegt in seiner flüssigen Bewegung. Kein Stocken, keine Hektik – nur Timing und Geschmeidigkeit. „Es sieht mühelos aus“, schwärmt Durrant. Selbst der Rückzug des Arms sei ein Musterbeispiel für Eleganz: ohne Spannung, ohne unnötige Bewegungen. Einfach, klar und doch das Resultat jahrzehntelanger Feinarbeit.
skysports glen durrant premier 5140479
Premier League Sieger 2020, Glen Durrant
Doch die Einfachheit trügt. Hinter der Ruhe steckt ein Spieler, der seine Technik immer wieder angepasst hat. Schon in den 1990er Jahren veränderte er sein Spiel, um mit Phil Taylor mithalten zu können. Dessen „Stacking“ auf der Triple 20 inspirierte Van Barneveld, Griff und Wurf zu verfeinern. Ein Beweis dafür, dass auch Legenden ihre Grundlagen ständig hinterfragen.

Die Grundlagen: Haltung und Gleichgewicht

Für Van Barneveld beginnt alles bei der Körperhaltung. „Als Rechtshänder stelle ich meinen rechten Fuß nach vorne“, erklärt er. „Aber nicht gerade auf dem Oche wie andere, sondern leicht gedreht. Dann lehne ich mich nach vorne, um näher am Board zu sein.“
„Barney fühlt sich seitlich wohler“, sagt Durrant. „Entscheidend sind Balance und Stabilität. Es gibt keine perfekte Haltung für alle – nur Konsequenz.“
Das Vorbeugen sorgt immer wieder für Diskussionen. Michael van Gerwen lehnt sich extrem weit nach vorne, andere bleiben fast aufrecht. „Am Ende muss der Körper die Position jahrelang aushalten“, so Durrant. „Rücken und Knie dürfen nicht überlastet werden – das ist langfristig entscheidend.“

„Denken ist tödlich“

Neben der Technik spielt auch der Kopf eine zentrale Rolle. „Denken ist ein Killer im Dartsport“, betont Van Barneveld. Während des Wurfs dürfe man nicht grübeln, alles müsse instinktiv passieren.
Durrant stimmt zu. „Als ich meinen ersten Lakeside gewann, habe ich überhaupt nicht über die Technik nachgedacht. Später, als ich anfing zu analysieren, ging es bergab.“ Genau deshalb sei Barneys Leitsatz so wichtig: Im Training reflektieren, auf der Bühne den Kopf freimachen.

Griff: Einzigartig und unverwechselbar

Ein weiterer Punkt ist Barneys Griff. Er nutzt viele Finger am Schaft und sogar an der Spitze. Der kleine Finger löst sich erst im letzten Moment. Das sorgt für eine Mischung aus Kontrolle und Flexibilität.
„Einen Griff kann man nicht kopieren“, warnt er. Jeder Spieler müsse seine eigene natürliche Haltung finden. Durrant ergänzt: „Man sagt, ein Dart müsse leicht wie eine Feder gehalten werden. Bei Barney sieht man das perfekt: Der Pfeil scheint nichts zu wiegen.“

Rhythmus und Routine

Auch der Rhythmus ist entscheidend. Van Barneveld rät, im Training nicht zu schnell zu werfen. „Im Match wartet man oft, bis der Gegner fertig ist. Wer zu Hause immer sofort neue Darts wirft, verliert den Rhythmus.“
Durrant bestätigt das: „Bobby George sprach oft davon – trainiere, als ob ein Gegner da wäre. Nur so erreicht man Konstanz.“

Experimentieren versus Vertrauen

Van Barneveld ist bekannt dafür, regelmäßig mit Flights, Spitzen oder Barrels zu experimentieren. Manche Kritiker sehen darin Unsicherheit. Doch Durrant widerspricht: „Man tüftelt im Training, nicht im Match. Auf der Bühne muss der Kopf frei sein.“
Die Suche nach Balance gehört zum Spitzensport. Kleine Veränderungen können helfen oder scheitern. Entscheidend sei, dass Barney seit 30 Jahren auf Topniveau spielt – getragen von Erfahrung und Routine.

Eine lebende Legende

Trotz seines Alters und vergangener Rücktritte bleibt Van Barneveld wettbewerbsfähig. Jüngst qualifizierte er sich erneut für große Turniere wie das World Matchplay, wo ein Duell mit Michael van Gerwen anstand – ein Publikumsmagnet.
„Sein Name zieht noch immer die größten Mengen an“, sagt Durrant. „Dass er nach seinem Comeback wieder mithalten kann, ist unglaublich. Das zeigt den Hunger und die Klasse eines Champions.“
Doch Van Barneveld selbst denkt größer. Für einen fünffachen Weltmeister ist bloßes Mitspielen zu wenig. Er will weitere Titel, auch wenn die Konkurrenz mit Littler, Humphries und Price härter denn je ist.

Fazit: Das Vermächtnis eines Wurfs

Raymond van Barneveld hat gezeigt, dass ein Wurf kein starres Muster ist. Er hat experimentiert, verändert und verfeinert – ohne seine Identität zu verlieren. Seine Technik besticht durch Eleganz, Kontrolle und Einfachheit und dient heute weltweit als Vorbild.
Seine wichtigsten Lehren:
  • Finde deine eigene Haltung und Balance.
  • Entwickle einen Griff, der zu dir passt.
  • Trainiere im Wettkampfrhythmus.
  • Vertraue im Match auf deine Technik, nicht auf Grübelei.
Für Nachwuchsspieler ist Barney daher das beste Beispiel. Nicht nur wegen seiner Titel, sondern wegen seiner Fähigkeit zur ständigen Neuerfindung. Auch heute bleibt der Mann aus Den Haag eine Quelle der Inspiration – eine lebende Legende, die den Dartsport geprägt hat.
Klatscht 0Besucher 0
Schreiben Sie einen Kommentar

Gerade In

Beliebte Nachrichten

Aktuelle Kommentare